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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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nicht zu stark besiedelt und mit schöner Natur – aussuchen. Vielleicht lief ihm unterwegs auch gleich eine passende Frau über den Weg.
    Wieder kreischte der Eichelhäher. Wieder grinste der Mann.
    Klein und schmal musste sie sein, nicht zu alt und vorzugsweise blond und hellhäutig. Er hatte keine Lust, sich auf dem Weg zu den wichtigen Körperteilen durch dicke, gelbglibbrige Speckschichten zu schneiden. Und ausgeleierte, sehnige Haut sah konserviert sicher noch scheußlicher aus.
     
    En fernes Rattern, wie von einer Motorsäge, brachte den Mann in die Realität zurück. Er stand jetzt schon mindestens zehn Minuten hier am Ende dieses Waldweges und träumte vor sich hin. Der Blick auf die Uhr belehrte ihn, dass es schon fast Mittag war. Zeit zurückzufahren und sich dem widerspenstigen Arzt zu widmen. Die Woche war noch lang, sein Weg würde ihn in weitere interessante Gegenden führen.
    Bis Freitag war viel Zeit, Pläne zu schmieden und das benötigte Equipment zu besorgen.

6
    Das Bild zeigte borkige Stämme und stachlige Zweige. »In diesem Waldstück wurde die Leiche am Wochenende gefunden.« Die Kamera schwenkte nach unten, auf den rotbraunen Nadelteppich. »Spaziergänger entdeckten den nur nachlässig mit Zweigen bedeckten Körper beim Pilzesuchen.« Eine dicke Frau mit rosa Jogginganzug kam ins Bild. Neben ihr stand ein ebenso kräftiger Mann mit olivgrünem Topfhut. Die Frau im rosa Schlabberlook hielt einen Korb ins Bild. Der Korb war leer, was auch logisch war, schließlich fand das Interview einen Tag nach dem Leichenfund statt. Wahrscheinlich hatte der Sender den Leuten befohlen, sich genauso anzuziehen und zu verhalten, wie sie es einen Tag zuvor getan hatten.
    Eine stark geschminkte Reporterin schob der Frau ein Mikrofon wie ein Eis am Stiel vors Gesicht, und schon legte die Urlauberin los: »Dann sind wir doch noch da rüber, obwohl wir schon genug Pilze hatten, aber mein Mann hat gesagt …« – ein schneller Seitenblick zu dem Topfhut – »… lass uns dort noch schnell nachsehen, in so einer Schonung gibt es immer Pilze, da geht sonst niemand rein, das scheuen die meisten, weil man kriechen muss und die Äste und so einem das Gesicht zerkratzen und dazu die Mücken, furchtbar sag ich Ihnen, aber auf einmal hat Gunnar« – jetzt schaute sie, ohne Luft zu holen, zum Dritten in der Runde, einem schmalen Bürschchen mit flaumigem Bartansatz – »… einen Haufen Steinpilze entdeckt, und da sind wir noch tiefer rein, weil Steinpilze sind doch die besten Pilze, nicht wahr, auf einmal kamen wir auf eine Lichtung, und Herbert hat es zuerst gesehen
ich …« Jetzt schnappte sie nach Luft, verschluckte sich und musste husten. Ihr Gesicht war rot angelaufen.
    Lara hustete auch und rutschte tiefer in ihre Couch. Sie spürte ihr Herz klopfen. Es pulsierte gegen den Rippenkäfig wie ein gefangener Vogel.
    »Und dann sind Sie auf die Lichtung gekommen.« Die Reporterin wiederholte den letzten Satz der Frau und sah dabei den Mann mit Hut an. Der nickte heftig, sagte aber nichts. Herbert und Gunnar hatten noch kein einziges Wort gesprochen. Sicher hatten sie auch daheim nichts zu melden.
    »Ja genau da sind wir auf diese Lichtung gekommen da hat Herbert gesagt: Guck mal, da drüben liegt was; da habe ich es auch gesehen zuerst nur was Weißes dann sind wir näher ran und da waren das Füße …« Der Wasserfall sprudelte wieder. »… Füße stellen Sie sich mal vor mitten im Wald weiße nackte Füße die Zehen waren rosa lackiert…« Die Stimme der Frau wurde mit jedem Wort etwas schriller. Ihr Gesicht leuchtete jetzt purpurrot, und Lara hatte Angst, dass sie gleich kollabieren würde. »Herbert ist näher ran und hat die Zweige beiseitegeschoben, und da haben wir gesehen, … da haben wir … gesehen, … dass … äh gesehen, … dass …« Jetzt hatte die Platte einen Sprung. Die Reporterin schwenkte das Mikro zu Herbert und sprach ihn direkt an. Das Stottern seiner Frau verstummte abrupt. »Was haben Sie unter den Zweigen gesehen, Herr Hellwig?«
    »Den Körper.«
    »Den Körper?«
    »Ja.«
    »Können Sie den Anblick beschreiben?«
    »Die Person lag auf dem Rücken.« Im Gegensatz zu seiner Frau neigte Herr Hellwig zum Telegrammstil.
    »Was haben Sie noch beobachtet?« Die Reporterin ließ
nicht locker. Sie wusste, dass die sensationshungrigen Fernsehzuschauer nach blutigen Details lechzten.
    »Der ganze Bauch war aufgeschlitzt.«
    »Konnten Sie sehen, ob Organe gefehlt haben?« Die

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