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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Lara um, und Isi machte einen Schmollmund.
    »Ich muss nachher mal bei der Kripo anrufen und sehen, ob mir jemand Auskunft gibt.« Lara dachte an die Beleidigungen des Kriminalkommissars. »Guckt mal hier.« Sie schob ihren Ärmel nach oben und zeigte Tom und Isabell die drei blauen Flecken am Oberarm.
    »Hast du Sado-Maso-Spielchen gemacht?« Tom grinste anzüglich, und Lara hasste ihn einen Moment lang.
    »Nein. Das war Kriminalkommissar Stiller.«
    »Was, der Blechmann hat dir blaue Flecken beigebracht?«
    »Genau der. Gestern bei dem Brand. Hat mich am Arm gepackt und wollte mich wegzerren.«
    »Warum denn?« Isis Stimme machte einen kleinen Quiekser beim »denn«.
    »Er fand, ich störe dort.«
    »Was hat der Typ für ein Problem mit dir?« Tom schaute jetzt ernster.
    »Ich vermute, ihm liegen noch immer die Ermittlungsfehler
seiner Kollegen letztes Jahr schwer im Magen. Als diese Neonazis das Sommercamp überfallen haben. Die Beamten hatten beim ersten Mal nicht einmal die Personalien der Täter aufgenommen. Als die Glatzen in der Nacht zurückkamen, um es ›den linken Ratten zu zeigen‹, wie sie selbst gesagt haben, hat es eine halbe Stunde gedauert, bis die Polizisten erneut vor Ort waren. Es gab noch andere Ungereimtheiten.« Lara spürte ihren Zorn von damals erneut in sich aufflammen.
    »Ach ja, und du hattest den Artikel darüber geschrieben, richtig?«
    »Genau. Stiller fand ihn polemisch. Und der Bericht ›verunglimpfe‹ die Arbeit seiner Kollegen. Am Ende sind die Ermittlungen im Sande verlaufen. Seitdem hat der Kriminalkommissar einen Groll auf mich.«
    »Du kannst ihn aber auch nicht gerade gut leiden, oder?«
    »Das ist ja auch kein Wunder bei seinem Benehmen.«
    »Ich meine ja nur, dass sich das dann auf den anderen überträgt.«
    »Also, Tom, entschuldige bitte, aber abgesehen von diesem Fall ist Kommissar Stiller ein mürrischer alter Marabu. Ich glaube, das ist seine Grundeinstellung: Groll gegen alles und jeden.«
    »Marabu – das passt. Besser als ›eiserner Holzfäller‹.« Tom wandte seine Aufmerksamkeit wieder Isabell zu, die die ganze Zeit hinter ihnen gestanden und mit halboffenem Mund zugehört hatte. »Kannst du mir mal einen Kaffee holen, Isi?« »Isi« lächelte und stolzierte davon; erfreut, ihrem Angebeteten einen Gefallen tun zu können, und Lara dachte zum wiederholten Mal, dass ihr Kollege die Praktikantin wie einen Laufburschen behandelte. Dann griff sie zum Telefon, um bei der Kripo anzurufen und Erkundigungen über den gestrigen
Brand einzuholen. Wenn sie Glück hatte, bekam sie einen der freundlichen Beamten an die Strippe, jemanden wie Kriminalobermeister Schädlich zum Beispiel. Der hatte ein Herz für Lara und steckte ihr, wo immer es ging, Informationen zu.
    Auf dem Computerbildschirm lief die neueste Nachricht durch, ohne dass Lara oder Tom sie wahrnahmen.
    … Polizei geht nach Leichenfund in Waldstück bei Wernigerode von Gewaltverbrechen aus…
    Dämmerung kroch in die Ecken des Arbeitszimmers. Der Computer begann zu summen, und auf dem Bildschirm erschienen bunte Symbole. Der Mann schob die Maus hin und her und wartete darauf, dass der Rechner fertig wurde, während die kleine Blondine von der Uni durch seinen Kopf geisterte. Das Mädel war aber auch zu süß, die Figur genau richtig, elfenhaft zart, der Hintern nicht so dick wie der ihrer schwarzhaarigen Freundin, ein richtiges Püppchen. Das Beste waren ihre langen Haare, die in der Sonne einen rötlichen Schimmer bekamen. Erdbeerblond nannte man das wohl. Der Mann grinste in sich hinein und stellte sich vor, das Püppchen nackt durch den Wald zu scheuchen. Was für ein Glück, dass er sie entdeckt hatte! Der Unicampus bot ein reichhaltiges Angebot an jungen Frauen. Für jeden Geschmack war etwas dabei. Die Jagd auf Susann Weiß am letzten Wochenende war fast perfekt gewesen. Makellos ihr bleicher Körper in der Dunkelheit, vollendet das Wippen ihrer Haare. Am erregendsten war der Augenblick gewesen, als sich ihre Pupillen plötzlich weiteten. Diesen Moment hatte er für immer auf seine Netzhaut bannen wollen, und doch verblasste schon nach wenigen Tagen die Erinnerung daran. Und noch
eins hatte ihn gestört: dieser fahlgrüne Schein des Nachtsichtgerätes, der den wirklichkeitsgetreuen Eindruck verfälschte.
    Der Gedanke daran, den Moment, wenn das Leben aus dem Körper entwich, bei natürlichem Licht zu erleben, hatte ihm keine Ruhe gelassen. Und so war er schon wenige Tage später erneut losgezogen, um

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