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Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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nicht albern. Der Typ hat doch eben deine Nummer im Display gesehen. Langsam streckte sie die Hand nach dem Gerät aus.
    »Kriminalkommissar Stiller, guten Tag! Wir wurden eben leider unterbrochen.« Es war ihr egal, ob er ihr das abkaufte oder nicht.
    »Was wollen Sie?«
    »Ich hatte eigentlich Kriminalobermeister Schädlich verlangt.« Sie ließ ihre Stimme betont fröhlich klingen.
    »Der ist nicht anwesend.«

    Ach nein. Das habe ich schon selbst bemerkt. Lara schwieg.
    »Also, was wollen Sie?«
    »Ich hätte ein paar Fragen zu dem Brand am Montag.«
    »Dazu geben wir derzeit keine Auskunft. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.« Klick. KK Stiller hatte aufgelegt. Der Kerl war und blieb ein Schnösel. Seine Manieren reichten nicht einmal für ein »Auf Wiederhören«.
    Lara versetzte dem Obstkuchen einen Dolchstoß mit der Kuchengabel. Eines Tages würde sie dem Marabu sein Getue heimzahlen. Nach einer Tasse Kaffee und einem zweiten Stück Obstkuchen hatte sich ihr Zorn gelegt. Sie würde jetzt Zeitungsschau machen und dann gemütlich in die Redaktion laufen.
     
    Tote Frau ist vermisste Susann W. aus Wernigerode …
     
    In Laras Kopf begann es zu pochen.
    Die Identität der gestern in einem Wald nahe Wernigerode aufgefundenen Frauenleiche konnte inzwischen geklärt werden. Es handelt sich um die seit Freitagabend vermisste Susann W. (23) aus Wernigerode. Die am gestrigen Abend durchgeführte Obduktion der Leiche hat zur Feststellung der Todesursache geführt. Die Frau wurde zuerst gewürgt, danach wurden ihr mehrere Schnittverletzungen zugefügt. Die Gesamtheit der erlittenen Verletzungen habe zum unmittelbaren Tod der Geschädigten geführt.
    Lara sah sich wieder durch den Wald stolpern, die Arme ausgestreckt, Finger, die an stachlige Zweige stießen. Sie fiel, blieb auf dem Rücken liegen. Über ihr keuchte ein wildes Tier. Etwas schnürte ihr den Hals zu. Lara konnte nicht mehr atmen.
Ihre weit geöffneten Augen stierten nach oben zu den funkelnden Sternen. Eine silbrige Sichel zischte durch die Nacht.
    »NEIN!« Das ältere Ehepaar am Tisch gegenüber sah mit verwunderten Blicken herüber. Lara ballte die Fäuste und drückte sie gegen die Augen, bis grellbunte Muster auftauchten und wieder verloschen. Sie griff nach dem Wasserglas. Die Flüssigkeit zitterte. Dann zwang sie ihren Blick zurück auf die Zeitung. Einzelne Worte blitzten auf, leuchteten, riefen dumpfe Echos in Laras Kopf hervor: »Susann W.«, »gewürgt«, »Schnittverletzungen«. Mochte Doktor Radost sagen, was er wollte, das, was sich hier abspielte, lag weder an zu niedrigen Zuckerwerten noch an nachlassender Sehkraft. Der Arzt hatte alles auf die Kopfschmerzen reduziert und ihre Halluzinationen als nicht relevant abgetan.
    Die Tote war gestern Vormittag in einem Waldstück bei Wernigerode im Harz von einem Förster gefunden worden. Nachdem die Bereitschaftspolizei – verbunden mit einem Hubschraubereinsatz – den Fundort der Leiche gestern bis zum Einbruch der Dunkelheit weiträumig auf Spuren abgesucht hat, wird die Beweismittelsicherung heute fortgesetzt. Die Ermittlungen dauern an.
    »Fräulein? Bezahlen, bitte!« Lara hob den Arm. Die Lust auf Zeitunglesen war ihr gründlich vergangen. Wann hatte sie eigentlich von der Jagd durch den Wald geträumt? Sie zermarterte sich den Kopf, aber es wollte ihr nicht einfallen. Und wenn sie sich richtig erinnerte, war es auch nicht nur einmal vorgekommen. Sah sie in ihren Träumen etwa Morde voraus?
    Die Kellnerin brachte die Rechnung, und Lara erwachte aus ihren Grübeleien. Das Zischen der Espressomaschine
wurde vom Stimmengemurmel der Gäste untermalt. Von draußen blendete die Sonne herein und ließ Staubteilchen tanzen.
    Lara trat auf den Gehweg hinaus und sah nach oben. Der Sommerhimmel wölbte sich wie ein Leinentuch über der Stadt. En perfekter Julimorgen. Sie marschierte los. Ihr Dienst begann erst am Mittag, aber Lara hatte es trotzdem eilig. Sie musste ein bisschen recherchieren. Und dann würde sie Mark anrufen und nach den Mordfällen fragen. Er war vermutlich der Einzige, der ihr helfen würde.
    »Habt ihr das gelesen?« Lisa zeigte auf den Artikel und wartete, bis die anderen verneint hatten, ehe sie vorlas. »… Die Frau wurde zuerst gewürgt, danach wurden ihr mehrere Schnittverletzungen zugefügt …«
    »Gruselig.« Ann-Kathrin sah sich um. Der Campus lag in hellem Sonnenlicht. Alle Bänke waren besetzt. Studenten lachten, erzählten, lasen Bücher, rauchten

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