Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ungeheuer

Ungeheuer

Titel: Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
Vom Netzwerk:
seinem Kopf schwelgte das Orchester – Lara’s Theme . Noch gestern Nacht hatte er die CD mit dem Soundtrack zum Film per Übernachtlieferung bei Amazon bestellt. Sie war heute Nachmittag im Briefkasten gewesen.
    Seitdem hatte er die gesamte Aufnahme während der Fahrt durchlaufen lassen. Es gab mehrere Titel, die mit Lara zu tun hatten: Lara is charming , Lara and Komarovsky dancing up a storm , Lara says goodbye to Yuri , In Lara’s bedroom , Yuri approaches Lara’s apartment und Lara and Yuri arriving at Varykino .
    Am Ende wurde Lara’s Theme dreimal variiert, als Jazz-, Rock ’n’ Roll- und Swing-Version. Das hatte ihm nicht so gut gefallen, aber man konnte die CD ja vorher stoppen.
    Er wiegte den Kopf bedächtig hin und her. Musik war der Schlüssel zum Herzen.
    Was einem das Schicksal doch für seltsame Streiche spielte!
    Doktor Schiwago war ein Arzt – er war Doctor Nex.
    Juri Schiwago hatte seine Lara – er auch.
    Beide waren junge, außerordentlich hübsche junge Frauen.
    Wenn das kein schicksalhaftes Gleichnis war, was dann?
Versunken lächelnd nahm der Mann den letzten Schluck und wälzte ihn im Mund hin und her.
    Es wurde allmählich Zeit für die Rechnung. In einer Viertelstunde war die Kinovorstellung zu Ende, und er wollte rechtzeitig am Parkplatz sein, um seine Freundin auf ihrem Heimweg zu begleiten.

26
    »Im Gegensatz zu ›normalen‹ Röntgenaufnahmen, die nur aus einer Richtung gemacht werden, kreist die Strahlenquelle bei der Computertomografie rund um die zu untersuchende Stelle Ihres Körpers.« Der Arzt schaute kurz hoch, Lara nickte, und so fuhr er mit seinen Erklärungen fort. »Auf dem Bild gibt es daher keine Überlagerungen von Gewebe. Außerdem erzeugt der Computer ein dreidimensionales Bild, das ich von allen Seiten betrachten kann.« Wieder nickte Lara. Was sie viel brennender als die technischen Fakten interessierte, war, ob der Arzt ihr hinterher gleich seine Diagnose mitteilen würde oder ob es Tage dauerte, bis sie erfuhr, was mit ihrem Kopf los war.
    »Gut. Nun zum Ablauf der Untersuchung. Die Untersuchung findet im Liegen statt, Sie befinden sich auf dem Rücken. Zu Beginn fährt die Liege mit Ihnen in das CT-Gerät. Da wir nur Ihren Kopf durchleuchten wollen, bleibt der Rest des Körpers außerhalb der Röhre. Man nennt das eine kraniale Computertomografie. Wir verlassen während der Untersuchung den Raum, um uns vor den Röntgenstrahlen zu schützen. Alles klar?«
    »Ja.« Das mulmige Gefühl in Laras Bauch ließ sich auch
durch die klinischen Fakten nicht vertreiben. Sie hatte heute früh keinen Bissen heruntergebracht. Auf der Fahrt ins Krankenhaus hätte sie fast ein über die Straße rennendes Kind übersehen. Auch das silberne Auto hinter ihr hatte erst im letzten Moment gebremst. Anscheinend war sie heute früh nicht die einzige unkonzentrierte Fahrerin.
    »Gut, Frau Birkenfeld. Wenn Sie keine Fragen mehr haben, fangen wir an.« Der Arzt schaute prüfend über seine Halbbrille. Die Schwester, die im Hintergrund herumhantiert hatte, kam heran und berührte Laras Arm. »Versuchen Sie, sich bitte während der Untersuchung zu entspannen, liegen Sie so ruhig wie möglich und befolgen Sie meine Atemanweisungen. Das Verfahren ist ungefährlich und schmerzfrei.«
    »Wie lange dauert das?« Lara blickte zum vorwärtstickenden Zeiger der Wanduhr. Halb neun. Wenn alles glattging, konnte sie gegen zehn in der Redaktion sein. Am späten Vormittag würde er sie in der Redaktion anrufen, hatte Mark gesagt. Und dann würde die Falle für Tom zuschnappen.
    »Zwischen drei und fünfzehn Minuten. Je nachdem.«
    Je nachdem, ob ihr etwas findet oder nicht , dachte Lara, sprach es aber nicht laut aus.
    »Gut. Los geht’s.« Die Schwester packte Laras Unterarm – so als könne die Patientin nicht allein laufen – und geleitete sie zur Liege.
    Im Rückspiegel näherte sich sehr schnell ein großes Auto. Lara konnte das Gesicht hinter dem Steuer nicht erkennen, war sich aber sicher, dass sie den Fahrer schon einmal gesehen hatte.
    Himmelblaue Puppenaugen klappten schläfrig zu. Neongrünes Garn wand sich durch ein Nadelöhr. In einer Tupperdose schwammen zwei bleiche Murmeln.
    Eine tonlose Stimme murmelte immer gleiche Worte: Es droht Gefahr … Es droht Gefahr … Es droht Gefahr…

    »Frau Birkenfeld?« Die Stimme schien sich zu nähern, und Lara öffnete mühsam die Augen. »Frau Birkenfeld! Wir sind fertig. Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Lara nickte, überlegte kurz, ob

Weitere Kostenlose Bücher