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Ungeschoren

Ungeschoren

Titel: Ungeschoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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vielleicht?«, sagte er zurückhaltend.
    »Nein, kein Problem«, sagte Kerstin Holm und legte erleichtert den Hörer auf. »Komm herein. Du bist … Åkesson, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte er, und sein Gesicht hellte sich auf. Er streckte die Hand aus. »Bengt Åkesson, Kommissar. Wie kommst du darauf?«
    »Ich weiß nicht richtig«, sagte sie und zeigte unwillkürlich auf den Platz, an dem Hultins IKEA-Sofa gestanden hatte.
    Åkesson sah sich vergeblich nach einem Sitzplatz um.
    Mutter und Sohn Holm nahmen die beiden vorhandenen Plätze ein.
    Sie fuhr fort, hauptsächlich um ihre Verlegenheit zu verbergen: »Unsere Wege haben sich einmal gekreuzt. Aber wann und wie? Ich weiß es nicht mehr.«
    »Alexander Brjusov«, sagte Åkesson. »Und später die Sicklaschlacht.«
    Sie machte anscheinend immer noch ein fragendes Gesicht, denn Åkesson fuhr fort: »Alexander Brjusov, einer in dem russischen Duo Igor und Igor. Das war im Zusammenhang mit den Machtmorden. Ich habe ihn für euch gefunden. Und dann war ich als erster Verantwortlicher nach der Schießerei von Sickla am Tatort. In beiden Fällen die Mafia. Verschiedene Mafias.«
    »Ja, klar. Jetzt fällt es mir wieder ein. Aber du warst damals nicht Kommissar.«
    »Stimmt«, sagte Åkesson. »Ich bin fast so frischgebacken wie du. Wenn du den Vergleich erlaubst.«
    Sie lachte leicht und sagte: »Was kann ich für dich tun, Bengt?«
    Åkesson warf wieder einen Blick auf Anders, der in seine Autos und Großstadtfassaden vertieft war.
    »Es ist ein wenig heikel«, sagte Åkesson.
    Auch Kerstin blickte zu Anders hinüber. Dann fasste sie einen Entschluss: »Komm, Anders, jetzt besuchen wir zwei lustige Mädchen.«
    Sie traten auf den Gang hinaus und ins Zimmer 304, in dem Sara Svenhagen und Lena Lindberg saßen und laut lachten.
    »Wenn ihr ausgelacht habt«, sagte Kerstin Holm, »kümmert euch ein bisschen um Anders. Gebt ihm das Gefühl, Hahn im Korb zu sein.«
    »Ich will aber lieber Hase im Korb sein«, sagte Anders.
    »Die beiden Häschen hier kümmern sich eine Weile um dich. Nicht wahr, Bunnies?«
    »Das ist Diskriminierung«, sagte Sara Svenhagen. »Und sexuelle Schikane.«
    »Na so was«, sagte Kerstin. »Ich bin in einer Viertelstunde wieder da.«
    Dann kehrte sie zu Bengt Åkesson zurück.
    »Setz dich«, sagte sie.
    »Dein Sohn?«, sagte Åkesson und setzte sich auf Anders’ Platz. »Ich weiß, wie schwer es ist, im Sommer alleinerziehendes Elternteil zu sein. Aber das hier sollte man ihm vielleicht ersparen.«
    »Das hier?«, sagte Kerstin und setzte sich neben ihn.
    Åkesson kratzte sich am Kopf, zog eine Mappe aus seiner Aktentasche und legte sie auf Anders’ Zeichnungen.
    »Es ist, wie gesagt, ziemlich heikel. Ich habe die offiziellen Kanäle vermieden. Wir sind ja inzwischen so durchlässig wie ein Sieb. Es muss als ein ziemlich großer Fall betrachtet werden. Besonders im Licht von Fadime.«
    Fadime? Dachte Kerstin Holm. Herrgott. Denkt an Fadime …
    Fadime Sahindal war eine junge Kurdin, die im Januar von ihrem Vater ermordet worden war. Sie hatte unter einer geschützten Identität gelebt, nachdem sie von ihrer Familie mit dem Tod bedroht worden war, weil sie einen nichtkurdischen Freund hatte. Fadime hatte heimlich ihre Schwester in Uppsala besucht. Aber kurz darauf kamen ihre Mutter und eine weitere Schwester in die Wohnung. Und dann der Vater – mit einer Pistole in der Hand. Fadime hatte nicht einmal die Chance, in Deckung zu gehen. Sie wurde sechsundzwanzig Jahre alt.
    »Ein neuer Ehrenmord?«, sagte Kerstin Holm und dachte an den schon so ausgewalzten Fernsehmord.
    »Ich mag diese Bezeichnung nicht«, sagte Åkesson. »Es geht doch nicht um Ehre. Wir dürfen nicht so tun, als ginge es um Ehre. Wir dürfen nicht akzeptieren, dass die Sprache lügt. Und die Antwort auf deine Frage ist: Nein. Im Gegenteil, kann man sagen.«
    »Auf Englisch heißt es ›to beat about the bush‹«, sagte Kerstin Holm. »Kannst du damit aufhören?«
    Åkesson lachte laut. »Ich weiß«, sagte er. »So bin ich. Schiebe das Unangenehme vor mir her. Ich glaube, man kann auch sagen ›wie die Katze um den heißen Brei schleichen‹.«
    »Jetzt tust du es schon wieder«, sagte die Frau, die wirklich nicht das Recht hatte, den ersten Stein zu werfen.
    Bengt Åkesson seufzte vernehmlich und sagte: »Um halb drei gestern Morgen tötete eine junge Frau mit Namen Naska Rezazi ihren Bruder Nedim Rezazi. Sie lebte unter angenommenem Namen als Rosa Beckman in einer neuen Stadt,

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