Ungestüm des Herzens
Wer zum Teufel ist dieser Carnicero, den du so faszinierend findest?«
Froilana riss ihre dunklen Augen auf. »Du weißt es nicht? EI patron hat dir nichts davon erzählt?«
»Nein, mein Vater hat nicht darüber gesprochen«, erwiderte Samantha.
»Ay!« stöhnte das ältere Mädchen. »Mamacita wird mich schlagen, weil ich es dir erzählt habe.«
»Du hast mir noch gar nicht viel erzählt«, sagte Samantha ungeduldig. »Wer ist EI Carnicero?«
»Nein. Ich sage nichts mehr. Ich gehe jetzt.«
»Lana!« Das Mädchen lief aus ihrem Zimmer, und Samantha blieb verwirrt zurück. »Verdammter Mist, was zum Teufel soll das alles heißen?« murmelte sie vor sich hin, während sie sich eilig jadegrüne Reitkleidung aus Wildleder und eine leuchtendgelbe Seidenbluse anzog.
Der Schlachter. Ein Mann, der seine Feinde zerstückelt. Was muss te das für ein Mann sein? In Friedenszeiten Menschen zu töten? Vielleicht einer der Generäle der Revolution? Auf beiden Seiten hatte es viele hitzige Männer gegeben. Ein Verbrecher vielleicht oder ein Regierungsbeamter? Die Liberalen hatten bei der Revolution den Triumph davongetragen, und Juárez war Präsident. Doch der Präsident konnte nicht die Regierungsbeamten in allen seinen Staaten überwachen.
Kurz darauf saß sie mit ihrem Vater am Frühstückstisch. Sie hatten Brot und Schinken und heißen, starken Kaffee vor sich stehen. »Wer ist EI Ca rn icero?« fragte sie ihn.
»Wo hast du diesen Namen gehört?« Ihr Vater lehnte sich mit finsterem Blick zurück.
»Was spielt das für eine Rolle?« fragte sie. »Wer ist das?«
Ihr Vater zögerte, ehe er erwiderte: »Das ist niemand, um den du dir Gedanken zu machen brauchst.«
»Vater, du weichst meiner Frage aus. Warum erzählst du mir nichts über diesen Mann?«
»Er ist ein Bandit, Sammy, ein Mann, der vor mehreren Jahren weiter unten im Süden berüchtigt war.«
»Ein Bandit? Und warum spricht man hier über ihn?«
Hamilton seufzte. »Weil dieser Kerl kürzlich in den Norden gekommen Ist. Er lebt jetzt mit seinem Gefolge in der westlichen Sierra.«
»Du meinst, sie verstecken sich da draußen? Hat niemand versucht, sie aufzuspüren?«
»Du weißt ebenso gut wie ich, Samantha, dass es fast unmöglich ist, jemanden zu finden, der sich in diesen Bergen versteckt.«
Plötzlich pass te alles zusammen. »Hat dieser bandito dir Ärger gemacht?«
»Ich bin nicht sicher, ob er es wirklich ist.«
»Ist das die Geschichte mit den Hühnern und den Rindern?«
»Möglich wäre es natürlich. Unsere Leute sagen, dass er es ist, dass EI Carnicero mir aus irgendeinem Grund den Krieg erklärt hat. Ich habe dennoch meine Zweifel. Es erscheint mir unsinnig. Ich habe diesen Mann nie kennengelernt. Und außerdem sind die Sierras einen guten Drei- bis Viertageritt von hier entfernt.«
»Und deshalb glaubst du, dass nicht er derjenige ist, der dir Schwierigkeiten macht?«
»Ja. Andere Ranchs liegen näher an den Bergen, und dort könnte er weitaus leichter etwas erbeuten. Es wäre von ihm aus unsinnig, so weit zu reiten, um hier Nahrung zu suchen und Unheil zu stiften. Es gibt noch einen weiteren guten Grund, den die Vaqueros, die darauf bestehen, dass er es ist, vollkommen übersehen. Dieser Mann steht in dem Ruf, ein kaltblütiger Mörder zu sein, doch trotz all der Scherereien, die wir hatten, ist niemandem etwas zugestoßen. Außerdem hat niemand ihn oder eines seiner Bandenmitglieder gesehen. Es heißt, wenn EI Carnicero ausreitet, reitet er mit allen seinen Männern aus, und das sind Dutzende. Doch wenn hier auf der Ranch etwas passiert, sind immer nur die Spuren von ein paar wenigen Männern aufzufinden.«
»Und das wiederum weist auf einzelne Stromer hin.« Samantha sprach ihre Gedanken laut aus.
»J a.«
»Warum sind die Leute dann so fest davon überzeugt, dass es sich um EI Carnicero handelt?«
Hamilton zuckte die Achseln. »Es ist aufregender, von einem berühmten Banditen eine Kriegserklärung zu bekommen, als Ärger mit Landstreichern zu haben. Die Leute lieben dramatische Geschichten. Sobald sich herumgesprochen hatte, dass der berüchtigte Bandit sich in dieser Gegend aufhält, wurde ihm jeder Zwischenfall zugeschrieben. Es geht viel Klatsch über ihn um, weil er Aufregungen und Gefahr mit sich gebracht hat, und das lieben die Leute.«
»Besteht denn wirklich Gefahr?«
»Unsinn«, spottete Hamilton. »Fang bloß nicht auch noch an, diese Geschichten zu glauben. Deshalb wollte ich nicht, dass du etwas von diesem
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