Ungestüm des Herzens
machen.«
Samantha hatte sich immer über Froilanas fantastische Träume lustig gemacht. Sie hatte immer das Gefühl gehabt, Jungen seien nur dazu da, mit ihnen zu raufen. Sie hatte sich immer mit Ramón und den Jungen auf der Ranch geschlagen, auch mit den älteren Jungen . Aber jetzt war sie selbst älter geworden, und sie konnte Froilanas Träume verstehen.
Sie lag da und hörte sich Froilanas oberflächliches Geschwätz an. Froilana war ein lebhaftes, hübsches Mädchen mit seidigem, schwarzem Haar und großen braunen Augen und goldener Haut, und ihr einziger Fehler bestand darin, dass sie unablässig plapperte.
»... nicht mehr die muchacha und ich die ältere Frau. jetzt sind wir beide Frauen«, sagte Froilana gerade.
Samantha unterdrückte ein Grinsen, während sie ihre Beine über die Bettkante schwang und aufstand. »Das dürfte wohl stimmen«, antwortete sie so e rn st sie konnte.
So weit Samantha zurückdenken konnte, hatte sich das Mädchen immer als Frau angesehen. Dennoch war Froilana noch keine dreizehn gewesen, als Samantha zu ihrem Vater nach Texas gekommen war, und Maria und ihre Familie waren im Jahr darauf mit ihnen nach Mexiko gegangen. Ihr Vater war nach Mexiko ausgewandert, um dem Bürgerkrieg aus dem Weg zu gehen, der sich in den amerikanischen Staaten zusammenbraute. Auch in Mexiko war es zu Unruhen gekommen, zu einer Revolution, aber ihr Vater war neutral geblieben, und sie hatten so hoch oben im Norden gelebt, dass die Unruhen nie bis zu ihnen vorgedrungen waren.
»Jetzt kicherst du nicht mehr albern vor dich hin, wenn ich von Männern spreche«, fuhr Froilana fort, während sie Samanthas Bett machte. »Jetzt interessierst du dich selbst für Männer, stimmt's?«
Samantha gähnte und ging auf Zehenspitzen in den kleinen Raum, der an ihr Zimmer grenzte. Dort stand ihre große, vierfüßige Badewanne. Man muss te das Wasser hierhertragen, um die Wanne zu füllen, doch sie hatte ein Abflussrohr nach außen, um das Wasser ablaufen zu lassen. Die frische Schale mit kaltem Wasser stand auf dem Handtuchhalter.
»Ach, ich weiß nicht, Lana«, rief Samantha über ihre Schulter. »Männer können doch recht trügerisch sein. Ich glaube, ich komme durchaus noch eine Weile ohne sie aus.«
»Ay, nein!« schalt sie Froilana.
»Ich meine es ernst.«
»Und was wirst du tun, wenn der junge Ramón bei deinem papacito um deine Hand anhält? Und was wird er tun! Er war immer in dich verliebt, obwohl du dich wie ein kleines Kind benommen hast. Warte nur, bis er dich jetzt sieht.«
Samantha spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und griff nach einem Handtuch, ehe sie erwiderte: »Von mir aus kann Ramón meinen Vater fragen, was er will, aber ich bin diejenige, die die Antwort darauf gibt. Und woher soll ich wissen, was ich sagen werde? Ich habe ihn seit fast drei Jahren nicht mehr gesehen.«
»Das, was du sehen wirst, wird dir gefallen, patrona .«
»Patrona?« rief Samantha überrascht aus. »Lana, so hast du mich nie genannt.«
»Du hast dich aber so verändert«, erklärte Froilana gedämpft. »Du bist jetzt eine Dame.«
»Unsinn. Ich habe mich nicht allzu sehr verändert. Du nennst mich so wie früher.«
»Si, Sam.« Froilana grinste.
»Das ist schon besser. Und was Ramón angeht«, sagte Samantha, als sie wieder in ihr Zimmer kam und auf den Kleiderschrank zuging, »so spielt es keine Rolle, ob mir gefällt, wie er sich verändert hat. Wie ich schon sagte, komme ich durchaus noch eine Weile ohne Männer aus.«
»Du findest es nicht aufregend, Ramón wiederzusehen? Kein bisschen ?«
»Aufregend? Himmel, nein.« Samantha lachte. »Ich bin nur froh, dass ich wieder zu Hause bin. Mehr brauche ich nicht.«
»Und was hast du von der Geschichte mit E l Carnicero gehalten? Fandest du die Geschichten über ihn auch nicht aufregend?«
Samantha drehte sich um und sah Froilana neugierig an. »El Carnicero? Der Schlächter? Was ist das für ein Name?«
»Es heißt, dass er seine Feinde in Stücke zerschneidet und sie seinen Hunden vorwirft, Stück für Stück. So ist er zu seinem Namen gekommen«, sagte sie atemlos.
»Lana! Wie widerwärtig!«
Froilana zuckte die Achseln. »Diese Geschichte über ihn glaube ich nicht, aber die anderen Geschichten, si. Es heißt, er sei mucho hombre, aber ganz gemein. Es heißt auch, dass er sehr hässlich ist, aber dass er jede Frau haben kann, die er will. Ich frage mich ... «
»Moment mal, Lana«, fiel ihr Samantha ins Wort. »Von wem reden wir eigentlich?
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