Ungestüm des Herzens
fernhalten.«
»Vater, auch ich empfinde diesen Beschützerdrang. Ich konnte dich nicht allein lassen. Ich konnte es einfach nicht.«
Er ließ sich seufzend auf einen Stuhl sinken. »Du verstehst mich einfach nicht, Sam. Ich bin ein alter Mann. Ich habe mein Leben gelebt. Aber dein Leben liegt noch vor dir. Du bist alles, was ich habe. Wenn dir etwas zustoßen sollte ... ich hätte keinen Grund mehr weiterzuleben. Du darfst dich nicht in Gefahr bringen.«
»Jetzt hör aber auf!« sagte sie heiser. Seine Art zu reden bereitete ihr Unbehagen. »Du bist schließlich auch alles, was ich habe.«
»Nein, Sam. Du wirst eines Tages einen Mann und Kinder haben. Du wirst andere Menschen haben, die du lieben kannst. Mein Gott, ich hätte heute Morgen unter keinen Umständen zulassen dürfen, dass du das Haus verlässt , aber ich wäre im Traum nicht auf den Gedanken gekommen, sie könnten noch da sein. Wenn ich mir nur vorstelle, was hätte passieren können ... «
»Jetzt mach dir bloß keine Vorwürfe.«
»Ich mache mir Vorwürfe, wann es mir pass t. « Er setzte sich abrupt auf und funkelte sie böse an. »Aber das war das letzte Mal, dass du einer Gefahr ausgesetzt warst, mein Mädchen. Du wirst dieses Haus nicht mehr verlassen, ehe der Ärger ausgestanden ist!«
»Du gehst zu weit!« protestierte sie.
»Nein, keineswegs. Ich meine es völlig ernst, Sam. Von jetzt an gibt es keine morgendlichen Ausritte mehr, auch nicht in Begleitung.«
»Das mache ich nicht mit«, warnte sie ihn erbost.
»0 doch, das wirst du mitmachen, bei Gott, oder ich lasse deine Fenster vergittern und sperre dich in dein Zimmer ein. «
Smaragdfunken sprühten aus ihren Augen, als sie merkte, dass er ernst machte. »Und wie lange?« fragte sie kühl.
»Du brauchst gar nicht beleidigt zu sein. Ich untersage dir nur deine morgendlichen Ausritte, und das nur um deiner Sicherheit willen.«
»Für wie lange?«
»Vielleicht eine Woche. Ich lasse noch heute staatliche Hilfe holen. Und wenn das nichts hilft, stelle ich eine eigene Armee auf. Wir werden ja sehen, wie es EI Carnicero gefällt, wenn sich der Spieß umdreht.«
»Wenigstens gibst du jetzt die Wahrheit zu«, sagte Samantha erbittert. Der Gesichtsausdruck ihres Vaters verschaffte ihr Befriedigung. Er zuckte tatsächlich zusammen. »Ich erkläre mich unter einer Bedingung mit einer Woche einverstanden.«
»Und die wäre?« fragte er argwöhnisch.
»Du erzählst mir, was in den Nachrichten stand, die der Schlachter dir geschickt hat.«
Zu ihrem Erstaunen wirkte er erleichtert. »Du kannst etwas noch Besseres haben.« Er stand auf, verließ den Raum und kehrte im nächsten Moment mit zwei schmutzigen, verknitterten Zetteln zurück. »Hier, lies sie selbst.«
Sie waren derb hingekritzelt, und beide waren mit einem großen »C« unterzeichnet. In einer stand: »Gringo, geh nach Hause.« Die andere war deutlicher. »Mexiko hasst dich, du Ami. Wenn du hierbleibst, wirst du sterben. Geh nach Hause.«
»Manuel hat mir erzählt, dass er einen rasenden Hass auf weiße Amerikaner hat«, sagte sie nach einer Weile.
»Er hat es nicht aufgegeben, mich auszuweisen. Er wird immer dreister. Aber die Tatsache, dass du in Gefahr warst, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Der bandido soll den Krieg bekommen, den er wünscht.«
»Ich warte eine Woche, Vater, das verspreche ich dir. Aber nicht länger als eine Woche.«
Er wußte, dass es ihr Ernst war.
16
Die kommende Woche verging langsamer als jede andere in Samanthas Leben. Doch der Arger schien vorbei zu sein. Soldados waren in die Berge vorgedrungen. Die Berichte gingen langsam ein. In einem alten, verlassenen Dorf sprachen Anzeichen dafür, dass sich viele Männer dort aufgehalten hatten. Doch sie waren fort. Dann waren die mexikanischen Soldaten tiefer in die Berge vorgedrungen, doch hier waren keine Spuren, denen sie folgen konnten, und kein Anzeichen wies auf die Banditen hin. Man einigte sich allgemein darauf, dass EI Ca rn icero wieder in sein südliches Territorium zurückgekehrt war. Samantha stimmte dem eilig zu, und bald darauf war die Woche vergangen.
Sie wollte wieder ausreiten, doch ihr Vater beharrte darauf, dass sie vier Vaqueros mitnahm.
»Aber der Ärger ist doch vorbei«, protestierte sie. »Der Schlachter ist fort.«
»Das können wir erst mit Sicherheit sagen, wenn mehr Zeit vergangen ist. Vier Männer, Sam, und du wirst trotzdem in der Nähe der Ranch bleiben.«
»Warum hast du mir letzte Woche nichts von all
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