Ungestüm des Herzens
diesen Bedingungen gesagt?« fragte sie aufbrausend. »Du hast wohl Angst gehabt?«
»Sei vernünftig. Mir wäre es wirklich lieber, wenn du gar nicht aus dem Haus gehen würdest. Noch nicht. Lass mir wenigstens den Seelenfrieden zu wissen, dass du gut beschützt bist.«
Samantha biß die Zähne aufeinander. »Einverstanden. Ich gebe dir noch eine Woche - aber keinen Tag mehr. Danach habe ich meine uneingeschränkte Freiheit wieder, und du hörst auf, mich wie ein Kind zu behandeln.«
»Einverstanden - vorausgesetzt, dass in der Zwischenzeit nichts passiert.«
Samantha war immer noch wütend, als sie in den Stall ging, um EI Cid zu holen, doch Ramón erwartete sie. Er versuchte, sie aufzuheitern. Sie hatte vergessen, dass er ihr versprochen hatte, sie auf einem Ausritt zu begleiten. Jetzt hatte sie fünf Beschützer, wenngleich auch sie alle fünf beschützen würde, wenn es zu einem Zwischenfall käme.
Ramón und Samantha waren zu ihrer früheren Kameradschaft zurückgekehrt, und sie nahm seine Gesellschaft dankbar hin, doch oft war sein Verhalten ihr gegenüber anders als früher, und das beunruhigte sie. Manchmal stand schwelende Leidenschaft in Ramón s Augen. Sie sagte sich, dass er sich wohl kaum in sie verlieben würde. Sie hoffte es für ihn, denn ihre Gefühle gingen nicht in diese Richtung.
Als sie sich von der Ranch entfernten, in ganz gemütlichem Schritt, sah Samantha immer wieder Ramón s grauen Hengst an. Es war ein kräftiges Tier, fast so rassig wie EI Cid. Sie ritten nach Süden, und die vier Vaqueros blieben zwanzig Meter hinter Ramón und Samantha zurück. Samantha sah Ramón spitzbübisch an.
» Ramón , lass uns um die Wette zu dem Hügel am Rande der südlichen Bergkette reiten. Du weißt schon, welchen ich meine.«
Doch er schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, Samantha. Wir sind doch keine Kinder mehr.«
»Was hat das denn damit zu tun? Ich will ein Wettreiten«, beharrte sie.
»Nein, deinem Vater wäre das nicht recht.«
Samantha grinste ihn breiter an. »Ich fordere dich heraus«, sagte sie. »Wenn ich verliere, tanze ich die Jarabe für dich. Aber ich werde natürlich nicht verlieren.«
Ramón s Augen strahlten. Nur einmal hatte er sie die wilden mexikanischen Tänze tanzen sehen, die Froilana ihr beigebracht hatte. Er war damals siebzehn gewesen, und sein Blut hatte gekocht. Er hätte alles darum gegeben, sie in dieser losen, tiefausgeschnittenen camisa und dem vollen roten Rock zu sehen, ihr Haar wie einen Umhang aus Feuer über ihren Rücken fallen zu sehen, sie tanzen zu sehen, nur für ihn einen Tanz der Leidenschaft.
Samantha bemerkte die Veränderung in seinem Gesichtsausdruck, und sie wußte, dass sie gewonnen hatte. Als er nickte, grub sie ihre Fersen in EI Cid und ließ Ramón zurück. Doch er holte sie schnell ein. Sie legten eine Meile zurück, dann eine zweite. Sie forderte EI Cid bis an seine Grenzen. Sie wandte sich nicht um und sah nach, wie weit ihre Eskorte zurückgeblieben war. Sie beugte sich vor, und ihr Hut tanzte auf ihren Schultern. Er wurde von dem Band gehalten, das um ihren Hals geschlungen war. Sie flog. Sie war frei. Nie hatte sie sich wohler gefühlt.
Der Hügel lag direkt vor ihnen, und sie spürte, dass Ramón zurückfiel. Der Hügel stieg sachte auf eine Höhe von sechzig Metern an, und Samantha erstürmte ihn. Sie lachte vor Freude. Sie hatte gewonnen. Oben angekommen, riss sie ihr Pferd herum, ließ sich von EI Cid gleiten und sah hinunter. Ramón hatte erst die Hälfte der Steigung zurückgelegt. Die Vaqueros waren gar nicht mehr zu sehen.
»Habe ich dir nicht gesagt, dass ich ... «
Die Worte blieben ihr im Hals stecken, als sich von hinten eine Hand auf ihren Mund legte. Sie zuckte verblüfft zusammen. Im nächsten Moment griff sie nach der Pistole an ihrer Hüfte. Doch eine andere Hand zog ihr die Pistole aus dem Halfter, ehe sie sie auch nur berühren konnte.
Ramón ritt mit weit aufgerissenen Augen auf den Hügel. Drei Männer standen da, und einer richtete ein Gewehr auf ihn. Er trug Bandolieren auf der Brust und lange Pistolen an den Hüften. Ein anderer Mann mit Poncho und Sombrero hielt die Pferde fest, fünf an der Zahl, darunter auch EI Cid. Ein dritter Mann in einem leuchtend buntgestreiften Umhang stand hinter Samantha und hatte ihre eigene Waffe auf sie gerichtet. Seine andere Hand bedeckte ihren Mund.
Als er Samanthas große Augen sah, die ihn anstarrten, verlor Ramón einen Moment lang den Verstand. Er war nicht
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