Ungestüm des Herzens
verspürte er ein unterschwelliges Bedauern, Reue, die verrückte Sehnsucht, sein Pferd umzukehren und mit Samantha wieder ins Gebirge zu reiten, um sie für alles zu entschädigen, was er ihr angetan hatte, um ihren Vater und seine Ländereien zu vergessen, um Samantha auf irgendeine Weise dazu zu bringen, ihn zu lieben?
Dios mio, er war verrückt, so etwas auch nur zu denken. Sie trieb ihn wirklich in den Wahnsinn!
33
Samantha wäre auf die Palme gegangen, wenn es Palmen gegeben hätte. Vier Tage waren vergangen, und niemand war gekommen. Die Maihitze war zum Umkommen, und das Wasser, das aus dem Fluß geholt wurde, war warm und schmeckte rostig. Die Lebensmittelvorräte gingen zur Neige, und die Männer spürten Samanthas Ungeduld ebenso sehr wie ihre eigene.
Am vierten Nachmittag hatte sie das Warten satt. Sie war verklebt und schmutzig, und wenn es ihren Stolz auch schmerzte, es zuzugeben, so roch sie doch ebenso schlecht wie die Männer. Die Sonne hatte sie braungebrannt, und wenn ihr Vater jetzt gekommen wäre, hätte er sie wahrscheinlich gar nicht erkannt. Doch er kam nicht. Warum bloß?
»Es ist etwas schiefgegangen, Lorenzo«, sagte Samantha, nachdem sie ihn von den anderen fortgezogen hatte, um allein mit ihm zu reden. »Du hast von einem oder zwei Tagen gesprochen. Warum ist mein Vater nicht gekommen?«
Lorenzo wußte auch nicht mehr als sie. »Vielleicht war er nicht in EI Paso.«
»In dem Fall wäre Hank zurückgekommen. Außerdem hat mein Vater eine Ranch, die nur einen Ritt von ein paar Stunden außerhalb der Stadt liegt. Dort wäre er, wenn er nicht in der Stadt ist. Jemand, der ihn sucht, hätte ihn inzwischen längst gefunden.«
»Wir können nur warten.«
»Ohne Essen?« hob sie hervor. »Nein, ich fordere, dass du mich in die Stadt bringst. Wir werden uns selbst ein Bild davon machen, was hier vorgeht.«
»Ich habe Auftrag zu warten.«
»Bis in alle Ewigkeit?« fauchte sie. »Verdammt noch mal, dann reite du eben los. Niemand wird etwas davon erfahren. Bring raus, wo mein Vater ist.«
Als Lorenzo den Kopf schüttelte, versuchte Samantha, ihn tief zu treffen. »Warum nicht?« schrie sie. »Was ist, wenn Hank etwas zugestoßen ist? Angenommen, es hat nicht geklappt, und er konnte meinem Vater nicht mitteilen, wo ich bin? Vielleicht warten wir umsonst.« Sie sah seinen finsteren Blick und fuhr mit Nachdruck fort: »Es wäre ein leichtes, herauszufinden, ob mein Vater seine Ländereien in Mexiko verkauft hat. Er soll sie an einen Antonio Chavez verkauft haben, Rufinos Cousin. Du muss t dich nur erkundigen. Bitte, Lorenzo. Wie lange sollen wir denn untätig warten?«
Er gab nach. Sie brauchten Lebensmittel, und diesen Vorwand benutzte er Diego und Inigo gegenüber.
Während Lorenzos Abwesenheit war Samantha ein Nervenbündel. Das Warten und die Vorahnung schlechter Nachrichten setzten ihr zu. Sie war sicher, dass etwas schiefgegangen war.
Als ob das noch nicht genug wäre, muss te Samantha mit Diego und seinem lüsternen Grinsen zurechtkommen. Zum ersten Mal war sie seiner Obhut unterstellt. Die Tatsache, dass Inigo bei ihnen war, nahm ihr nichts von ihrer Nervosität. Inigo war in ihren Augen immer noch ein Feigling. Wenn Diego sich entscheiden sollte, über sie herzufallen, wäre er ihr keine Hilfe gewesen.
Daher hätte ihre Erleichterung nicht größer sein können, als Lorenzo direkt vor Einbruch der Dunkelheit bei Sonnenuntergang zurückkehrte. Er wirkte jedoch müde und besorgt, und sie erwartete atemlos die Neuigkeiten, die er mitbrachte.
Er starrte sie mehrere unerträglich lange Momente an, als fragte er sich, was genau er ihr sagen sollte. Schließlich sagte er ganz schlicht: »Wir gehen jetzt.«
»Gehen? Einfach so?« Verwirrung und Furcht ließen sie aufbrausen.
»Por Dios!« rief Lorenzo ungeduldig aus. »Das ist es doch, was du hören wolltest! «
»Ich will hören, warum mein Vater mich nicht geholt hat! Was ist ihm zugestoßen?«
»Nichts ... jedenfalls nicht, soweit ich weiß. Er war in der Stadt, aber er ist wieder auf seiner Ranch.«
Samantha hätte am liebsten geweint. »Das Land ist also gar nicht verkauft worden? Ich werde weiterhin als Gefangene gehalten?«
»Das Land ist verkauft worden. Vor zwei Tagen. Der Kaufvertrag ist im Gericht hinterlegt.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe den Beamten ausfindig gemacht. Er erinnert sich an Senor Kingsley- und an den neuen Besitzer. Der Verkauf ist außerdem öffentlich kundgegeben worden. Ich nehme an,
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