Ungezaehmte Leidenschaft
Bekannten mich mit dir bei einem gesellschaftlichen Ereignis sehen?«
»Verdammt, Sir, Sie drehen mir die Worte im Mund herum. Ich versuche klarzumachen, dass Sie nicht an dem schuld sind, was zwischen uns geschah. Tatsächlich ist es Ihr Ruf, der mit Sorgen macht.«
Er starrte sie verblüfft an. »Was redest du da?«
»Es ist allgemein bekannt, dass du bald auf Brautschau gehen wirst.«
Er war so schockiert, dass er kaum denken konnte. Außerhalb der Familie wusste niemand, dass er eine Frau suchte. Außerhalb der Familie begriff auch niemand, warum es für einen Sweetwater so wichtig war, eine Partnerin zu finden. Niemand . Es war das dunkelste der vielen dunklen Geheimnisse der Familie Sweetwater.
»Wo hast du das gehört?«, wollte er wissen, als er sich wieder in der Gewalt hatte.
»Ich bat meine Freundin Charlotte, sich deinen familiären Hintergrund anzusehen«, gestand Virginia.
»Und sie kam dahinter, dass ich eine Frau suche?« Er konnte noch immer nicht begreifen, wie die Mauer der Geheimhaltung, von der die Familie umgeben war, so leicht durchbrochen werden konnte.
»Sie entdeckte, dass du einer alten, angesehenen Familie entstammst, in der die Männer spätestens Anfang dreißig heiraten.« Sie räusperte sich. »Uns war klar, dass du bald mit der Partnersuche beginnen würdest, wenn es nicht schon der Fall war. Du hast offenbar deiner Familie gegenüber eine Verantwortung.«
Erleichterung erfasste ihn. Er ließ sich in die Ecke der Droschke sinken. Das Geheimnis der Sweetwaters war noch sicher.
»Du hast recht«, sagte er. »Die Männer meiner Familie heiraten meist Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Man könnte es eine Tradition nennen.«
»Ja, natürlich«, sagte sie. »In einer stolzen Familie wie deiner will man, dass ein Erbe den Namen weiterträgt.«
»Es geht mehr darum, dass durch Erben das Talent der Familie weitervererbt wird«, sagte er. »Aber wenn ein Sweetwater eine Braut sucht, kümmert er sich nicht um gesellschaftliche Diktate und Gebräuche. Er macht sich auf die Jagd nach einer Frau, so wie er seine Beute jagt. Er folgt seinen eigenen Regeln.«
»Owen …«
»Ich möchte heute nicht von Heirat sprechen.« Er zog sie in seine Arme. »Das ist der Zukunft vorbehalten. Im Moment möchte ich dich viel lieber küssen.«
Ihre Lippen teilten sich, und er nahm entschlossen ihren Mund in Besitz, ehe sie noch etwas sagen konnte.
22
»Meinen Glückwunsch, du hast unsere vermisste Uhrmacherin gefunden«, sagte Owen. »Aber es sieht so aus, als ob sie nicht nur ein brillantes Spiegellicht-Talent wäre, sondern auch sehr intuitiv.«
»Sie muss gespürt haben, dass jemand ihr und ihrem Geschäft auf der Spur war«, sagte Nick.
Sie standen im Halbdunkel des verlassenen Ladens. Millicent Bridewell war verschwunden und mit ihr jede Spur ihrer mechanischen Raritäten.
Owen betrat das Hinterzimmer und studierte die leeren Regale und die Werkbank. »Angesichts ihres gefährlichen Nebenerwerbs hatte sie zweifellos Pläne für einen Notfall.«
»Soll ich mit der Suche weitermachen?«
»Nein, dazu haben wir keine Zeit. Mrs. Bridewell ist jetzt das Problem von Arcane. Wir müssen uns auf unseren mordenden Wissenschaftler konzentrieren. Bist du heute Abend frei?«
»Abends bin ich immer frei, das weißt du doch«, sagte Nick.
»Gut. Du musst mich zu einem Empfang begleiten.«
»Ich hasse gesellschaftliche Anlässe«, sagte Nick. »Auch das weißt du. Das ist der Hauptgrund, weshalb ich die meisten Abende mit meinen Büchern verbringe.«
Owen verließ das Hinterzimmer und ging zur Ladentür. »Ich schätze solche Anlässe ebenso wenig wie du, aber heute brauche ich deine Hilfe.«
Nick folgte ihm. »Empfänge sind langweilig.«
»Dieser wird es nicht sein.«
»Warum nicht? Weil er im Leybrook Institute stattfindet? Ich verstehe nicht, warum dieser Empfang verlockender sein soll.«
»Wir gehen nicht hin, um uns zu amüsieren. Wir gehen auf die Pirsch.«
»Ha! Das macht die Sache natürlich etwas interessanter. Wie willst du in einer größeren Gästeschar den Mörder finden?«
Owen öffnete die Tür und trat hinaus auf die in Nebel gehüllte Straße. »Inzwischen wird er von Miss Dean förmlich besessen sein. Ich glaube nicht, dass er einen ganzen Abend in einem Raum mit ihr sein kann, ohne sich ihr irgendwann zu nähern.«
»Besessenheit ist eine sonderbare und mächtige Kraft«, gab Nick ihm recht. Er schloss die Ladentür. »Sie bringt Menschen dazu, Dinge zu tun, die Logik und
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