Ungezaehmte Leidenschaft
Absicht ist. Er kommt aus einer anderen Welt.«
»Ich verstehe. Aber wirklich, Charlotte, warum sollte ich mein Herz noch hüten? Ich kann mich den Rest des Lebens von einer unglücklichen Liebesaffäre erholen.«
»Hm.« Charlotte nickte verständnisvoll. »Du hast recht. Wenn es aus ist, bleiben dir aufregende Erinnerungen, während mir nur aufregende Erinnerungen an meine Termine bei Dr. Spinner für mein einsames Alter bleiben.«
»Vorausgesetzt, du bekommst keinen tödlichen Stromstoß.«
Charlotte überlief ein Schaudern. »Ein beunruhigender Gedanke, findest du nicht?«
»Das ist die Aussicht auf ein gebrochenes Herz auch. Aber das überlebt man zumindest, nach allem, was man so hört. Die angenehme Seite daran ist, dass es immer Ärzte geben wird, die Behandlungen gegen weibliche Hysterie anbieten. An die kann ich mich wenden, wenn meine Beziehung zu Mr. Sweetwater ihr unausweichliches Ende findet.«
»In Anbetracht der staunenswerten Fortschritte moderner Medizin dürfen wir uns zweifellos auf zahlreiche elektrische medizinische Geräte freuen.«
»Zweifellos.«
Sie sahen sich an. Einen Moment lang sagte keine der beiden ein Wort, ehe beide wie so oft in Lachen ausbrachen.
»Ah, Charlotte, was würde ich ohne dich machen?« Virginia holte ein Taschentuch hervor und wischte sich die Tränen aus den Augen.
»Du würdest mir mehr fehlen als ich dir«, sagte Charlotte, wieder ganz ernst. »Bist du ganz sicher, dass deine Affäre mit Mr. Sweetwater unglücklich enden wird?«
»Es ist das wahrscheinlichste Ende.«
»Aber ihr beide habt so viel gemeinsam.«
Virginia legte die Stirn in Falten. »In welcher Hinsicht?«
»Mir fällt auf, dass eure Talente sich ähneln.«
»Er jagt psychische Mörder. Ich sehe Verstorbene in Spiegeln. Wie können diese Talente sich ähneln?«
»Sie ergänzen sich, wenn du verstehst, was ich meine. Wenn man es recht bedenkt, seid ihr beide ein sehr gutes Team.«
»Um Himmels willen, Charlotte, ich würde doch nie wollen, dass Mr. Sweetwater mich heiratet, nur weil wir ein gutes Ermittlungsteam sind. Das wäre mir nicht genug. Du und ich haben diese Sache diskutiert. Wir haben unseren Entschluss am Abend meines sechsundzwanzigsten Geburtstags gefasst. Wir werden aus Liebe heiraten oder gar nicht.«
Charlotte schnitt eine Grimasse. »Damals erschien es uns als moderne, sehr romantische Idee. Aber hin und wieder frage ich mich, ob wir nicht vielleicht zu voreilig waren.«
»Schluss mit diesem bedrückenden Thema. Reden wir von etwas anderem.«
»Zum Beispiel?«
»Ich denke, es gibt jemanden, der etwas Licht in diese Ermittlung bringen kann.«
»Wer?«
»Lady Hollisters Gesellschafterin«, sagte Virginia. »In den letzten Tagen ist so viel passiert, dass wir sie beinahe vergaßen.«
»Warum ist sie wichtig?«
»Sie war vielleicht die Letzte, die Lady Hollister lebendig gesehen hat.«
Charlotte warf einen Blick auf die Ausgabe des Flying Intelligencer auf dem Tisch. »Laut sämtlichen Pressemeldungen wurde Lady Hollisters Leichnam angeblich von einer Haushälterin gefunden. Das übrige Personal war am Morgen nach deiner Entführung entlassen worden.«
»In diesem Fall müsste die Gesellschafterin auf Stellensuche sein.«
»Ja.« Charlottes Augen weiteten sich vor Erregung. »Wenn du willst, ziehe ich Erkundigungen bei einschlägigen Agenturen ein. Es könnte eine Weile dauern, doch es dürfte nicht allzu schwierig sein, Lady Hollisters Vertraute zu finden.«
»Eine ausgezeichnete Idee«, sagte Virginia. »Wann kannst du anfangen?«
Das Klingeln der Glocke über der Ladentür unterbrach sie. Sie drehte sich um und sah Owen eintreten, von einer unsichtbaren Kraft getragen, wie ihr schien. Wie immer erregte seine Anwesenheit sie, daneben regte sich ein Gefühl der Erkenntnis.
Ihm folgte ein großer, schlaksiger Gentleman, der dringend einen Haarschnitt gebraucht hätte. Der langhaarige Mann trug einen teuren, aber arg verknitterten Anzug, seine Krawatte war nachlässig geknotet.
»Einen guten Nachmittag, meine Damen«, sagte Owen. Er blieb mitten im Raum stehen und neigte den Kopf förmlich in Charlottes Richtung. »Miss Tate, nehme ich an?«
Virginia fielen ihre Manieren ein. »Das ist Mr. Sweetwater, Charlotte.«
Charlotte starrte Owen fasziniert an. »Ja, ich weiß. Sie sind allen Leybrook-Praktikern ein Begriff, Sir.«
Owen schien amüsiert. »Miss Dean warnte mich schon, dass dies der Fall sei.«
Charlotte errötete. »Sie haben in unserer Welt einen
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