Ungezaehmte Leidenschaft
und zwang sich, sie anzusehen. Er wusste nicht, ob er es noch einmal ertrug, sie leiden zu sehen. Erleichterung durchströmte ihn, als er feststellte, dass nur drei tiefe Schnitte auf ihrer Haut zu sehen waren. Der Fluch war unterbrochen worden, nachdem er dafür gesorgt hatte, dass sie das Bewusstsein verlor. Dieses Mal.
Heilige Göttin! Er wollte doch nur, dass sie in Sicherheit war. Er drehte sich zum Zauberer um, und in ihm kämpfte Eifersucht mit dem sehnlichen Verlangen, sie zu beschützen. Es war schließlich nicht so, dass er sie für sich behalten konnte. Auch wenn er es gern gewollt hätte. Für sie wäre es besser, wenn sie hierbliebe, wo Birik und Inir sie niemals finden würden.
»Was ist passiert?«, fragte Ezekiel, der die Tür aufhielt, als Paenther mit Skye auf den Armen hereinstürmte.
»Der Schamane hat ihren Zauber in Fesseln gelegt, damit er nicht mehr auf die Bewohner des Hauses der Krieger wirkte. Und Birik hat ihren Cantric mit einem Bann belegt, der dafür sorgt, dass sie blutet, wenn sie das Ritual nicht durchführt.«
»Verdammt mögen sie sein, alle beide«, knurrte Ezekiel, »aber besonders dieser misstrauische Therianer. Er hätte ihr doch nur in die Augen zu schauen brauchen, um zu sehen, dass sie reinen Herzens ist.«
»Kannst du die Fesseln von ihrem Zauber nehmen?«
Der alte Magier sah Skye an, dann schüttelte er den Kopf. »Ich mag dazu vielleicht einmal in der Lage gewesen sein, aber ich … nein. Jetzt verfüge ich nicht mehr über diese Art von Kraft.«
Paenther stand mitten in der Küche, als er sich zu dem alten Zauberer umdrehte. »Kann sie hier bei dir bleiben? Wirst du dafür sorgen, dass sie in Sicherheit ist?«
»Für wie lange?«
Die Worte, die Paenther mit seiner Zunge bildete, fühlten sich wie Kieselsteine in seinem Mund an. »Für so lange, wie du es zulässt. Für immer.«
Ezekiel musterte ihn neugierig. »Sie ist deine einzige echte Chance, Krieger. Sobald dieser verdammte Schamane die Fesseln von ihrem Zauber genommen hat, sollte sie eigentlich in der Lage sein, dir dabei zu helfen, dich wieder mit deinem Tier zu verbinden. Ich fürchte, dass deine Tage ohne sie gezählt sein werden.«
»Ich werde schon zurechtkommen. Für sie gibt es dort draußen nichts. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich für ihre Sicherheit sorgen kann.«
»Du schützt sie auf deine eigenen Kosten, aber liebst sie nicht?«
»Ich will nur … dass ihr nichts passiert. Sie ist so verdammt zerbrechlich.«
Der Zauberer lachte. »Sie mag so zart wie eine Pusteblume wirken, aber sie ist stark, Krieger. Das weißt du so gut wie ich. Ich glaube nicht, dass sie dir so viel bedeuten würde, wie es jetzt der Fall ist, wenn du nicht eine Stärke in ihr spüren würdest, die es mit deiner aufnehmen kann.«
Ezekiel bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick, und die Weisheit von Jahrhunderten strahlte aus seinen Augen. »Wisse, Krieger, zusammen seid ihr stärker, als jeder von euch es je für sich allein sein kann.«
*
Es war bereits weit nach Mitternacht, als sie an dem Strandhaus im Süden von Nags Head ankamen, das dem Schamanen gehörte. Zwar brannte kein Licht im Haus, doch es wirkte trotzdem nicht abweisend. Im Mondlicht flatterte fröhlich ein bunter Windsack auf dem Dach in der frischen Brise. Das Haus stand auf den auch hier notwendigen Stelzen und besaß zwei Stockwerke, die mit grau verwittertem Holz verschalt und jeweils mit umlaufenden Balkonen versehen waren.
Erschöpft und bitter enttäuscht, dass das Ritual nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hatte, schaute Skye zu dem Haus auf. Sie hatte gedacht, endlich einen Sinn für ihre Gabe gefunden zu haben, doch nichts in ihrem Leben schien bestimmt, in den richtigen Bahnen zu verlaufen.
Paenther parkte das Auto auf der dafür vorgesehenen Fläche unter dem Gebäude. Eigentlich hätte sie sich am liebsten zusammengerollt und geschlafen, aber sie hatte Angst, dass Birik ihr wieder einen Albtraum schickte.
Noch mehr als Schlaf brauchte sie Freiheit. Sie wollte den Wind spüren.
Als Paenther ihre Tür öffnete, sah sie in sein zerfurchtes Gesicht auf. »Ich würde gern eine Weile draußen bleiben, wenn das in Ordnung ist.«
Er hielt ihr die Hand hin und half ihr aus dem Wagen. »Es wäre schön, wenn du mir dabei helfen würdest, mich wieder in mein Tier zu verwandeln, ich muss laufen. Wir können zum Strand runtergehen.«
Sie lächelte. »Ich helfe dir dabei, dich in dein Tier zu verwandeln, und dann laufen wir beide
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