Ungezaehmte Nacht
weiß allerdings nicht, wie sie das ohne einen Mann bewerkstelligen soll«, fügte sie besorgt hinzu.
»Ist Don DeMarco darüber informiert worden? Die Frau wird Arbeiter zur Unterstützung brauchen.« Isabella berechnete im Geiste schon, wie viel Hilfe die Witwe benötigen würde, um ihre Familie zu erhalten.
»Don DeMarco ist bei Besprechungen mit Don Rivellios Männern. Betto ist in den Besucherquartieren und Sarina in der Küche, um der Köchin beim Vorbereiten der vielen Mahlzeiten zu helfen. Ich wusste nicht, zu wem ich sonst gehen sollte«, jammerte Brigita. »Aber Ihr werdet der Frau doch helfen, Signorina? Ich konnte sie nicht einfach wieder fortschicken.«
»Natürlich konntest du das nicht«, stimmte Isabella ihr zu.
Brigita führte sie in einen kleinen Raum in der Nähe des Dienstboteneingangs. Das Gesicht der Witwe, die dort wartete, war immer noch vom Schock gezeichnet. Sie war dünn und sah müde und hoffnungslos aus. Sie knickste mehrmals und brach in Tränen aus, als sie Isabella sah. »Ihr müsst mir helfen, den Don zu sprechen, Signorina! Ich habe nichts zu essen für meine Kinder. Ich bin Signora Bertroni. Bitte, Ihr müsst mir helfen! Bitte, bitte, helft mir, Signorina! « Sie ergriff Isabellas Arm und jammerte noch lauter.
»Brigita, bring uns Tee, und sag der Köchin, sie soll auch einen Teller Honigplätzchen dazustellen! Lass dir von Sarina den Schlüssel zur Vorratskammer geben, und schick so schnell wie möglich zwei Diener dorthin!«, sagte Isabella und half der Frau auf einen Stuhl.
Nach einem kurzen Knicks verschwand Brigita. Isabella kondolierte der weinenden Witwe und sprach beruhigend auf sie ein, bis die Dienstmagd mit dem Tee kam. »So, und jetzt trinken Sie Ihren Kräutertee und hören auf zu weinen, Signora Bertroni. Wir müssen uns an die Arbeit machen, wenn wir Ihr Gehöft für Ihre Söhne retten wollen. Wischen Sie sich die Augen ab und lassen Sie uns mit der Planung Ihrer neuen Zukunft anfangen!«
Isabellas entschiedene Worte und ihr ruhiger Ton setzten dem haltlosen Weinen der Frau ein Ende. »Wo ist Ihr ältester Junge? Ist er alt genug, um Ihnen zu helfen?«
»Er wartet draußen bei den Kleinen.«
»Brigita wird sich um die jüngeren Kinder kümmern, während ich mit Ihnen und Ihrem Ältesten zur Vorratskammer gehe, um Nahrungsmittel zu besorgen. Zwei unserer Männer erwarten uns dort schon, um Ihren Wagen zu beladen. Ich werde Ihnen auch Arbeiter schicken, die Ihre Felder bestellen, wenn es so weit ist, und Ihr Ältester kann mit ihnen zusammenarbeiten und von ihnen lernen.«
» Grazie, grazie, Signorina! «
In ihrer Eile, ihre Aufgabe zu vollenden, nahm Isabella sich nicht einmal die Zeit, ihren Umhang umzulegen, bevor sie ins Freie ging. Graue Wolken ballten sich am Himmel zusammen und warfen dunkle Schatten auf das Land. Der Wind zerrte an ihrem dünnen Kleid, peitschte ihr Haar und betäubte mit seiner Kälte ihre Finger.
Die Vorratskammern befanden sich in einiger Entfernung vom Palazzo, aber noch immer innerhalb der Außenmauer. Isabella schaute sich nach ihren beiden Wachen um, erinnerte sich dann jedoch, sie in die Küche geschickt zu haben, um Sarina zur Hand zu gehen. Da auch Brigita nicht mitgekommen war, hatte sie niemanden, den sie zurückschicken konnte, um ihre persönlichen Wachen oder ihren Umhang zu holen. Seufzend fand Isabella sich mit der Kälte und einer Standpauke von Don DeMarco ab, wenn ihre Wachen ihm berichteten, dass sie nicht wie versprochen in ihrem Zimmer geblieben war.
Die Vorratskammern befanden sich in einem riesigen, lang gestreckten Gebäude, das nicht viel niedriger als die Außenmauer war. Die beiden Diener warteten schon, als Isabella und Signora Bertroni auf sie zueilten.
Es dauerte eine Weile, genügend Laternen und Öllampen zu finden, um die höhlenartigen Vorratskammern ausreichend zu erhellen, damit sie die Vorräte heraussuchen konnten. Als sie Licht hatten, wies Isabella die beiden jungen Männer und Signora Bertronis ältesten Sohn an, Getreide und Dörrobst in ausreichenden Mengen zusammenzupacken und auf den Wagen zu verladen. Vorher notierte sie jedoch jedes Teil auf einem Stück Pergament, um es später Don DeMarco auszuhändigen. Die Aufgabe dauerte länger als erwartet, und es war schon dunkel geworden, als der Wagen endlich beladen war.
Isabella merkte erst, wie furchtbar kalt ihr war, als sie in das Gebäude zurückkehrte, um die Lampen zu löschen. Und da kroch es herein … Langsam und heimtückisch
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