Ungezaehmtes Verlangen
Stockwerks. Wir haben sie seit dem letzten Krieg gegen die Magier, kurz nachdem das Haus errichtet wurde, nicht mehr verwendet.«
Lyon brummte, als er ein Stück Schinken aufspießte.
»Wenn wir allerdings so weitermachen, sind die Zellen vielleicht bald voll.«
Sie aßen eine Weile schweigend, und Karas Gedanken kehrten zu Wulfes Vorwürfen zurück. Und zu Pink. Hatten sie damit recht? War sie wirklich so wichtig … für die Welt ? Sie war immer davon ausgegangen, dass sie die Gestalt wandeln wollten, weil es ihnen … nun einmal Spaß machte. Und wenn sie angedeutet hatten, dass es um mehr als dies ging … um viel mehr …, dann hätte sie es nicht hören wollen. Sie war noch nicht so weit gewesen. Sie wusste auch immer noch nicht, ob sie jetzt dazu bereit war. Aber Wulfes Verhalten von vorhin hatte ihr keine Wahl gelassen. Und diesmal hatte sie ihn klar und deutlich verstanden.
Schließlich kehrten die vier Männer ohne Wulfe zurück. Sie hatten sich umgezogen und das Blut abgewaschen.
Tighe lächelte Lyon an und nahm Kara gegenüber Platz. »Schön, dass du dich zu uns gesellst, Leu.«
Lyon nickte mit ernster Miene. »Geht es Wulfe besser?«
»Nein. Er ist immer noch … ganz außer sich.« Tighe sah Lyon besorgt an. »Er ist wie ein wildes Tier. Es scheint so, als hätte seine Bestie vollkommen die Kontrolle über ihn gewonnen. Der Mann in ihm ist überhaupt nicht mehr zu erkennen.«
Paenther setzte sich auf Karas andere Seite. »Wie schnell können wir Kara inthronisieren?«
»Bald. Ich übernehme persönlich die Vorbereitung. Wenn sie so stark ist, wie Hawke sagt, dann dauert es keine Woche.«
»Der Göttin sei Dank!«, stieß Paenther hervor.
Während sich die Männer wieder ihrem Mahl zuwandten, stocherte Kara in ihrem Essen herum und dachte über das nach, was sie bislang von ihrer Rolle verstanden hatte.
Offenbar war sie so eine Art Transformator für die Krieger. Wenn Wulfe recht hatte, würde sogar Spearsville in Schwierigkeiten geraten, sollte sie versagen. Diese Vorstellung beschämte sie. Sie war so mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass sie keinen Gedanken daran verschwendet hatte, was ihre Flucht für alle anderen bedeutete.
Aber – Gott im Himmel! – sie konnte doch so nicht leben, nicht wenn ihr ständig das Herz aus der Brust zu springen drohte. Aber vielleicht gab es einen Grund dafür, und Lyon konnte ihn herausfinden und beseitigen. Oder sie konnte es sogar selbst herausfinden, wenn es nicht verschwand, nachdem sie den Thron bestiegen hatte.
Wie auch immer, es spielte keine Rolle. Sie musste bleiben.
So seltsam es sich auch anhörte, von ihr hing das Schicksal der ganzen Welt ab.
Miss Kara MacAllister. Vorschullehrerin. Strahlende .
Und eine Kraftquelle für die Retter der Welt.
11
»Du spürst doch meine Angst, oder?«
Als Kara nach dem Mittagessen mit Lyon zurück zu den Wasserfällen fuhr, klammerte sie sich am Türgriff fest, so rasant sauste Lyon um die Kurven. Sie kam sich wie auf einer Achterbahn vor.
Kurz hob er den Blick von der Straße und sah ihr in die Augen. »Ja, das kann ich.«
»Hast du gemerkt, dass sie immer schwächer wird, je weiter wir uns von dem Haus entfernen?«
»Unser Verstand hat sehr viel Einfluss, Kara. Wahrscheinlich verbindest du schlechte Gefühle mit diesem Ort. Deinen Kummer über den Tod deiner Mutter. Die Albträume.«
Stirnrunzelnd sah Kara ihn an. »Du denkst, ich wäre verrückt.«
Er sah ihr in die Augen und verzog entschuldigend den Mund. »Nicht verrückt.«
»Verwirrt.«
»Vielleicht ein bisschen durcheinander von all den aufreibenden Erlebnissen.«
»Auch wenn ich mich auf einmal besser fühle, sobald ich das Haus verlasse?«
Lyon zuckte mit den Schultern. Seine dichten goldfarbenen Haare fielen auf die breiten Schultern. Er hatte sich nach dem Mittagessen umgezogen und trug nun ein rostbraunes Seidenhemd. »Sobald wir dich inthronisiert haben, wird alles gut werden. Du wirst schon sehen.«
»Gut?« Sie konnte sich aber nicht vorstellen, dass das Leben mit Vhyper jemals gut sein würde. Doch sie wollte jetzt nicht an ihn denken.
Sie versuchte sich immer noch mit der seltsamen Tatsache anzufreunden, dass sie so überaus wichtig für die Welt war. Wenn sie bei den Unsterblichen und Gestaltwandlern blieb, sollte sie wohl allmählich anfangen, sich auch damit zu beschäftigen.
»Erzähl mir mehr über die Therianer, Lyon. Warum gab es Krieg zwischen euch und den Hexern?«
»Zuletzt, weil sie einen meiner
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