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Ungezogen

Ungezogen

Titel: Ungezogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsay Gordon
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undurchdringlich. Aber letztlich bin ich froh, keine männliche Schadenfreude oder Selbstgefälligkeit zu entdecken. Wenn überhaupt, dann sieht er etwas sorgenvoll aus, ein wenig verwirrt.
    Ich lege die Hand auf die Türklinke und bereite mich auf die intensiven Spekulationen des Bürovolks vor. Edward öffnet den Mund, aber ich lasse ihn erst gar nicht zu Wort kommen.
    »Pass auf, du sagst jetzt gar nichts. Es war einfach ... Wie heißt es doch in einem dieser Songs? Ich will nicht behaupten, dass ich das hier vergesse, aber es war ein Ausrutscher. Ein kurzes Vergnügen und nicht mehr.«
    Es hört sich wie Geplapper an, ein wenig zu vehement. Edward sieht mich an und presst den Mund zusammen.
    »Okay, Jane, wie du willst. Du weißt doch, der Gentleman genießt und schweigt. Mach dir also keine Sorgen.«
    Er schwingt sich in einen Stuhl vor den Computer.
    »Ich will das Bild hier ein wenig bearbeiten, damit es besser aussieht und weniger ...« Seine weichen Brauen zucken kurz. Nicht irritiert und nicht missvergnügt. »... verdächtig.«
    Ich kann ihn nicht länger ansehen. Ich greife nach der Klinke und mache, dass ich wegkomme.
    Aber später zu Hause muss ich immerzu an seinen merkwürdigen Gesichtsausdruck denken.
    Habe ich eine unwiederbringliche Chance verpasst? Ich werde es nie erfahren. Dazu ist es zu spät. Ich habe mein Pulver verschossen. Alle Computerarbeiten werden in wenigen Wochen abgeschlossen sein. Ich denke, dass ich die höfliche, freundliche Das-hat-niemals-stattgefunden-Show abziehen kann, bis er weg ist. Unseren ausgedehnten, vorübergehenden Aufenthalt in diesem Büro gab es gar nicht, davon sind alle überzeugt. Keiner der Kollegen schien es bemerkt zu haben. Sollte es doch so sein, so ließ es sich niemand anmerken oder grinste süffisant.
    Und jetzt stehe ich hier in meinem Morgenmantel, sehe mir über die Schulter und betrachte mein Hinterteil. Nur noch schwache Beweise des heutigen Nachmittags sind zu erkennen.
    Keine Röte. Keine Schmerzen. Nur ein paar makellose Rundungen, ein wenig zu plump vielleicht. Ich imitiere mit meinen Fingern seine Bewegungen und klapse ein wenig auf meinen Po, so wie Edward es getan hat. Ich berühre mich zwischen den Beinen, genau so wie er es machte, bevor er mich mit seinem Schwanz beglückte.
    Immerhin hat mir unsere Eskapade eine Menge Masturbations-Stoff für die nächsten Monate geliefert. Nicht jetzt. Ich glaube, jetzt brauche ich ein Glas Wein.
    Aber als ich in den Kühlschrank greife, klingelt es an der Haustür.
    Ich weiß nicht, warum, aber mein Herz macht tack, tack, tack.
    Ich öffne die Tür, mir fällt die Kinnlade nach unten, und mein Herz singt, und das alles zur gleichen Zeit.
    »Sieh mal«, sagt er ohne große Einführung und drückt mich dabei zurück in den Flur. »Ich genieße und schweige ... Aber ich erlaube mir keine Ausrutscher. Und wenn du annimmst, dass ich ein solcher Macho wäre, dann gehörst du noch einmal versohlt.«
    Bevor ich protestieren kann, küsst er mich heftig und streicht durch meinen Morgenmantel über meinen Hintern.
    Aber wer bin ich, um mich darüber zu beschweren. Ich und Ausrutscher? Und für die Zukunft: Ich bin viel zu abgelenkt, um mich darüber aufzuregen.

Straßenkatzen
    Jennie Treverton
    Dieses Nachtcafé liegt im Zentrum der Stadt und versteckt sich zwischen all den
    Einzelhandelsgeschäften und Pubs, die als Theater genutzt werden. Es wird seit drei Generationen von einer italienischen Familie geführt. Auf den Tischen liegen gelbkarierte Plastikdecken, und jeden Tisch ziert ein Topf mit einem künstlichen Alpenveilchen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt am Nachmittag verschwinden sie und werden durch leere Chiantiflaschen ersetzt, die als Kerzenhalter dienen. Sie sind mit einem dicken Wachsmantel bedeckt. Gegen halb elf abends verschwinden auch die. Dann bleiben die Tische nackt, bis auch der letzte Besoffene gegangen ist und die Alpenveilchen wieder ihren Platz einnehmen.
    Ich bin, was man eine Stammkundin nennen kann.
    Vor einigen Wochen war ich hier und traf den erstaunlichsten Mann, den man sich vorstellen kann.
    Die Wände des Cafés haben eine Farbe und Textur, die der Haut auf kaltem Porridge in einer Schüssel gleicht, und sind mit gerahmten, verblichenen Landschaftsbildern bestückt. Windmühlen und Bauern bei der Heuernte. Hinter dem Tresen prangt ein schwarzweißes Foto des Familienpatriarchen, Matteo Nerone. Darauf lässt er sein Weinglas an das eines britischen Filmstars klingen, der hier zu

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