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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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Gesicht, so zerkratzt und zerrissen von ihren Fingernägeln. Schartige Wunden bis auf den Knochen. Die erstaunliche Menge Blut, die so kleine Adern enthalten konnten.
    »Ich bin hier, Bethany«, sagte ich. »Hook ist hier.«

7
    P olly Sutter war eine kleine, braunhaarige Frau um die vierzig mit zwei schwarzen Muttermalen an der Schläfe, so groß wie Vierteldollarstücke. Sie trug eine lange schwarze Jacke, fast so lang wie ihr schwarzer Faltenrock. Sie roch genau wie eine Camel-Zigarette.
    »Wie geht’s?«, fragte sie und nickte voller Beileid, als wüsste sie, was ich sagen würde.
    »Okay.«
    »Gut besucht gestern Abend? Viele Leute? Alles gut gelaufen?«
    Heute sollte die zweite und letzte Abschiedsstunde mit Mom und Pop im Bestattungsinstitut von Polly und Dick Sutter stattfinden. Sie waren Geschwister, Nachkommen des verstorbenen Richard Sutter, des ursprünglichen Eigentümers des Instituts, der ein Buch über Virginia-Schinken geschrieben hatte. Es hieß Salz: Fleisch frisch halten ohne Eis. Am Abend der ersten Aufbahrung hatte Polly ein Date gehabt, und sie brannte jetzt auf Neuigkeiten.
    »Es war okay.«
    »Und heute Abend? Viele?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Das Leben«, sagte sie und zündete sich eine Zigarette an der letzten Glut der vorigen an, »das Leben ist eine komische Sache. Wir gehen durch Höhen und Tiefen, Winter und Sommer, aber irgendwo, manchmal, ist es gut. Ich möchte, dass Sie an all diese guten Zeiten denken.«
    Polly hustete. Es war ein feuchtes Rumpeln tief in ihrem Innern.
    »Herrgott im Himmel.« Sie hustete noch einmal und betrachtete ihre Zigarette. »Ich muss damit aufhören.«
    Ich sah Polly an und fragte mich, ob Dick seine Schwester zurechtmachen würde, wenn ihre Zeit gekommen wäre. Ich fragte mich, ob Dick und Polly ihren Vater zurechtgemacht hatten.
    Tante Paula und Onkel Count standen neben mir zu Füßen von Mom und Pop, und wir schüttelten den Leuten, die nacheinander vorbeigingen, die Hände. Die meisten waren Freunde aus der Schule, von den Freimaurern, aus der Kirche oder vom Baseball, aber ein paar Feinde waren auch da, zum Beispiel Mr. Mayeo, der einen Zwinger voll kläffender Köter hatte, und Mr. Viera mit seinem Akkordeon und sogar die schreckliche Liz Fox, die Mom aus dem Altardienst in die Gesangbuchverteilung verdrängt hatte. Alle kamen. Alle kommen, wenn man stirbt. Der alte Jimmy Boylston kam.
    Jimmy hatte ganz früher mit meinem Pop gespielt. Er war viel älter als seine Mannschaftskameraden, aber er hatte Mumm, sagte Pop. Man musste ihn respektieren. Jimmy lebte jetzt bei der Familie seines Sohnes und war eine ungeheure Last. Er trug den ganzen Tag eine Baseballkluft, einschließlich der beschlagenen Schuhe, und oft, wenn er das Gefühl hatte, er habe genügend Vorsprung und die Konzentration des Werfers lasse nach, dann rückte Jimmy Boylston zum nächsten Base in der Küche vor. Wenn man Jimmys Sohn war, Jimmy jr., oder die Frau seines Sohnes, fand man diesen Run and Slide nicht besonders komisch. Baseball bedeutete für Jimmy Boylston Leben und Tod. Es war alles für ihn.
    Das Ganze lief dann so ab: Jimmy saß im Fernsehzimmer und guckte seine Soap, und irgendetwas setzte ihn in Gang. Er stand langsam auf, schaffte sich einen kleinen Vorsprung und duckte sich. Wenn man ihn dabei noch erwischte, konnte man ihn überreden, sich wieder in seinen Ruhesessel vor dem Fernseher zu setzen. Aber wenn er Zeit hatte, sich startbereit zu machen, war man erledigt. Wenn er bei den alten Providence Steamrollers das nächste Base stahl – und auch später in Pops Club Socony -, war er immer mäuschenstill, bis er dann für eine Sekunde explodierte. Er stieß ein wildes »Jaaaaa!« aus, das über fünzehn, zwanzig Meter anhielt. Das Alter hatte Jimmy seine Schnelligkeit geraubt und diesen draufgängerischen, blitzschnellen Hals-über-Kopf-Spurt aus seinem Arsenal gestrichen, aber dieses elektrisierte »Jaaaaa!« hatte die Zeit nicht einrosten lassen. Vom Fernsehzimmer durch das Wohnzimmer bis zu den weißlichen Fliesen mitten in der Küche schloss die Zeit sich zu einem Kreis.
    »Oh, fuck. Ja, verdammt. Shit, wirklich«, stammelte Jimmy und drückte mit beiden Händen meine Hand. Sein graues Baseball-Trikot hatte dünne roten Streifen. Es war ausgebeult und abgetragen, aber frisch gewaschen. Er hatte die Hose sehr hoch gezogen und die roten Strümpfe auch. Sein Kopf schien in der blauen Steamroller-Kappe zu schwimmen.
    »Gottverdammte Scheiße, fuck«,

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