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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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auf dem Parkplatz. Die Stille war ein ganz eigenes Ding. Ich erinnere mich an die Nacht, in der ich als Soldat so schlimm verwundet wurde. Ich und dieser kleine Puerto-Ricaner saßen auf einem Baumstumpf am Rand eines Sumpfes, wo der Kompaniechef unseren Zug Quartier hatte aufschlagen lassen. Es war laut da, als ob die Insekten Trommeln und Trompeten hätten. So laut, dass man, selbst wenn man hätte schlafen können – und wir schliefen da draußen nachts niemals -, aber selbst wenn man hätte schlafen können, hätte man es nicht gekonnt. Ich musste pinkeln, und ich pinkelte in das sumpfige Wasser, und da – das ist wirklich wahr – waren die Käfer und das ganze Viehzeug, das da überall im Sumpf herumkroch, nicht bloß da, wo wir lagen, plötzlich still. Es war genau die gleiche Stille, und sie war, wie gesagt, ein Ding, ein greifbares Ding.
    Der kleine Puerto-Ricaner hieß Orlando Cepeda, genau wie der Baseballspieler. Er wurde erschossen und war sofort tot. Keine Zeit zum Weinen oder so was. Und was war passiert? Sie hatten mich pinkeln gehört. Sie hörten mich, und sie ballerten einfach mit allem, was sie hatten, in die Richtung des Pinkelns. Sieben verschiedene Arten von Geschossen waren unter den sechzehn, die die Ärzte mir aus Oberschenkel und Hintern und Brust holten. Ich werde nervös, wenn es sehr still wird. Es ist schwer zu erklären, aber wenn ich es mit einem Satz zusammenfassen müsste, würde ich sagen, wenn es sehr still wird, kriege ich immer das Gefühl, ich habe etwas Schlechtes getan.
    Ich drückte die Zigarette aus und schraubte die Bierflasche zu. Bald würde ich pinkeln müssen, aber ich wusste, ich konnte das Klo bei Polly und ihrem Bruder benutzen. Diese Stille kam immer wieder heran wie eine Welle. Ich wandte mich von dem Buick ab und schaute durch das Fenster zu Tante Paula und Count hinein. Immer noch kamen die Leute. Die Kondolenzreihe nahm kein Ende. Mein Kragen war mir zu eng, ich konnte nicht klar denken, und mein Mund war so trocken. Manchmal wird mein Mund so trocken.
    »Smithy«, rief sie, und ich bekam einen Schrecken. Langsam drehte ich mich um und sah Bethany, die in der hintersten Ecke des Parkplatzes posierte. Ihr Haar wehte leicht im Abendwind. Sie hatte die Arme über den Kopf gestreckt, und die gespreizten Finger deuteten zu den ersten Sternen hinauf.
    »Smithy«, rief sie noch einmal.
    »Ich bin hier. Hook ist hier.«
    »Ich bin hinter dir.«
    Ich wollte mich umdrehen und wandte mich dann wieder zu Bethany zurück. Aber Bethany hatte sich in den kleinen Ahorn in der hintersten Ecke verwandelt, und ihr schwarzes, wehendes Haar war nichts als nächtliches Laub. Das ist wahr. Das kommt vor. Ich bin ihr auf Flüssen gefolgt und habe sie an Zimmerdecken im Krankenhaus gesehen. Es ist die Deutlichkeit, die mich daran beunruhigt, und dann wieder beunruhigt mich genau diese Deutlichkeit gerade nicht. Ich sehe sie. Ich sehe ihre Arme und Finger und ihr schweres Haar, aber es ist ein Geist, jung und wahr. Manchmal sehe ich mich selbst, wie ich auf meinem Raleigh zu ihr fahre. Manchmal sehe ich meine eigenen Träume in der Dunkelheit.
    »Smithy?«
    Ich drehte mich um. Der Rollstuhl blitzte im Licht, das aus dem Bestattungsinstitut kam. Norma Mulvey saß mit trotzigem Blick da. Ihre Augen sahen zugewachsen aus. Sie waren immer noch hellgrün, aber sie beherrschten ihr leicht sommersprossiges Gesicht nicht mehr. Ihr rotes Haar war kurz geschnitten und lag dicht am Kopf. Norma sah jung aus. Schon mal erlebt, dass Sie einen jungen Menschen sehen und den Bauch einziehen wollen? Ich zog ihn ein, aber er hatte sein eigenes Leben zu leben, und das tat er auch.
    »Ich bin Norma Mulvey«, sagte sie, und ihre Hände lagen auf den beiden großen schwarzen Rädern.
    »Ich weiß.«
    »Es tut mir Leid, Smithy.«
    »Ich weiß.«
    »Bea ist da drin.« Norma deutete auf das Bestattungsinstitut. Sie nannte Bea immer »Bea«, schon als Kind. Daran erinnerte ich mich.
    »Bea gibt ihnen die letzte Ehre. Aber ich wollte Mom und Pop nicht im Sarg sehen. Ist das okay?«
    »Natürlich. Ich zünde mir eine Zigarette an, okay?«
    »Ich werde nicht explodieren.« Sie lachte.
    »Ich wollte sagen … du weißt schon, die Leute und das Rauchen, das ist manchmal …«
    »Es war ein Scherz.«
    »Ich weiß.«
    Norma rollte zu einem blauen Van, der quer auf zwei Parkplätzen stand.
    »Das ist meiner«, sagte sie und klopfte an die Fahrertür. »Der kleine Hebel hier macht die Tür auf, und ein anderer Hebel

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