Unglaubliche Reise des Smithy Ide
aufgerichtet und allein saß sie im Licht des Korridors. Ich schaute quer durch den kalten Raum und sah, dass der Zementboden glitzerte, als sei er nass. Durch den Raum schauten wir einander an. Sie trug Bluejeans und einen grünen Pullover. Ihr Haar war wieder kurz. Ihre Augen glitzerten auch, aber sie waren nicht hart wie der Boden. Ich wollte ihren Namen sagen, aber ich konnte nicht.
Schließlich sagte sie: »Ich komme, Smithy. Ich komme zu dir.«
Ich sah Bethany an und dann wieder Norma.
»Nein. Bitte, Norma.«
Norma nahm die Hände von den Rädern ihres Rollstuhls und legte sie in den Schoß. Dann sagte sie mit all ihrem Trotz: »Ich bleibe hier. Ich rühre mich nicht von der Stelle.«
Ich bin mir über mein Gesicht nicht im Klaren. Ich meine, was es tut. Manchmal fühle ich, dass ein Lächeln darüber hinweghuscht, aber in vieler Hinsicht erscheint es nicht wie ein Lächeln. Ich sah Norma an und beugte mich dann über meine Schwester.
»Ich liebe dich, Bethany. Hook wird immer hier sein.«
Ich küsste die Fremde mit den Zähnen meiner Schwester und schloss den Sargdeckel. Langsam, mit weichen Knien, ging ich durch den Raum zu Norma. Es schien sie nicht zu überraschen, dass ich so dünn geworden war oder dass ich einen Bart hatte und Perlen in den Haaren. Ich trat hinter sie und zog sie aus der Tür. Larry Ho wartete im Korridor. Er schaltete das Licht aus, schloss die Tür ab und ging mit uns zurück zum Aufzug.
»Einäscherung ist okay«, sagte ich.
»Ja«, sagte er.
»Ich kann Sie anrufen und Ihnen die nötigen Informationen geben.«
»Ja.«
Ich schob Norma aus dem Büro und eine Rampe hinunter. Ich schob sie über den Kreisverkehr und zum Radweg. Ich schob sie vorbei an den Jongleuren und Händlern und Bodybuildern und Basketballspielern und Ein-Mann-Kapellen. Ich schob sie schnell, und dann rannte ich. Über dem Strand stiegen Drachen in die Höhe und kurvten Seite an Seite durch die Luft, und auch Bethany flog dort, nur von einer Schnur am Boden gehalten, und sie kreiste und kurvte und riss sich schließlich von uns los, und die Schnur wehte hinter ihr her. Ich hörte auf zu laufen und sah meiner Schwester nach, als sie in den klaren Abendhimmel hinaufstieg. Norma blickte geradeaus, aber ihre Hand flog über ihre Schulter und legte sich fest auf mein Handgelenk. Ich schaute auf ihren Scheitel hinunter.
»Ich … liebe … dich«, sagte sie.
Ich kniete auf dem Radweg zwischen Venice und Santa Monica, und nichts würde mir mehr Leid tun. Ich drehte ihr Gesicht zu mir herum und küsste sie auf die Lippen.
»Ich … liebe … dich … auch«, sagte ich.
Und ich sagte es noch einmal. Und ich tat es auch.
DANKSAGUNG
D ank an Peter Maloney für die Unterstützung beim Akt des Schreibens. An Claudia Howard für ihren Glauben an Träume. An Doug und Linda McLarty, die alles schon wissen. An meine Agenten und Freunde Jeff Kleinman, Sylvie Rabineau, Jeff Sanford, Richard Fisher und Marilyn Szatmary. An den außerordentlichen Lektor und Ratgeber Ray Roberts. An alle meine neuen Freunde bei Viking Penguin. An den wundervollen und großzügigen Stephen King. Und besonders an die große Schauspielerin, Vertraute und Ehefrau, Kate Skinner McLarty, die neues Leben und Hoffnung für mich geatmet hat.
Die Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel
»The Memory of Running« bei Viking Penguin,
a division of Penguin Group (USA) Inc., New York.
Verlagsgruppe Random House
1. Auflage
Taschenbuchausgabe Februar 2008
Copyright © der Originalausgabe 2004 by Zaluma, Inc. Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2006 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
This edition published by arrangement with Viking Penguin,
a member of Penguin Group (USA) Inc.
Umschlagillustration: Design Team München
NG · Herstellung: Str.
eISBN : 978-3-641-02372-0
www.goldmann-verlag.de
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