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Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Unglaubliche Reise des Smithy Ide

Titel: Unglaubliche Reise des Smithy Ide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R McLarty
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zusammen, steckte ihn in die Hosentasche und ging auf die Veranda. Da sah ich sie wieder. Sie war in der Garage, vor Moms Karmann Ghia, und posierte. Ihr Haar war länger als früher, und die sahneweiße Haut schimmerte in den letzten Sonnenstrahlen. Meine schöne Schwester, Bethany. Völlig still. Ich stieß die Fliegentür auf und ging zur Garage.
    »Bethany. Mom und Pop. Sie sind fort, Bethany. Du bist auch fort. Was soll ich jetzt machen?«
    Ich bin müde. Ich bin betrunken. Ich sehe sie. Klar und deutlich. Ihre grünen Augen. Ich bin ein Idiot.
    Ich ging in Pops Garage und lehnte mich mit meinem dicken Hintern an Moms kleines blaues Auto.
    »Bethany«, sagte ich noch einmal, fast wie ein Gebet. Ich zündete mir eine Zigarette an und rauchte eine Weile.
    Pops Garage handelte von Gerüchen. In Moms Küche war es die Worcestershire-Sauce, in der Garage waren es »3-In-One«- Öl, Zitronella-Kerzen, Kerosin und Latexfarbe. Gute Gerüche. Zuverlässige Gerüche.
    Ich sah mich um und betrachtete Pops Ordnung. Ich habe keine Ordnung. Pop hatte einen Platz für alles. Regale für Farbe. Haken für Seile und Gartenschlauch. Nägel für Harken und Schaufeln. Über dem kleinen Fenster an der Rückseite, über Pops langer Werkbank, hing mein Raleigh. Mein Raleigh. Ich hatte es da nie gesehen.
    Ich war betrunken, aber das war mein Raleigh. Ich stieg auf Moms blaue Motorhaube und nahm es von den Haken herunter.
    Zusammen stürzten wir auf das Autodach, ich und mein Raleigh. Das Fahrrad kippte weiter, über mich hinweg und zur Garagentür hinaus. Ich blieb ein paar Augenblicke in der Delle auf dem Autodach liegen, dann rollte ich mich herunter und ging zu meinem Rad.
    Mein Raleigh. Mein kastanienbraunes Dreigangfahrrad. Ich stellte es auf die Räder und klappte den Ständer herunter. Vorn war noch der Scheinwerfer, aber es waren keine Batterien drin. Hinten am Sattel hing immer noch meine kleine Ledertasche. Ich zog den Reißverschluss auf.
    »Der Reißverschluss funktioniert gut«, sagte ich laut.
    Ich schwang das Bein über den Sattel, aber die Stange lag tief unter meinem Schritt. War ich so viel gewachsen? Ich setzte mich auf den Sattel und hielt das Gleichgewicht mit dem linken Bein. Es saß sehr knapp – wie der blaue Anzug, den ich anhatte und bei dem ich die Knöpfe aufmachen musste, wenn ich mich hinsetzen wollte. In den Reifen war keine Luft; sie ächzten unter dem Bier und den pikanten Eiern, und die Felgen knirschten auf dem Asphalt. Ich zündete mir eine Zigarette an und saß auf meinem Fahrrad.
    Ich rauchte die Zigarette ganz auf. Dann drückte ich mit dem Absatz den Ständer hoch und ging mit dem Fahrrad zwischen den Beinen bis zum Ende der Einfahrt. Es muss gegen acht gewesen sein, denn ich erinnere mich an den Vollmond.
    Ich verstehe es nicht ganz, aber ich wusste, dass unten am Ende unserer Straße eine Sunoco-Tankstelle war, und die hatte wahrscheinlich eine Luftpumpe, aber wie gesagt, das alles liegt in einem grauen Bereich. Jedenfalls nahm ich ein paar Schritte Anlauf mit dem Raleigh, setzte mich grotesk auf den Sattel und rollte auf den Felgen meines Rades unseren kleinen Berg hinunter.

10
    N ach dem Sprung von der Red Bridge verfiel Bethany in das, was Pop als »Flaute« bezeichnete. Die Ärzte im Bradley setzten sie auf Tranquilizer, die sie wirklich höllisch abflauen ließen. Fast immer heißt es von diesen Medikamenten verschleiernd, dass sie »beruhigend« wirken. Bethany war beruhigt. Genauer gesagt, meine Schwester schlief während meines dritten Jahrs auf der High School fast die ganze Zeit. Sie konnte morgens nicht wach werden, und dann konnte sie nicht wach bleiben. Mein Pop nahm es mit einer beinahe mystischen Einstellung. Er glaubte wirklich, dass diese lange Ruheperiode ihren Körper und ihren Geist heilte.
    Irgendwann Anfang Mai merkte ich, dass Bethany die Dosis verringert hatte. Abends, wenn ich so tat, als machte ich meine Hausaufgaben, spürte ich, dass sie mich anschaute. Aber wenn ich aufblickte, waren ihre Augen geschlossen. Ich sprach dann mit ihr, aber sie tat, als schlafe sie. Ich hatte das wirklich üble Gefühl, dass sie etwas plante – oder dass diese gottverdammte Stimme etwas plante -, und das machte mich nervös. Das war eins von diesen Dingen, die einem in den Kopf kommen und nicht mehr gehen wollen. Von Mai an hatte ich eine schreckliche Baseballsaison. Schließlich setzte der Coach mich auf die Ersatzbank und sagte, ich hätte weder Handschuh noch Schläger. Das ist

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