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Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Unglückskeks - Angermüllers achter Fall

Titel: Unglückskeks - Angermüllers achter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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noch seine Fragen zu den auszufüllenden Behandlungshinweisen und Einverständniserklärungen beantwortet haben. Im Schwesternzimmer riet man ihm, im Flur zu warten, da würde bestimmt demnächst einer der diensthabenden Ärzte auftauchen. Bewaffnet mit einem Automatenkaffee nahm Angermüller also auf einem der Plastikstühle Platz. Warten, das hatte er inzwischen gelernt, gehörte zu den unabdingbaren Tugenden im Krankenhaus.
    Er holte sein Handy aus der Hosentasche. Von Jansen war eine SMS angekommen. Auch der Chef kündigte seine Teilnahme an ihrer Zusammenkunft an. Angermüller wunderte sich. So spektakulär war der Fall doch gar nicht, dass man damit große Presseauftritte inszenieren konnte: ein unbekannter Mann, wahrscheinlich aus dem fernen China, über den sie bisher gar nichts wussten, weder über seine Person noch über sein Leben oder sein Schicksal. Das waren nicht die Geschichten, die es brauchte, um das große Interesse der Öffentlichkeit zu wecken, geschweige denn, um von der Presse zu großen Aufmachern verarbeitet zu werden.
    Auch über seine eigenen Reaktionen dachte der Kriminalhauptkommissar nach. Der Fall des Toten vom Bahngleis hatte ihn bisher seltsam unberührt gelassen. Sicherlich lag es auch an seiner privaten Situation, dass sein Reservoir an Mitgefühl momentan einfach seine Grenzen hatte. Doch ein wenig war es wohl auch der Anonymität des Opfers geschuldet, dass es ihm schwerfiel, ein emotionales Interesse an der Aufklärung des Falles zu entwickeln. Umso mehr erhoffte er sich neue Erkenntnisse aus ihrer Lagebesprechung, denn eigentlich war seine Maxime, dass jeder Tote die volle Aufmerksamkeit bei den Ermittlungen verdiente.

    Â»Ich weiß, ich weiß, du hast genug von Krankenhäusern. Aber ohne die wärest du vielleicht gar nicht mehr hier …«
    Jedes Mal, wenn sie mit Sophie ins Klinikum zu den Nachuntersuchungen fuhr, musste sie die Freundin bei Laune halten, die seit ihren langen Krankenhausaufenthalten diesen Orten eine tiefe Abneigung entgegenbrachte. Marlene konnte das verstehen. Es musste ein grässliches Gefühl sein, hilflos und allein mit den intimsten Bedürfnissen abhängig von Fremden zu sein, auch wenn es unter Ärzten und Pflegepersonal einige gegeben hatte, die sehr zugewandt waren und mehr als nur ihre Pflicht taten. Dieses Ausgeliefertsein, verstärkt durch Sophies Unfähigkeit, sich zu äußern, konnte sich jemand, der es nicht am eigenen Leib erfahren hatte, wahrscheinlich gar nicht vorstellen. Jedes Mal, wenn sie Sophie nach ihren Besuchen allein in der Klinik zurücklassen musste, hatte es Marlene deshalb fast das Herz gebrochen.
    Â»Ja, Sophie, du hasst diese Termine, auch das weiß ich. Aber die Untersuchungen sind einfach wahnsinnig wichtig, um Veränderungen zu beobachten, um die Heilungsfortschritte seit deinem Fahrradunfall zu sehen, verstehst du? Damit kann man überprüfen, ob auch das Richtige getan wird, damit du wieder ganz gesund wirst. Und das willst du doch auch, oder?«
    Der bereits im Klinikflur wartende Mann, der sich gerade seiner Lederjacke entledigte, war ihrer einseitigen Diskussion interessiert gefolgt. Endlich hatte sich Sophie gefügt, und während nun mal wieder ein MRT bei ihr durchgeführt wurde, saß Marlene hier und ärgerte sich, dass sie nichts zum Lesen mitgenommen hatte. Noch mehr allerdings ärgerte sie sich, wenn sie an den Besuch bei der Polizeidienststelle in Bad Schwartau dachte.
    Seit dem Vorfall am Teich war Sophie völlig verschreckt, und Marlene spürte, dass sich auch in ihr Angst breitzumachen begann. Wer weiß, vielleicht gab es einen Irren, der es auf hilflose Menschen abgesehen hatte, der womöglich schon am Sonnabend versucht hatte, sich Sophie zu nähern. Konnte doch alles sein. Auch Rechtsradikale jagten gerne Menschen außerhalb der Norm, und sie beide als lesbisches Paar, eine davon behindert, boten sogar doppelten Anlass als Hassobjekte dieser Idioten. Es gab jedenfalls genug Gründe, bei der Polizei Hilfe zu suchen.
    Nicht, dass der junge Beamte unfreundlich gewesen wäre. Er hörte sich brav Marlenes Geschichte an, kommentierte des Öfteren beeindruckt mit ›Oha‹, hatte aber offensichtlich keinen Schimmer, wie er damit umgehen sollte. Vor allem, wenn Sophie anfing ihre aufgeregten Silbenketten zu stammeln, war er völlig verunsichert und wusste gar nicht, wo er seinen

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