Unglückskeks - Angermüllers achter Fall
Herkunft, aber keinerlei Personenbeschreibungen, die auf unseren gepasst hätten.«
Vermi/Utot â hinter dieser merkwürdigen Abkürzung verbarg sich die Datei über Vermisste, unbekannte Tote und unbekannte hilflose Personen, die zentral beim Bayerischen Landeskriminalamt geführt wurde und allen Landeskriminalämtern zugänglich war.
»Es vermisst ihn offenbar keiner. Die Anfrage zum Zahnstatus läuft. Da können wir nur abwarten.«
Niemanns Hang zu Akribie und eine gute Portion Sturheit kamen ihm bei seinem Job genauso zugute wie sein fast fotografisches Gedächtnis.
»Neben erfolglosen Kontakten, zum Beispiel zu einer Spezialistin für ayurvedische Thaimassage und einem vietnamesischen Blumenhändler, haben Norbert und ich tatsächlich ein paar echte Chinesen in Reinfeld gefunden, ein Rentnerehepaar, das schon seit den 70ern hier lebt, aber so gut wie kein Deutsch spricht. Nachbarn haben uns erzählt, sie hatten mal ein Restaurant, das der hier geborene Sohn aber nicht weiterführen wollte. Er wohnt in Travemünde, wo er als Bootsbauer auf einer Werft arbeitet. Die Alten haben nur gelacht und mit den Köpfen gewackelt, als wir ihnen die Fotos von dem Toten gezeigt haben«, berichtete Anja-Lena ziemlich frustriert.
»Und zu Mittag haben wir eine furchtbar schlechte Asiapfanne gegessen«, ergänzte ihr Kollege mit angeekelter Miene. »Ansonsten war nicht viel in Reinfeld. Aber Anja, warum erzählst du nicht â¦Â«
»Die Dame, die Herren, guten Tag zusammen, ich grüÃe Sie!«
Bestens gelaunt federte Harald Appels herein. Dem Kriminalhauptkommissar schwante nichts Gutes.
»Bitte, ich wollte nicht stören. Macht ruhig weiter.«
Der Leitende Kriminaldirektor legte sein iPad auf den Tisch und nahm mit erwartungsvoll verschränkten Armen in einer Ecke Platz. Normalerweise nutzte er ein volkstümliches »ihr«, wenn er mit den Kollegen sprach, mit Angermüller und anderen langjährigen Kollegen duzte er sich ohnehin, aber seit Anja-Lena zum Team gehörte, lavierte er oft etwas umständlich zwischen Duzen und Siezen hin und her, was die anderen mit leisem Spott zur Kenntnis nahmen.
»Was wolltest du gerade sagen, Norbert?«, fragte Angermüller nach.
»Nein, ich wollte eigentlich, dass Anja was sagt. Erzähl doch mal von der Dame aus dem Teeladen.«
»Ach so, das meinst du.«
Die junge Frau schien ein bisschen zögerlich.
»Ich erzähl das jetzt mal ohne Gewähr, ob das wirklich wichtig ist. In Reinfeld waren wir in einem Teeladen, der einem Chinesen gehört. Der war aber nicht da, sondern nur seine Frau, eine Deutsche, und die gemeinsame Tochter, eine 13-Jährige, die kam auch noch dazu. Die Frau hat sich das Foto von dem Toten erst sehr genau angeschaut und Fragen dazu gestellt. Aber dann hat sie gesagt, sie kenne den Mann nicht. Komischerweise hatten wir beide das Gefühl, dass sie ihn vielleicht doch erkannt hat. Und auch das Mädchen hat sich merkwürdig verhalten. Sie hat nichts gesagt, aber uns Erwachsene irgendwie misstrauisch beobachtet. Tja, ich weià auch nicht â¦Â«, beendete Anja-Lena mit einem Schulterzucken ihre Schilderung.
»Also, ihr denkt aber nicht, unsere Leiche ist der abwesende Ehemann der Frau?«, fragte Angermüller.
»Das haben wir sofort nachgeprüft. Nein, der ist tatsächlich am Sonntag nach China geflogen.«
»Ihr könnt den Teeladen ja für alle Fälle mal im Hinterkopf behalten. Vielleicht hat der Mann doch irgendwas mit der Geschichte zu tun und sich deshalb schnell abgesetzt. Gut. Weiter im Text.«
Als Nächster war Nico Timm dran, der mit einem Kollegen die weitere Umgebung abgeklappert hatte, auf der Suche nach einem Hinweis auf den Toten vom Bahndamm. Nico war schon fast zwei Jahre beim K1, ein gut aussehender Blonder, der demnächst vom Anwärter zum Kriminalkommissar aufsteigen würde. Doch immer noch kämpfte er mit seiner Schüchternheit, wenn er sich vor den anderen äuÃern sollte. Mit vielen »Ãhs« und ziemlich stockend teilte er schlieÃlich mit, dass ihre Bemühungen leider ergebnislos geblieben waren.
»Ja, also wir hatten eine leckere Asiapfanne zu Mittag«, grinste Jansen, »aber ermittlungstechnisch war unser Tag auch nich doll. Wir haben in zwei Chinarestaurants und einem Asia-Imbiss das Foto unserer Leiche gezeigt. Die haben alle abgewunken und ansonsten
Weitere Kostenlose Bücher