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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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würde! Sie schüttelte
den Kopf.
    Â»Ganz, wie Sie wollen.« Eichholz wirkte nicht überrascht, ließ aber
eine weitere Sekunde verstreichen, in der er stirnrunzelnd ihre Handschellen
betrachtete. »Möchten Sie jemand Bestimmtes anrufen, oder soll ich mich um
einen Anwalt kümmern?«
    Einen Anwalt? Conny hatte das Gefühl, selten eine sinnlosere Frage
gehört zu haben, und sah Eichholz auch nur auf entsprechende Weise an.
    Â»Sie haben nicht wirklich gedacht, dass ich Ihnen mein Beileid
ausspreche und die Sache damit erledigt ist, oder?«, fragte Eichholz.
    Ganz genau genommen hatte sie gar nichts gedacht. »Brauche ich denn
einen Anwalt?«, murmelte sie, mehr an sich selbst als an ihn gewandt. Ein
winziger Teil von ihr empfand Überraschung, die beinahe augenblicklich ihn
Empörung und fassungslose Wut überging, dass er nicht einmal jetzt davor
zurückschreckte, seinen privaten Feldzug gegen sie fortzusetzen, dass das
Wichtigste an Trauschs Tod offensichtlich der Umstand zu sein schien, dass er
ihn gegen sie verwenden konnte. Die Stimme verhallte jedoch ungehört in ihr,
schon, weil sie wusste, dass es Unsinn war.
    Â»Er steht Ihnen zu«, antwortete Eichholz. »Natürlich kann ich Sie
nicht zwingen, sich einen Anwalt zu nehmen oder auch nur mit ihm zu reden. Ich
würde es Ihnen allerdings dringend raten. Es werden Fragen gestellt werden.
Eine Menge Fragen, das wissen Sie.« Er sog wieder an seiner Zigarette und blies
den Rauch diesmal so heftig aus, dass sein Gesicht in einer schmierigen,
graublauen Wolke zu verschwinden schien. »Ich weiß, dass ich das jetzt besser
nicht sagen sollte, und ich werde es abstreiten, sollten Sie mich zitieren.
Aber wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, dann sagen Sie jetzt gar nichts
mehr. Sie stehen doch sicher unter Schock, nicht wahr?«
    Es war ein gut gemeinter Rat,
und im Grunde sogar das einzige halbwegs Vernünftige, was sie im Augenblick tun
konnte. Sie selbst hatte diesen Rat unzählige Male anderen erteilt und sich
genauso oft darüber geärgert, wenn sie ihn in den Wind schlugen. Vielleicht –
auch wenn es ihr selbst jetzt noch schwerfiel, diesen Gedanken zu akzeptieren –
hatte sie sich in Eichholz ja doch getäuscht.
    Aber vielleicht ging sie mit dieser Unterstellung
dann doch etwas zu weit.
    Â»Gut«, seufzte Eichholz. »Das alles hat Zeit bis später. Wenn wir
hier fertig sind, dann lassen Sie sich zuerst einmal gründlich von einem Arzt
durchchecken, und danach reden wir in aller Ruhe.«
    Â»Sagte ich bereits, dass ich keinen Arzt will?«, fragte Conny.
    Â»Ja«, erwiderte Eichholz. »Ich kann Sie allerdings auch für
vierundzwanzig Stunden zur Beobachtung in die Psychiatrie einweisen lassen,
wenn Sie darauf bestehen, weiter das trotzige kleine Mädchen zu spielen.
Möchten Sie das? Es ist natürlich Ihre Entscheidung … aber Sie wissen schon,
dass aus vierundzwanzig Stunden leicht vierundzwanzig Tage werden können oder
auch ein paar Monate?« Er wartete einen Moment lang vergeblich auf eine
Antwort, die aus mehr als einem hasserfüllten Blick bestand, dann sah er sich
suchend nach einem Aschenbecher um, fand keinen und schnippte seinen
Zigarettenstummel schließlich in den unberührten Kamin, was ihm einen
vorwurfsvollen Blick eines der weißen Aliens eintrug.
    Â»Okay. Können Sie zur Abwechslung auch eine gute Nachricht
vertragen?«
    Â»Und welche?«
    Â»Aisler«, sagte Eichholz. »Wir sind ihm auf der Spur … beziehungsweise
demjenigen, der sich für ihn ausgibt.«
    Â»Aisler?«
    Eichholz machte eine Handbewegung, deren Bedeutung Conny verborgen
blieb. »Aisler ist tot«, sagte er überflüssigerweise. »Aber einer der Jungs,
die wir in diesem Keller eingesammelt haben, hat anscheinend begriffen, dass
sein kleiner Scherz nicht mehr unter Dummerjungenstreich fällt, und er redet
wie ein Wasserfall.«
    Â»Haben Sie ihm Daumenschrauben angelegt oder ihm nur ein paar
Fingernägel ausgerissen?«, fragte Conny.
    Â»Weder noch. Ich habe lediglich damit gedroht, ihn zusammen mit
Ihnen in eine Zelle zu sperren«, antwortete Eichholz ungerührt. »Im Grunde war
es ganz einfach. Das Bürschchen ist vor drei Wochen vierzehn geworden und damit
strafmündig. Einen seiner Kumpel müssen wir laufen lassen – sobald er wieder
laufen kann, heißt das –, aber bei ihm kommen selbst bei

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