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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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plötzlichen Ausbruch nicht wirklich und
reagierte mit einem entsprechend verwirrten Blick.
    Â»Was glauben Sie, warum Eichholz Ihnen nicht den Kopf abgerissen
hat?«, fragte Trausch. »Er kann Ihnen nichts tun! Sie sind eine Berühmtheit,
Conny, dafür hat Ihr kleiner Freund mit seiner Personality-Show im Fernsehen
gesorgt.« Er nahm den Fuß vom Gas, als sie in die Straße einbogen, in der
Connys Wohnung lag, und wechselte abrupt das Thema. »Letzte Chance. Noch kann
ich Sie in ein Hotel bringen.«
    Â»Hat Ihnen Eichholz aufgetragen, mich dazu zu überreden?«
    Â»Nicht direkt«, gestand Trausch nach kurzem Zögern.
    Â»Aber irgendwie schon?«, vermutete sie. »Warum?«
    Trausch antwortete erst, nachdem sie ein gutes Stück die Straße
hinabgefahren waren, und mit einer entsprechenden Kopfbewegung nach vorne.
»Deshalb.«
    Das Appartementhaus, in dem Conny wohnte, lag ganz am Ende
der Straße, ein rechteckiger, klotziger Block, der ebenso anonym wie hässlich
war und am jenseitigen Ende eines betonierten Wendeplatzes aufragte. Trotz der
Dunkelheit konnte sie mühelos das knappe Dutzend Wagen erkennen, das auf der
freien Fläche parkte. Der Belagerungsring war nicht ganz so dicht geschlossen
wie der um das Präsidium, aber sehr viel fehlte nicht.
    Â»Fahren Sie direkt in die Tiefgarage.« Sie griff in die Jackentasche
und drohte fast in Panik zu geraten, als ihre Finger ins Leere tasteten. Erst
dann erinnerte sie sich wieder, dass sie nicht ihre eigenen Kleider trug, und
angelte umständlich den durchsichtigen Plastikbeutel hinter dem Sitz hervor, in
dem sich ihre persönlichen Habseligkeiten befanden. Wenigstens die hatten sie
ihr zurückgegeben, wenn auch nicht alle.
    Sie kramte den Schlüsselbund hervor, reichte ihn an Trausch weiter
und überlegte ernsthaft, wieder nach hinten zu klettern und sich unter der
Decke zu verkriechen. Aber dann erschien ihr schon die bloße Vorstellung viel
zu anstrengend, und wahrscheinlich wäre es ohnehin vergebliche Mühe. Wenn sie
in all den Jahren eines über Journalisten gelernt hatte, dann, dass sie
hartnäckig waren.
    Trausch fuhr langsam weiter, gab im letzten Moment wieder Gas und
steuerte den Wagen in die Einfahrt der Tiefgarage, bevor die versammelte
Journaille auch nur richtig mitbekam, dass sie da waren. Ebenso rasch steuerte
er den Wagen die Rampe hinab und auf Connys Stellplatz – ohne dass sie ihm die
Nummer genannt hatte. Eine nur schemenhaft erkennbare Gestalt huschte davon,
kurz bevor die Scheinwerferstrahlen sie richtig erfassen konnten, und Trausch
runzelte ärgerlich die Stirn. »Allmählich werden sie lästig.«
    Â»Wer?« Conny hatte plötzlich nicht einmal mehr Lust zum Sprechen.
Selbst diese kleine Mühe erschien ihr zu viel. Aber sie spürte, dass Trausch
diese Frage von ihr erwartet hatte.
    Â»Dieses Journalistenpack!«, antwortete er aufgebracht und eigentlich
ganz und gar gegen seine sonst immer so beherrschte Art. »Oder was glauben Sie,
wer das gerade war?«
    Conny war viel zu müde, um überhaupt etwas zu glauben. Sie hatte
einen flüchtigen Eindruck von dunkler Kleidung und einer irgendwie sehr
sonderbar wirkenden Frisur und einem sehr bleichem Gesicht gehabt – eigentlich
nicht das, was sie sich unter einem typischen Journalisten vorstellte –, aber
es erschien ihr plötzlich viel zu mühsam, das auch nur zu erwähnen. Sie nickte
nur, nahm den Schlüsselbund wieder an sich und stieg aus dem Wagen.
    Conny rechnete zwar damit, dass Trausch im Wagen sitzen bleiben und
warten würde, bis sie im Aufzug verschwunden war, jedoch nicht, dass er
aussteigen und sie begleiten würde. Aber genau das tat er. Sie blieb stehen und
sah ihn fragend an.
    Â»Ich begleite Sie nach oben.«
    Â»Sollten wir damit nicht wenigstens warten, bis das Testergebnis da
ist?«, fragte sie.
    Trausch blieb ernst. »Wahrscheinlich lungern die Kerle auch vor
Ihrer Wohnung herum. Auf die paar Minuten kommt es jetzt auch nicht mehr an.
Kommen Sie.« Er wedelte mit einem aufmunternden Lächeln in Richtung des Aufzugs
und nahm ihr mit einer energischen Bewegung den Schlüsselbund wieder ab.
Eigentlich sollte sie sich darüber ärgern, aber auch das war ihr im Moment
einfach zu anstrengend. So plötzlich, als hätte jemand in ihrem Inneren einen
unsichtbaren Schalter umgelegt, überkam sie eine bleierne Müdigkeit. Sie

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