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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinter ihr aufgetaucht war.
    Â»Aber schlechte Angewohnheiten haben die schlechte Angewohnheit,
sich nicht so schnell ablegen zu lassen, nicht wahr?«, fuhr Vlad lächelnd fort.
Er stützte sich lässig auf den silbernen Knauf seines Spazierstocks, griff mit
der anderen Hand unter seine Jacke und förderte ein flaches silbernes Etui
zutage, das er mit einer geschickten Bewegung aufklappte. Conny sah, dass es
ein gutes Dutzend schlanker, filterloser Zigaretten enthielt.
    Statt danach zu greifen, starrte sie die Tür hinter ihm an. Sie war
geschlossen, und der Schlüssel steckte. »Wie … kommen Sie hier herein?« Wieso sprach sie überhaupt mit ihm?
    Â»Oh, das war kein Problem«, erwiderte Vlad. »Du solltest auf das
hören, was du selbst deinen Mitmenschen immerzu rätst, und deine Tür vernünftig
sichern.« Er wedelte mit dem Zigarettenetui. »Darf ich Ihnen zu Diensten sein,
gnädige Frau?«
    Â»Ich denke, Sie halten es für eine widerliche Angewohnheit?«, fragte
Conny verwirrt. Sich selbst fragte sie, ob sie gerade eine Halluzination
erlebte oder möglicherweise träumte. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb;
wenn es nur ein besonders verrückter Traum war, den sie erlebte, was hatte sie
zu verlieren? – griff sie nach dem Etui, nahm eine der Zigaretten heraus (sie
waren nicht nur filterlos, wie sie feststellte, sondern offensichtlich auch
selbst gedreht) und wollte sich der Couch zuwenden, um ihr Feuerzeug aus der
Plastiktüte zu nehmen, aber Vlad ließ das Etui mit einer blitzartigen Bewegung
wieder unter seiner Jacke verschwinden und zauberte aus der gleichen Geste
heraus ein Feuerzeug hervor, das mindestens so antiquiert war die das Etui. Es
stank durchdringend nach Benzin, als er es aufflammen ließ.
    Â»Das ist wahr«, sagte er. »Aber wer bin ich, dir Vorschriften zu
machen? Es ist schließlich deine Gesundheit.«
    Conny beugte sich vor und nahm einen tiefen, gierigen Zug, der so
intensiv nach Benzin schmeckte, dass ihr beinahe übel geworden wäre. Erst dann
trat sie einen Schritt zurück, sah noch einmal die verschlossene Tür an und
fragte mit fester, fordernder Stimme: »Wie kommen Sie hier herein? Und was wollen Sie?« Falls es dich überhaupt
gibt. Sie war beinahe sicher, dass es nicht so war.
    Vlad steckte auch sein altmodisches Feuerzeug ein, sah sich suchend
um und ging dann zu dem kleinen Esstisch neben der Durchreiche, um sich daran
niederzulassen. In einer perfekten Imitation seiner Bewegung aus dem Trash legte er beide Hände auf den Knauf seines
Spazierstocks und ließ die Schultern nach vorne sinken. Conny hatte das
verrückte Gefühl, dass er trotzdem plötzlich irgendwie größer wirkte. »Ich muss gestehen, dass ich ein wenig enttäuscht bin.«
    Â»Von mir?« Conny nahm einen zweiten Zug aus ihrer Zigarette, der
wenigstens nicht mehr nach Benzin schmeckte, aber immer noch … seltsam.
    Â»Um ehrlich zu sein, hatte ich fest damit gerechnet, dass du ihn
verhaftest«, antwortete er. »Oder wenigstens deine Kollegen. Ich fürchte, ich
habe euch überschätzt. Mein Fehler.«
    Â»Ihnen ist doch wohl klar, dass ich eigentlich jetzt Sie verhaften müsste?« Connys Gedanken überschlugen sich.
Sie verstand einfach nicht, wie dieser Kerl hier hereingekommen war. Nun gut,
es war ein Standardschloss, das sie zusammen mit der kompletten Wohnung
gemietet hatte, und hielt niemanden auf, der wirklich hineinwollte.
Aber draußen auf dem Flur lungerte eine halbe Hundertschaft neugieriger
Reporter herum. Wie um alles in der Welt war er an ihnen vorbeigekommen?
    Â»Möchtest du es versuchen?«, fragte er.
    Conny kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Wenigstens das
rechte; das andere war ohnehin beinahe zugeschwollen. »Soll das eine Drohung
sein?«
    Â»Nein«, antwortete Vlad. Er klang fast amüsiert. »Nur eine Frage.
Wir haben es doch nicht nötig, uns gegenseitig zu bedrohen, oder?« Er lachte
leise, aber seine Augen blieben so kalt wie ein Paar polierter schwarzer
Steine. »Wenn du vorhättest, mich an deine Kollegen zu verraten, dann hättest
du ihnen von mir erzählt.«
    Â»Das habe ich«, antwortete Conny.
    Â»Nicht wirklich«, behauptete Vlad, und auch das war die Wahrheit.
Natürlich hatte sie von ihm erzählt. Es hätte wenig Sinn gehabt, ihre Begegnung
und das kurze Gespräch mit dem

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