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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schrotflinte in der
Hand und fing an, wie ein Wilder herumzuballern. Hat meinen Kollegen schwer
verletzt und mich am Bein erwischt. Ich hatte keine andere Wahl. Ich musste ihn
erschießen.«
    Conny sah ihn betroffen an. »Das wusste ich nicht.«
    Â»Ich rede auch nicht oft darüber.« Er lachte leise, aber der Laut
klang eher verbittert. »Später hat sich herausgestellt, dass er ein
Vorstrafenregister von hier bis zum Nordpol hatte. Körperverletzung, Totschlag,
Nötigung … die ganze Latte einmal rauf und runter. Bei der Wohnungsdurchsuchung
haben sie einen Abschiedsbrief gefunden, den er offensichtlich schon
vorbereitet hatte. Er hatte vor, seine Frau und die beiden Kinder zu erschießen
und sich selbst umzubringen.«
    Â»Dann war es vollkommen richtig, was Sie getan haben«, sagte Conny.
Selbst in ihren eigenen Ohren klangen die Worte lahm.
    Â»Ja«, sagte Trausch trotzdem. »Aber das ändert nichts. Ich habe
einen Menschen getötet, richtig oder Notwehr hin oder her. Es hat ein Jahr
gedauert, bis ich das erste Mal wieder eine Nacht durchschlafen konnte, und
noch sehr viel länger, bis die Albträume aufgehört haben. Manchmal habe ich sie
sogar jetzt noch.« Er sah sie auf eine Art an, die sie für Mitleid heischend
hielt, bis ihr aufging, dass sie eher mitfühlend war. »Ich erzähle Ihnen das
alles nur, weil ich nicht möchte, dass es Ihnen genauso geht.«
    Â»Haben Sie nicht gerade selbst gesagt, dass es keine Rolle spielt,
warum man einen Menschen tötet?«, gab Conny verwirrt zurück.
    Â»Ja, das habe ich«, antwortete er. »Doch in diesem Fall ist es
anders. Dieser Kerl war kein Mensch.«
    Â»Aisler?«
    Â»Wollen Sie auch noch die schlechten Neuigkeiten hören?«, erkundigte
sich Trausch. Er wartete ihre Antwort nicht ab. »Es waren nicht nur die acht
Mädchen, von denen wir bisher gewusst haben. Wir haben Blutspuren von
mindestens drei weiteren, unbekannten Personen in seiner kleinen privaten
Folterkammer gefunden.«
    Â»Das wären dann elf«, sagte Conny mit leiser, belegter Stimme.
    Â»Falls diese drei anderen tatsächlich tot sind«, schränkte Trausch
ein, fügte jedoch auch praktisch im gleichen Atemzug hinzu: »Und es fanden sich
ein paar hässliche kleine Indizien, die auf weitere Opfer schließen lassen, in
seiner Wohnung.«
    Conny starrte ihn an.
    Â»Der Kerl war kein Mensch«, sagte Trausch noch einmal. Er sah sie
nicht an, sondern schien sich voll und ganz auf den Verkehr zu konzentrieren,
aber Conny sah, wie fest seine Hände plötzlich das Lenkrad umschlossen.
»Vielleicht hat er ausgesehen wie ein Mensch. Vielleicht war er sogar einmal
einer, früher. Doch das ist lange her. Er war ein Ungeheuer. Ich möchte, dass
Sie das nicht vergessen. Es war richtig, dass Sie ihn erschossen haben.« Er
atmete hörbar ein. »Manchmal bin ich nicht sicher, ob es wirklich so ist, wie
wir es uns immer selbst einzureden versuchen.«
    Â»Was?«
    Â»Dieser ganze Unsinn, von wegen, dass ein Menschenleben heilig und
unantastbar ist und niemand das Recht hat, es zu beenden. Vielleicht gibt es
Menschen, die sich dieses Recht selbst nehmen, einfach durch das, was sie tun.«
    Â»Sie meinen, so ein Kerl gehört einfach weg?«, fragte sie. Sie
konnte sogar selbst hören, wie überrascht ihre Stimme klang. Ein Eingeständnis
wie das wäre so ziemlich das Letzte gewesen, was Sie von Trausch erwartet
hätte. » Rübe runter und gut?«
    Â»Selbstverständlich nicht«, antwortete Trausch böse. »Ich finde, man
muss diese armen Menschen vor der bösen Gesellschaft in Sicherheit bringen, die
schließlich schuld daran ist, dass sie überhaupt erst so geworden sind. Am
besten in eine schöne, luxuriös eingerichtete Klinik mit eigenem Fitnessstudio
und Sauna, wo sie dann von hoch bezahlten Spezialisten jahrelang therapiert
werden können. Und so nach zehn, zwölf Jahren kann man dann ja mal einen noch
besser bezahlten Gutachter finden, der einem bescheinigt, dass der Ärmste
wieder ganz gesund ist und man ihn wieder auf die Menschheit loslassen kann.
Und wenn nicht, und der Kerl legt dann doch noch ein paar Frauen um … ist ja nun
auch nicht sooo schlimm. Mit ein bisschen
Kollateralschaden muss man immer rechnen.«
    Â»Das meinen Sie nicht ernst«, murmelte Conny.
    Â»Natürlich nicht«, antwortete Trausch. »So weit haben

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