Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
Vom Netzwerk:
schüttelte ungeduldig den Kopf. »Das hier war mein Lebensinhalt«, rief sie. »Aber jetzt ist alles kaputt. Warum soll ich nicht den Rest auch noch kaputtmachen?« Wütend blickte sie sich um und machte sich mit zusammengebissenen Zähnen über eine andere Pflanze her.
    »Sie würden sich sicher besser fühlen, wenn Sie sich mit mir hinsetzen und sich alles von der Seele reden, anstatt es an Ihrem schönen Garten auszulassen.« Irgendwann gelang es Honor schließlich doch, Briony die Gartenschere abzunehmen und sie ins Haus zu führen. »Haben Sie schon Vorkehrungen für die Beisetzung getroffen? Ist die Verwandtschaft informiert?«
    Honor war eine jener hoch gewachsenen, gut gebauten Engländerinnen mit wettergegerbter Haut, die es völlig natürlich finden, andere Leute herumzukommandieren. Zu ihren Schulzeiten war sie vermutlich Kapitän der Hockey-Mannschaft gewesen und hatte nichts als Missbilligung für Menschen übrig gehabt, die, wie Briony, lieber mit einem guten Buch in einer warmen Ecke saßen, als im peitschenden englischen Regen herumzustehen und Teamgeist heraufzubeschwören.
    Briony ging in die Küche, brühte die Kanne Earl Grey Tee auf, die von ihr erwartet wurde, und reichte Honor eine Porzellantasse. Honor hatte starke, gebräunte Hände, die aussahen, als könnten sie die Tasse jeden Moment zu Staub zermalmen.
    »Was setzt Ihnen so zu?«, fragte Honor ihrer Meinung nach taktvoll. »Es ist doch nicht nur Chris’ Tod, oder?« Sie war sehr stolz auf ihre Scharfsichtigkeit.
    »Aber nein«, antwortete Briony mit deutlichem Sarkasmus, der allerdings an Honor abprallte. »Was macht es schon aus, wenn man seinen Ehemann durch einen dämlichen Unfall im Alkoholrausch verliert? Nein, wirklich!« Sie riss ein paar Papiertaschentücher aus einer Schachtel auf dem Tisch, wischte sich heftig das Gesicht und schnäuzte sich lautstark.
    »Aber da gab es doch gewisse Gerüchte«, tastete Honor sich vor. »Sicher entbehrten sie jeglicher Grundlage, trotzdem müssen sie Sie verletzt haben. So etwas nagt! Wenn Sie möchten, können wir darüber reden.«
    »Über meinen Mann und diese Frau, meinen Sie?« Briony knüllte die Taschentücher zusammen und warf sie in Richtung Papierkorb.
    »Tun Sie etwas Zucker in Ihren Tee und trinken Sie. Sie werden sich gleich besser fühlen.«
    »Wahrscheinlich werde ich von allen bemitleidet. Ach, die arme, kleine Briony! Sie weiß nicht, dass ihr Mann eine andere Frau gebumst hat!«
    »Ein schreckliches Wort aus dem Mund einer Frau. Außerdem glaube ich nicht, dass Sadie so etwas tun würde, von Chris selbst ganz zu schweigen.«
    »Sadie!«
    »Sie dürfen so etwas nicht denken!«, sagte Honor und blickte unbehaglich drein.
    »Es ist schon ärgerlich«, sagte Briony. »Die Leute akzeptieren durchaus nicht, wenn man ausspricht, was man wirklich denkt.«
    »Warum ziehen Sie sich nicht eben um? Ihre Jeans sind ziemlich schmutzig.« Honor wechselte das Thema.
    »Keine Lust. Außerdem bin ich im Garten noch nicht fertig.«
    »Machen Sie keine Dummheiten, Liebste. In ein paar Tagen tut es Ihnen Leid um die Pflanzen. Ich habe meinen Terminkalender dabei – wollen wir nicht gemeinsam die Trauerfeier planen? Welche Lieder mochte Christopher am liebsten?«
    Es war kaum möglich, sich einen handfesten Nervenzusammenbruch zu gestatten, wenn jemand wie Honor Flint die Kontrolle übernahm. Und Briony ließ sich führen. Vor der Frau des Rektors zeigte sie ihre Trauer nur noch in geziemender, angemessener Weise.
    Nachdem Honor gegangen war, stellte Briony fest, dass die Frau des Rektors offenbar die Rosenschere konfisziert hatte. Die Astsäge jedoch und die kleine Axt hingen gut gepflegt, geschliffen und frei von jeglichem Rost an ihren Haken im Gartenhaus. Wenn ihr danach war, würde sie eine Schneise der Zerstörung durch den Garten schlagen – und sich von niemandem aufhalten lassen.

KAPITEL 4
    Engel verändern die Form ihrer Körper. Manchmal ziehen sie sich zu einer geringeren Masse zusammen, dann wiederum strecken sie sich in die Länge, wie wir es beim Regenwurm beobachten; doch ihre Substanz ist besser und geschmeidiger
    Michael Psellus, De Daemonibus

    H
    allo? «
    Sehr viel Zeit ist vergangen . Nach seinem Marsch hat er sich unendlich schwach gefühlt und sich auf den steinigen Boden gesetzt , um wieder zu Kräften zu kommen . Mehrmals hat er sich bemüht , näher an das Tor und an das , was sich davor befindet , heranzukommen . Doch es sieht aus , als ziehe man sich vor ihm zurück

Weitere Kostenlose Bücher