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Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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was sonst noch passieren konnte, wenn sie weiterhin ihre Nase in die Angelegenheiten anderer Leute steckte. Sie versuchte, Pauls missbilligende Stimme zu vergessen, sah sich aufmerksam im Saal um und überlegte, wo sie anfangen sollte.
    Eine Zeit lang stand sie mit einem Glas in der einen und einem Räucherlachsschnittchen in der anderen Hand einfach nur da und beobachtete die Menschenmenge. Nicht nur, dass hier offenbar eine langjährige Veruntreuung stattfand, dachte sie – einer der hier Anwesenden hat sich auch an meinen Akten zu schaffen gemacht. Christophers Akten , meldete sich eine Stimme in ihrem Kopf. Wer aber war es, der sie angerufen und Drohungen auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen hatte?
    Annette hatte Curtis in die Enge getrieben und stand mit vom Wein gerötetem Gesicht und in Auflösung begriffener Frisur vor ihm. Als ihre blassen Augen über Curtis’ Schulter hinweg Kate entdeckten, runzelte sie die Stirn.
    »Ich bin ein sehr einsamer Mensch«, hörte Kate Curtis zu Annette sagen.
    »Hallo Curtis«, rief Kate und gesellte sich zu dem Paar.
    »Sollten Sie nicht herumgehen und sich allen widmen?«, fragte Annette.
    »Ich bin gerade dabei«, antwortete Kate. »Worüber plaudern Sie beide denn so angeregt?«
    »Halten Sie es nicht für unhöflich, andere Leute über ihre Gesprächsthemen auszuhorchen?«, fragte Annette gehässig. »Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass wir uns vielleicht privat unterhalten könnten?«
    »Schon verstanden«, sagte Kate. Dabei stellte sie fest, dass Curtis sie über Annettes Schulter hinweg anstarrte wie ein kleiner Junge die Auslage beim Konditor. Nun, er würde mit Annette vorlieb nehmen müssen, dachte sie. Hier gab es nicht viel zu erfahren. Sie hielt Ausschau nach dem nächsten Opfer.
    John Clay war an Martha Hawkins geraten und flüsterte ihr eifrig etwas ins Ohr. Bei seinen Worten hellte sich ihr Gesicht auf. Klatsch, dachte Kate. Vermutlich niederträchtiger Klatsch. Allzu gerne hätte sie erfahren, um was es ging. Sie drängte sich an einer Reihe im Weg stehender Körper vorbei und stellte sich neben John.
    »Was gibt es Neues?«, fragte sie strahlend.
    »Nichts«, sagte John. »Wir sprechen über uralte Themen.« Er wechselte einen verständnisvollen Blick mit Martha.
    »Dabei fällt mir ein, ich sollte mich auf die Suche nach meinem Freund Curtis machen«, erklärte Martha und schlüpfte zwischen ihnen hindurch. Beim Anblick ihrer durchtrainierten, in Silber gehüllten Gestalt wurde Annettes Gesicht noch röter und noch glänzender, doch Curtis wandte seine Augen endlich von Kate ab. Viel Glück, dachte Kate. Vielleicht würden die beiden, wie bei vielen Workshops üblich, des Nachts über die Flure schleichen und erbauliche Dinge tun. Und vielleicht gingen sie Kate weniger auf die Nerven, wenn sie glücklich und zufrieden waren. Vielleicht würde Curtis sogar mit seinem endlosen Gejammer darüber aufhören, dass er so einsam war. Kate war es allmählich leid und vermutete, dass es anderen ähnlich ging.
    Annette gab ihre Bemühungen um Curtis auf und gesellte sich zu John. Beide warfen Kate derart feindselige Blicke zu, dass sie es vorzog, sich einer anderen Gruppe zuzuwenden.
    Der Rektor war seiner Frau entkommen und unterhielt sich mit den beiden hübschesten Studentinnen der Gruppe. Wie von ungefähr streifte sein Arm über ihre glänzend gebräunten Schultern. Mit diesem Mann haben Sie es sicher nicht ganz leicht, Honor, dachte Kate.
    Honor hatte sich in ein Kleid aus hellblauem Krepp gezwängt und sah erhitzt und verärgert aus. Wie üblich befand sich Briony in ihrem Schlepptau. Die junge Frau war sehr blass und trug ein schwarzes Kleid mit kleinen, weißen Streublümchen, was man ihrer Trauer zugute halten konnte. Ihre zierliche Gestalt wirkte zerbrechlich, doch ihre kräftigen Gärtner-Hände mit den kurz geschnittenen, nicht ganz sauberen Fingernägeln umklammerten ein Glas, als wolle sie jemanden damit angreifen. Vielleicht sehnte sie sich danach, Honor zu entkommen.
    Der Rektor hatte weitere Gesellschaft bekommen. Kate kannte den Mann nicht. Sie schätzte ihn auf etwa eins achtzig; er hatte glattes, glänzend schwarzes Haar, die Art Sonnenbräune, die beweist, dass man gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt ist, und kleine, dunkle Augen. Zum grauen Anzug trug er ein lavendelfarbenes Hemd. Kate pirschte sich an.
    Ein wohlbekannter, teurer Duft stieg ihr in die Nase, ohne dass sie die Trägerin sah.
    »Wer ist das dort drüben beim

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