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Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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Rektor?«, erkundigte Kate sich leise.
    »Timothy Happle. Englisch-Tutor und in diesem Jahr zuständiger Professor für die Bibliothek. Sozusagen mein Chef.«
    »Sie mögen ihn nicht.«
    »Habe ich das gesagt?«
    Inzwischen hatten sie sich in Hörweite vorgearbeitet. »Ich glaube, mein Arrangement wird Ihnen gefallen«, sagte Happle gerade. »Es handelt sich um eine wirklich bedeutende Familie aus Iskenderun. Natürlich braucht der Junge ein wenig Unterstützung, aber ich bin sicher, wir bekommen ihn durch die Vorprüfungen.«
    »Ist der Knabe etwa dumm?«, fragte der Rektor.
    »Aber nein, ganz und gar nicht. Seine Bildung entspricht vielleicht nicht in allen Aspekten unseren englischen Standards.«
    »Sicher werden Sie mir erklären, wie sich der Aufwand für uns lohnen soll.«
    »Es ist gar nichts dabei. So etwas dürfen Sie nicht denken.«
    Das Gespräch erschien Kate ziemlich langweilig. Sie wandte sich zu Faith um. »Sollen wir Briony erlösen? Sie sieht aus, als hätte sie von Honor Flint die Nase ziemlich voll.« Timothy Happle trat einen Schritt nach vorn und gab den Blick auf Faith frei. Sie trug ein einfaches Kleid aus rotem Seidenjersey und hatte bronzefarbenen Lidschatten aufgelegt.
    »Wozu?«, fragte Faith und sah zu Briony hinüber. Auf ihrem schmalen Gesicht lag ein unfreundlicher Ausdruck.
    »Ach, ich weiß nicht. Aus Freundlichkeit vielleicht. Und um die Frau des Rektors zu ärgern. Sie benimmt sich, als wäre Briony samt ihrer Trauer ihr ureigenster Besitz.«
    »Honor Flint zu ärgern hätte etwas für sich. Aber Briony Townsend ist nicht ganz mein Fall.«
    »Ich halte sie für eine harmlose Gärtnerin. Ich glaube, ich habe sie noch nie etwas sagen hören.«
    »Stimmt. Sie redet nicht. Zumindest sehr selten. Vielleicht ist es das, was mich an ihr so langweilt.«
    Faith Beeton wandte sich ab und ging auf einen jüngeren, gut aussehenden Tutor zu. Viel Erfolg, dachte Kate. Fast alle Studentinnen schienen es darauf anzulegen, für die Dauer des Workshops einen Tutor zu ergattern – eine harte Konkurrenz also. Sie beobachtete, wie die eher glanzlose Faith einen jungen, dunkelhaarigen Mann aus einer Gruppe eifernder Matronen abschleppte und ihn zu einem Tisch lotste, wo Weingläser zur Selbstbedienung standen. Gut gemacht, dachte Kate bewundernd. Dann fiel ihr ein, dass sie vielleicht die enttäuschten Matronen aufheitern sollte. Lieber hätte sie zwar dem Rektor ein paar Fragen gestellt, aber sie hatte das Gefühl, bei ihm nicht sehr weit zu kommen. Mit einem ermutigenden Lächeln auf den Lippen trat Kate auf die Gruppe würdevoller Damen zu. Doch ihr Lächeln erlosch schnell, als sie bemerkte, dass Martha Hawkins unter ihnen war. Warum hatte die Frau nicht bei Curtis Skinner bleiben können?
    »Wir möchten ein Picknick veranstalten«, keifte Martha sie an.
    »Wie bitte?«
    »Wir haben das Programm durchgelesen, aber leider ist nirgends von einem Ausflug mit Verpflegung die Rede. Wir wollen aber ein traditionelles, englisches Picknick. Mit Booten, Wiesen mit Butterblumen, Erdbeeren mit Schlagsahne, Gurkensandwich, kaltem Schinken und Tomatensalat.«
    »Und Kuhfladen«, sagte Kate. »Außerdem Wespen, Fliegen, Regen und Wind. Oder Sonnenbrand und Nesselausschlag. Dann noch wütende Bauern, die uns von ihrem Grundstück jagen. Und natürlich bumsende Pärchen im Gebüsch.«
    »Was?«, ereiferte sich Martha.
    »Ganz ehrlich«, fuhr Kate fort, »ein traditionelles englisches Picknick würde Ihnen bestimmt nicht gefallen. Auch die Engländer hassen es, zumindest die feinfühligeren.«
    »Wir haben aber darüber gelesen«, wandte Martha ein, als ob sie damit das Argument entkräften könnte. Was in einem Buch steht, ist wahrer als das wirkliche Leben.
    »Nun, ich will sehen, was ich für Sie tun kann«, sagte Kate und unterwarf sich dem stärkeren Charakter. »Wie viele würden mitkommen?«
    »Dreiundzwanzig«, erklärte Martha. Kate war nicht ganz sicher, ob sie nicht bluffte, doch sie beschloss, es hinzunehmen. Gleich morgen würde sie einen Bootsverleih anrufen. Da sie selbst mit Schifferstangen nur wenig anfangen konnte, wollte sie außerdem ein paar junge Männer aus ihrem Bekanntenkreis anheuern, die Gruppe gegen freies Essen und einen kleinen Obolus herumzuchauffieren und über den Fluss zu staken. Jetzt muss ich nur noch unseren Küchenchef zu einem traditionellen englischen Picknick überreden, sagte sie sich.
    »Warmes Ciabatta-Brot«, sinnierte der Koch, als Kate am nächsten Morgen ihr Anliegen

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