Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
Vom Netzwerk:
auch bereit gewesen, wenn er ihr erlaubt hätte, bei ihm zu wohnen, aber da- von wollte er nichts wissen. Nach zwei vorausgegangenen unglücklichen Affären hatte er beschlossen, sich nie wieder allzu eng an einen anderen Menschen zu binden. Dennoch war er wiederholt nahe daran gewesen und hatte einmal so- gar einen Heiratsantrag gemacht, aber das Mädchen hatte abgelehnt, weil es wußte, daß er sie nicht liebte. Das war vor Jahren gewesen, und mittlerweile fragte er sich, ob er wahrer Liebe überhaupt fähig sei. Im Laufe der Monate seiner Bekanntschaft mit Casey hatte er in diesem Punkt allmählich seine Ansicht geändert. Noch kämpfte er dagegen an, begann sich aber mit der Einsicht abzufinden, daß er auf verlorenem Posten stand. Vielleicht wurde er alt und beugte sich der Tatsache, daß er eine Gefährtin brauchte, daß er zwar niemals ganz allein gewesen war, aber seit langer Zeit keinen vertrauten Menschen gehabt hatte, mit dem er Nöte und Sorgen teilen konnte.
    Casey war dabei, diese Barriere zu überwinden, da sich das enge Verhältnis zwischen ihr und ihrem Vater allmählich lockerte. Der Prozeß ging langsam vor sich, und noch leisteten sie beide Widerstand. Sie wollte ihren Vater nicht ohne die Gewißheit verlassen, daß jemand seine Stelle ein- nehme; er weigerte sich, dieser jemand zu sein. Der Auszug aus der elterlichen Wohnung müsse kommen, bevor sie die Garantie neuer Geborgenheit hätte. Holman war älter als Casey, wollte aber keine Vaterfigur werden. Im Augenblick war die Sache an einem toten Punkt angelangt.
    Jetzt begriff Casey in ihrer Beklommenheit, daß sie auf seine Forderung eingehen würde. Es mußte ihren Vater sehr verletzen, aber schließlich war es nicht so, daß sie ihn nie Wiedersehen würde. Und wenn er merkte, daß sie sich zu diesem Schritt fest entschlossen hatte, würde seine eisige Reserviertheit gegenüber John auftauen. Wenn nicht, würde sie noch einmal die Qual der Wahl durchmachen müssen, aber diesmal endgültig. Ihr war klar, daß diesmal ihr Vater der Verlierer sein würde.
    Sie wartete bis drei Uhr nachmittags, dann rief sie wieder im Ministerium an. Diesmal gab es Nachricht. Man entschuldigte sich, daß es unterlassen worden sei, sie zu verständigen, doch gehe in der Abteilung wegen des Erdbebens alles drunter und drüber. Auf solche Naturereignisse sei man in England nicht vorbereitet. Einen Mann, der als John Holman identifiziert worden sei und dessen Papiere auswiesen, daß er für das Umweltministerium arbeite, habe man in das Allgemeine Krankenhaus von Salisbury eingeliefert, weil er sich in einem extremen Schockzustand befunden habe. Als Casey, der das Herz im Halse klopfte, nach Einzelheiten fragte, antwortete man ausweichend, versicherte ihr jedoch, daß John keine körperlichen Verletzungen erlitten habe. Wieder erhielt sie den Rat, dem Katastrophenort fern zu bleiben, und zuletzt versprach man ihr, sie über die weitere Entwicklung auf dem laufenden zu halten.
    Casey bedankte sich und legte auf. Dann rief sie das Krankenhaus in Salisbury an. Die Frau in der Telefonvermittlung entschuldigte sich mit dem Hinweis, daß das Krankenhaus durch die vielen Nachfragen überlastet sei, und schlug vor, daß sie es später noch einmal versuche.
    Sie hinterließ eine Notiz für ihren Vater, suchte die Stadt auf einer Straßenkarte heraus und lief hinunter zu ihrem hellgelben Wagen, einem Geschenk ihres Vaters. Sie vermied die Fahrt durch London, indem sie nach Norden fuhr und dann die Nordumfahrung wählte.
    Sie umfuhr Basingstoke und Andover auf kleineren Nebenstraßen, da sie vermutete, daß der Verkehr sich in den Städten stauen würde. In den Außenbezirken von Salisbury kam sie dann doch in einen Stau, weil die Polizei eine Sperre errichtet hatte und alle Fahrer zurückwies, die nicht über- zeugend darlegen konnten, daß ihre Fahrt notwendig sei und nicht etwa der Befriedigung perverser Neugierde die- ne. Als Casey an die Reihe kam, erklärte sie, was sie über John wußte, und durfte ihre Fahrt mit dem Vorbehalt fort- setzen, unter keinen Umständen zu versuchen, über die Stadt hinaus zum Katastrophengebiet zu fahren. Auf den Rat der Polizisten parkte sie den Wagen am Straßenrand und ging zu Fuß zum Krankenhaus, das einem Bienenhaus glich. Auf ihre Frage nach John Holman wurde sie gebeten, mit den vielen anderen Besorgten, Verwandten und Freunden zu warten, die zum Krankenhaus gekommen waren, um nach Angehörigen zu suchen.
    Um acht Uhr abends

Weitere Kostenlose Bücher