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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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immer wieder.
    Er war überrascht, daß Ennard keinerlei Reaktion zeigte. »Fehlt dir was, Joe?« fragte er.
    Ennard starrte geradeaus, die Hände hielten den Steuerknüppel umklammert.
    »He, Käpt'n«, sagte der junge Navigator. Es war erst sein zweiter Flug mit Kapitän Ennard, und er empfand noch immer ein wenig Scheu vor dem Mann. »Ah, wir sind ein wenig vom Kurs abgekommen.«
    Miller brauchte nicht einmal seine Instrumente zu überprüfen. Er konnte es visuell erkennen, indem er zum dreitausend Meter unter ihnen ausgebreiteten Land hinabsah. »Du solltest da lang fliegen«, sagte er humorvoll und wies mit dem Daumen über seine Schulter. »Hast du gehört? He, Joe!«
    Er langte hinüber und schüttelte Ennards Arm. »Ist was? Komm schon, Joe, wach auf!« Er beugte sich besorgt vorwärts, um in das starre Gesicht des Piloten zu sehen. Er schüttelte ihn wieder.
    Joe Ennards Rückhandschlag warf ihn zurück in seinen Sitz und ließ Blut aus der geplatzten Unterlippe aus dem Mundwinkel rinnen. »Terry, pack ihn!« rief er dem Navigator zu und ergriff seine Steuerung, um sie dem eisernen Griff des Flugkapitäns zu entwinden und die Maschine auf Kurs zu bringen.
    Der Navigator schnallte sich los und kam nach vorn, im Ungewissen, was er tun sollte', und abgeneigt, Hand an den Kapitän zu legen.
    »Zieh ihn von der Steuerung weg!« rief Miller, dessen Anstrengungen, die riesige Maschine unter Kontrolle zu bringen, ohne die Kooperation des Flugkapitäns nutzlos blieben.
    Der Navigator faßte Ennard bei den Handgelenken und versuchte, sie vom Steuerknüppel zu reißen, aber es gelang ihm nicht. Darauf legte er den Arm um den Hals des Piloten, drückte ihm die Luft ab und zog gleichzeitig zurück.
    Unterdessen machte Miller sich daran, Ennards Finger vom Steuerknüppel zu lösen. Keiner von ihnen hörte das diskrete, aber drängende Klopfen an die verschlossene Tür der Pilotenkanzel; der Chefsteward machte sich auch Sorgen um die Flugrichtung. Plötzlich öffnete Ennard mit einer ruckartigen Bewegung seinen Sicherheitsgurt und erhob sich, soweit seine beengte Position es erlaubte. Er war ein kräftiger Mann, und der Wahnsinn, der von ihm Besitz ergriffen hatte, machte ihn noch stärker. Der erste Faustschlag traf seinen Kopiloten zwischen die Augen und warf ihn in seinen Sitz zurück. Im nächsten Augenblick trieb er dem Navigator einen Ellbogen in die Magengrube, daß der Mann ihn loslassen mußte und sich nach Luft schnappend vor Schmerzen krümmte. Mit einem weiteren Schlag warf er ihn durch die Pilotenkanzel und gegen die Rückwand.
    Miller rieb sich die Augen; um wieder sehen zu können, und schrie dem halb bewußtlosen Navigator zu: »Die Pistole! Um Himmels willen, schieß ihn nieder!«
    Sie verwahrten die illegale Schußwaffe zum Schutz gegen die immer häufigeren Flugzeugentführungen in einem Versteck hinter dem Sendegerät. Grundlage dieser Regelung war eine heimliche Übereinkunft zwischen ihnen, wie sie auch von vielen anderen Flugzeugbesatzungen getroffen worden war.
    Die Worte waren kaum heraus, als ein mit zwei Fäusten geführter Schlag sein ungeschütztes Genick traf. Er sackte besinnungslos vornüber.
    Joe Ennard ließ sich wieder in seinen Sitz fallen und ergriff die Steuerung. Das zornig-mechanische Geräusch des Fluglotsen vom Kontrollturm in Heathrow summte ihm durch den Kopf, aber er ignorierte es. Er blickte hinab auf London, suchte mit starrem Blick nach der hohen, vertrauten Landmarke.
    Ein zufriedenes Lächeln glitt über seine Züge, ein seltsames Lächeln, das seine Zähne entblößte. Er hatte gefunden, was er suchte.
    Terry wurde sich allmählich der hämmernden Faustschläge an die Tür bewußt. Der Chef Steward hatte den Tumult gehört und verlangte aufgeregt, daß die Tür geöffnet werde, ohne noch darauf zu achten, daß einige der Passagiere ihn hören mußten. Der Navigator zog sich benommen auf die Knie und blickte nach vorn. Er konnte Miller nicht sehen, aber der Flugkapitän saß vorwärtsgebeugt über der Steuerung, als ob er durch die Fenster etwas anvisierte.
    Gleich darauf fühlte er, wie die Maschine in einen Sturzflug überging, als der Pilot seinen Steuerknüppel nach vorn stieß, daß alle vier Triebwerke auf volle Leistung gebracht wurden und die gigantische Maschine mit enormer Schubkraft beschleunigten. Verzweifelt suchte er hinter dem Sender nach der versteckten Pistole, fand und entsicherte sie. Dann kroch er über den schräg geneigten Boden zum Pilotensitz und

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