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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Verrückten, fort von der Mutation, fort von der Kathedrale. Fort von dem Nebel, um wieder unter normalen Menschen zu sein. Seine Mission war vergessen, sein Überlebensinstinkt die einzige Triebkraft. Er fühlte nicht einmal die unvermittelt auffrischende Luftbewegung, sah nicht, daß die ziehenden Nebelschwaden in wogende, wallende Bewegung übergegangen waren.
    Er glitt im nassen Gras aus, und als er mit ausgebreiteten Armen vorwärtsstolperte, um das Gleichgewicht zu halten, lief er gegen einen Baum. Sein Kopf schlug vernehmlich gegen den Stamm, und er sackte betäubt zusammen, fiel auf die Knie und dann ausgestreckt ins Gras.
    Mit schwindendem Bewußtsein sah er eine schattenhafte Gestalt aus dem Nebel treten. Das tiefe, kehlige Glucksen war das letzte, was er hörte, bevor er ohnmächtig wurde.
    Sie stießen auf den Geistesgestörten, als er gerade dabei war, Holman lebendig zu begraben. Aufkommender Wind und Regenböen hatten den Nebel aus der Stadt getrieben, und die Hubschrauber folgten der zurückweichenden gelblichweißen Masse, um ihn zu suchen. Als einer die Kathedrale umkreiste, sichtete der Pilot die Gestalt eines grabenden Mannes. Als er tiefer herunterging und ihn in geringer Höhe überflog, sah er, daß der Mann ein tiefes Loch mit Erde füllte. Sein Kopilot stieß ihn an.
    »Wir müssen landen, schnell!« rief er durch den Motorenlärm. »Da lag einer in dem Loch. Dieser Mann begräbt ihn!«
    Der kleine Gauner, der über die Gelegenheit, die ganze Stadt Winchester für sich zu haben, um sie mit seinen beiden Busenfreunden ungestört zu plündern, sehr erstaunt gewesen war, und nun durch die Einwirkung des zerstörerischen Nebels den Verstand verloren hatte, ignorierte die landende Maschine und schaufelte fröhlich Erde in die Grube, zu der er den Bewußtlosen geschleift hatte. Die Grube war von Arbeitern zurückgelassen worden, die gerade ein Grab ausgehoben hatten, welches die sterblichen Überreste eines bedeutenden kirchlichen Würdenträgers aufnehmen sollte. Dieser verdienstvolle, aber nun verblichene Gottesmann hatte als letzten Wunsch geäußert, im Schatten seiner geliebten Kathedrale begraben zu sein. Die Arbeit hatte wegen des plötzlichen Evakuierungsbefehls unterbrochen werden müssen, und das für den Nachmittag angesetzte Begräbnis wurde nun durch eine bei weitem unwürdigere Zeremonie ersetzt.
    Holman lag auf dem Grund des offenen Grabes, in das der Mann ihn wie einen Sack Kartoffeln gerollt hatte. An seiner Stirn bildete sich eine große Beule, verursacht durch seinen Zusammenstoß mit dem Baumstamm, und erst die auf ihn fallende Erde riß ihn aus seiner Bewußtlosigkeit. Er regte sich, ein leises Stöhnen entwich seinen Lippen. Als er eine Hand zum Kopf führte, die Augen noch geschlossen, und den Mund zu einem erneuten Stöhnen öffnete, landete eine Schaufelvoll feuchter Erde auf seinem Gesicht. Er zwinkerte erschrocken, nur, um die Augen sofort wieder zu schließen, als lockere Erdkrumen hineingerieten.
    Er hustete und spuckte, als die Erde ihm in Mund und Kehle drang, versuchte sich aufzusetzen, aber sein Kopf war noch zu benebelt, und so fuhr er sich statt dessen mit den Händen übers Gesicht, um es von der Erde zu befreien. Er fühlte, wie Erdklumpen weiter auf seinem Körper landeten, und sein betäubtes Gehirn rang mit den Signalen der Sinneswahrnehmungen, um zu verstehen, was vorging. Erst das gackernde Lachen durchbrach seine Betäubung und machte ihn hellwach.
    Wieder öffnete er die Augen, hielt sie aber diesmal mit den Fingern bedeckt. Er sah die Ränder des Grabes über sich, dann gewahrte er die Gestalt, welche die Erde auf ihn schaufelte. Mit einem Schlag wußte er, wo er war und was geschah. Der Mann begrub ihn bei lebendigem Leibe!
    In Panik bohrte er die Finger in die lockere Erde zu beiden Seiten der Grube und zog sich hoch. Der Mann über ihm sah es und holte knurrend mit der Schaufel aus, um ihn niederzuschlagen und zu verhindern, daß er sein vorzeitiges Grab verließ.
    Holman hob einen Arm, den Schlag abzuwehren und schloß die Augen, da er nicht genug Raum hatte, um dem Schlag auszuweichen. Aber er blieb aus. Stimmen riefen, dann folgen unbestimmbare, scharrende und grunzende Geräusche. Als er vorsichtig die Augen öffnete, konnte er nur den trüben grauen Himmel über sich sehen. Er fühlte Regen im Gesicht und auf den Händen, und die beruhigende Nässe trug zur Belebung seiner Sinne bei. Er zog die Knie an, bereit, einen weiteren Angriff

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