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Unheil

Unheil

Titel: Unheil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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bleiben durfte. Aber er war wenigstens ein Beweis positiven Handelns. Das demoralisierende Schachspiel, das weiter südlich mit dem Nebel gespielt wurde, konnte nicht unbegrenzte Zeit weitergehen, und die Öffentlichkeit mußte sehen, daß zu ihrem Schutz etwas unternommen wurde, mochten die Vorkehrungen auch unvollkommen sein.
    Die Bevölkerung wurde unterrichtet, daß ein Gegenmittel vorbereitet werde und große Mengen bald zur Verfügung stehen würden; man verbreitete die Nachricht, die Krankheit selbst sei bereits unter Kontrolle und werde wahrscheinlich bald erlöschen oder durch reine Luft so verdünnt, daß sie ihre Wirksamkeit verlieren müsse; es wurde bekräftigt, daß die Fachleute glaubten, der Krankheitserreger sei auf noch ungeklärte Weise vom Meer hereingetrieben, und eine gründliche Untersuchung seiner Herkunft werde durchgeführt, sobald die Krise vorüber sei.
    Das Volk wurde belogen, weil die Regierung es für richtig hielt; sich ausbreitende Panik würde die Gefahr nur vergrößern. Die Wahrheit — oder wenigstens etwas davon — konnte gesagt werden, sobald die Bedrohung gebannt wäre.
    Die Verantwortlichen erwartete Bestrafung — aber an ein öffentliches Gerichtsverfahren war nicht gedacht. Schritte sollten eingeleitet werden, die eine Katastrophe dieser Art und Größenordnung in Zukunft unmöglich machen würden.
    Holman hatte mit Ryker den Umstand besprochen, daß die mutierten Mykoplasmen ins Innere der Kathedrale geraten waren. Oder hatten sie dort Zuflucht gesucht? War es denkbar, war es auch nur im Entferntesten möglich, daß der Mutation eine Art Triebkraft innewohnte? Konnte sie Holman hatte gezögert, das Wort auszusprechen —, konnte sie Intelligenz besitzen? Schließlich, verteidigte er den Gedanken, sei es ein Parasit, der sich vom Gehirn nähre.
    Professor Ryker hatte gelacht, aber ohne Humor. »Jedes Lebewesen hat eine Triebkraft, Mr. Holman. Jede Pflanze hat ein gewisses Maß an Intelligenz, es ist eine Frage des Grades. Aber zu der Überlegung, ob dieser Organismus einen Willen, ein Gehirn hat: Er hat vielleicht einen Überlebenstrieb, eine Motivation ähnlich wie diejenige einer Blume, die sich der Sonne zuwendet, aber einen eigenen Verstand? Nein, Mr. Holman, lassen Sie sich von Ihrem schrecklichen Erlebnis heute vormittag nicht in die Bereiche der Fantasie drängen. Die Mykoplasmen beherrschen den Nebel nicht; als der Wind die schützende Wolke davontrieb, mußten die Mykoplasmen mitziehen, gefangen in ihrer Mitte, eingesperrt durch ihren eigenen Schutzschirm. Sie üben keine Macht über diesen Nebelschirm aus, geben ihm keine Richtung. Es handelt sich um ein organisches, aber hirnloses Phänomen, unfähig zu überlegtem Handeln.«
    »Aber Handeln durch Instinkt?« hatte Holman ihm geantwortet.
    »Ja, vielleicht.«
    »Möglicherweise läuft es auf das gleiche hinaus.«
    Ryker wurde nachdenklich, saß tief in Gedanken und schüttelte bisweilen den Kopf, wie um eine Theorie zu verwerfen, dann runzelte er angestrengt die Stirn, als ein neuer Gedanke verarbeitet und wieder verworfen wurde.
    Inspektor Barrow hatte Holman zum Forschungszentrum begleitet, nachdem Holman dem Innenminister Meldung gemacht und versprochen hatte, er werde einen neuerlichen Versuch unternehmen, Mykoplasmen in reiner Form zu beschaffen, sobald die Bedingungen günstig wären. Der Innenminister erklärte, man bleibe mit den Hubschrauberbesatzungen in ständigem Funkkontakt, und sobald der Wind nachgelassen und der Nebel stationär würde, sollte er sofort an Ort und Stelle geflogen werden. Von anderer Seite wurde vorgeschlagen, daß er an einem Platz Stellung beziehe, der sich in der genauen Zugrichtung des Nebelzentrums befinden würde, so daß es ihn zwangsläufig passieren müsse, aber Holman hatte von der Idee nichts wissen wollen. Wenn es keine andere Möglichkeit gab, dann würde er es tun, aber er lehnte es ab, dem Mykoplasmenkern gegenüberzutreten und sich von ihm einhüllen zu lassen, ohne die Möglichkeit, ihm seitwärts auszuweichen.
    Zu einem anderen Zeitpunkt hätte er das Risiko wahrscheinlich auf sich genommen, aber nach dem jüngsten Erlebnis waren seine Nerven angespannt, und er hatte kein Verlangen, das gewagte Unternehmen des Vormittags unter ähnlichen Vorzeichen zu wiederholen. Auch war er begierig, Casey zu besuchen und zu erfahren, ob die experimentelle Behandlung geholfen hatte, zu wissen, ob sie in Zukunft als hirnlos vegetierendes Wesen oder als normaler Mensch leben

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