Unheilig (Die Chroniken der Schatten) (German Edition)
ihr es sehr weit geschafft habt. Ich hätte nicht gedacht, dass ihr bis in diese Kammer vordringen könnt, geschweige denn, dass du es schaffen wirst, die henochische Sprache zu übersetzen. Alle Achtung, das muss ich dir lassen.“
Sie lachte gehässig und strich liebevoll mit den Fingern über den Umschlag der Ars Goetia in ihrer Hand.
„Das letzte Exemplar der Grimoires“, sagte sie leise. „Ich denke, es wird nicht schaden, sie zu vernichten. Somit bleibt der Schlüssel zu Samaels Vernichtung auf ewig ungelöst.“
Ihre Hände fingen plötzlich Feuer und das Buch begann zu schwelen, doch Daniel zögerte keine Sekunde. Mit einem gewaltigen Satz sprang er auf sie zu und schleuderte ihr das Buch aus der Hand. Dabei zog er sich üble Verbrennungen im Gesicht und an den Händen zu, doch er spürte den Schmerz kaum. Dem Buch durfte unter keinen Umständen etwas geschehen, sonst waren sie alle verloren. Die Ars Goetia schlitterte über den staubigen Boden und krachte neben Seth an die Wand. Der ohnehin schon arg mitgenommene Umschlag riss in zwei Hälften und rauchte. Seth erstickte die Glut mit seinen Händen und verzog schmerzvoll das Gesicht, als seine Handinnenflächen hässliche, glänzende Blasen warfen.
„Du kannst mich nicht aufhalten!“, schrie Amelie, packte Daniel am Kragen und hob ihn erneut hoch. „Deine Versuche sind zwecklos. Ihr werdet hier sterben, ohne dass ihr euren Auftrag zu Ende bringen könnt. Sträube dich nicht dagegen, Daniel. Du kannst nichts mehr tun.“
Daniel lief rot an und bekam kaum noch Luft, dennoch kämpfte er mit aller Macht gegen Amelies eisenharten Griff an.
„Solange noch der geringste Funken Hoffnung besteht, werde ich nicht aufgeben“, keuchte er unter Anstrengung. „Du verdammter Blutsauger!“
Er griff nach dem Messer in seiner Hosentasche, ließ es aufschnappen und rammte es Amelie mit aller Kraft zwischen die Rippen.
Kreischend ließ sie ihn fallen und bleckte wütend die Zähne. Daniel fiel auf den Boden und strauchelte kurz, da schoss Joe aus der Ecke hervor und warf sich auf Amelie, die überrascht und verdutzt wirkte und die glutroten Augen weit aufgerissen hatte. Joe hackte auf sie ein und fügte ihr mehrere, tiefe Schnitte im Gesicht und am Rücken zu, doch sie schüttelte ihn ab, stieß ihn mit der Faust von sich weg und zog das Messer aus ihrer Seite heraus. Von der Klinge tröpfelte dunkles, warmes Blut und benetzte den Boden.
„Ihr Narren!“, kreischte sie. „Mit solchen primitiven Mitteln braucht ihr gar nicht erst anfangen, gegen mich zu kämpfen! Ich bin unsterblich!“
Doch sie hatte nicht mit dem unerschütterlichen Kampfgeist von Joe gerechnet, der sich trotz seiner Schmerzen sofort wieder aufgerichtet hatte und erneut angriff. Ein schrilles Fauchen und Brüllen erfüllte den Raum, als Amelie und Joe sich ineinander verhakten und Richtung Treppe stolperten. Blut bespritzte die kahlen Sandsteinwände und lief in Sturzbächen daran herab, beide schlugen, bissen und kratzten auf jeden Zentimeter ihres Feindes ein und stießen dabei wildes Kampfgeschrei aus. Joe war deutlich unterlegen, denn es gelang ihm nicht einmal halb so viele Treffer zu landen wie Amelie und schon nach kürzester Zeit sah er aus wie ein malträtiertes, rohes Stück Fleisch, das vor Blut nur so triefte. Trotzdem leuchteten seine wachen Augen weiß und hell und er hatte die Fangzähne aus seinem Zahnfleisch gefahren und versuchte nun verzweifelt, Amelie in die Halsschlagader zu beißen. Sie wich seinen Attacken geschickt aus und riss ihm stattdessen ein großes Stück Haut aus dem Arm, welches sie achtlos weg warf, um Joe danach erneut zu bearbeiten. Dieser war mittlerweile bis zur Unkenntlichkeit entstellt, denn obwohl seine Wunden schnell heilten, kamen noch viel schneller neue hinzu und er verlor dabei Unmengen von Blut und wurde zusehends schwächer. Mit der Kraft eines Berserkers packte er Amelie und schleuderte sie unter einem enormen Kraftaufwand die Treppe nach oben, wo sie unsanft aufschlug und rasend vor Wut fauchte.
„Verdammt noch mal, bringt das Ritual endlich zu Ende und übersetzt die letzten Buchstaben!“, schrie er Daniel zu. „Ich weiß nicht, wie lange ich sie noch aufhalten kann!“
Dann spurtete er die Treppe hinauf und schon war erneutes Kreischen und Heulen zu hören, als die beiden Kontrahenten sich wieder ineinander
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