Unheiliger Engel (German Edition)
prickelte verräterisch nach.
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Elaine, welch schöne r Name für eine atemberaubend sinnliche Jägerin.
Sergej blickte ihr nach und vermisste den Z auber , der mit ihr gegangen war . Langsam schlenderte er durch eine mit einem roten Samttuch verhangene Hi n tertür, ging durch die Dunkelheit des Gebäudes, das ab und an vom aufblitze n den Feuerwerk erhellt wurde. Das Gejohle der Menschen und die M u sik wurden mit jedem Schritt leiser. Die Party war ihm jetzt egal, er hatte seine Schuldigkeit als Ausrichter und Gastgeber getan und würde nicht von seinen feierlustigen Gästen vermisst werden. Und wenn, würde ihn sein Ve r schwinden nur noch um einen Hauch mysteriöser und unnahbarer machen. Schritt um Schritt entfernte er sich, war i r gendwann in seinem Büro, ging an seine gut ausgestattete Bar und goss sich ein großes Glas Whi s ky ein. Ohne abzusetzen stürzte er es die Kehle hinunter, dann das zweite und ein drittes. Minuten vergi n gen, in denen er aus dem großen Panoramafenster in die Dunkelheit blickte und nachdachte. Selbst das Ticken der Uhr auf se i nem Schreibtisch erschien ihm nun überlaut und wie ein Hall in der Ruhe des Zimmers. Sekunde um Sekunde. Mahnend . A ufre i bend. Er konnte zurück zur Party gehen, aber selbst dort würde er sich nur wie ein Fremdkörper fühlen. Ihm war nach einem warmen, weiblich gerundeten Pe n dant, das sich an ihn schmiegte. Ihm war nach Elaine und ihrem reizvollen Kö r per . Das war allerdings Zukunftsmusik , eine wunderbare Komposition, die nicht heute erklingen wü r de. Wie b edauerlich.
Nach kurzem Überlegen fuhr er fort , das zu tun, was er begonnen hatte . E r b e trank sich im Eiltempo, um nicht mehr denken und fühlen zu müssen. Auch Whisky konnte wärmen und die innere Kälte vertreiben, sehr gut sogar. Nach dem sechsten übervollen Glas fiel er mit Seh- und Koordinationsst ö rungen in einen Sessel , der sein Gewicht ächzend auffing . Der Whisky bran n te in seinem Magen, in seine r Kehle und in seinem Kopf. Das halb gefüllte Glas kon n te er nicht mehr halten, es fiel aus seiner Hand . D en Aufprall auf das teure Parkett hörte er nicht mehr. Sein Zerstörungswerk auf Zeit war glücklicherweise erfol g reich. Selbst Anna war für den Moment aus s einem Gehirn gelöscht. Endlich … v ergessen … kein Ticken mehr. Der König war tot, lang lebe der K ö nig.
Als Sergej mit hämmernden Kopfschmerzen zu sich kam, befand er sich nicht mehr in seinem Büro, sondern in Tom s Gästezimmer und es war ta g hell . Wie kam er hierher? Er bli n zelte, das h elle Sonnenlicht verstärkte die Schmerzen in seinem Schädel . Er fühlte sich wie durch den Fleischwolf gedreht . Erst jetzt regi s trierte er Tom, der neben dem B ett saß und ein Glas Wasser mit Aspirin in der Hand hielt . Na br a vo .
„Willkommen unter den Lebenden. “
„ Morgen. “ S eine Laune war unterirdisch. Am liebsten hätte er sich wie ein a n geschoss e ner Wolf in einer dunklen Höhle verkrochen.
„Mittag.“
„So früh?“ Er schluckte das Wasser, erhob sich , schwankte wie ein Zombie in das angrenzende Gästebad und erreichte rechtzeitig das Klo, als der Wü r gereiz einsetzte. Danach füh l te er sich besser. Sein Spiegelbild sah genauso übel aus wie er sich fühlte. Letzte Nacht hatte er ganze Arbeit geleistet. Er putzte sich die Zähne, stellte sich unter die Dusche und ließ das heiße Wasser minutenlang über seinen Körper laufen. Als er nach dreißig Minuten erfrisc h ter und im Bademantel zurück war, saß Tom noch immer dort und blickte ihm en t gegen.
„Wieder fit?“
„Nicht wirklich. Wieso bin ich hier? “
„I n der Hölle war kein Zimmer frei.“
„Sehr witzig.“
„ Witzig? Schlepp du mal erschlaffte fünfundachtzig Kilo gramm Lebendg e wicht in ein Gästezimmer, das im ersten Stock liegt.“
„Es war ein Drink zu viel.“
„ E ine Flasche.“
„ Möglich . Habe ich was zum Anziehen? “
„Dort.“
Tom wies auf eine Kommode, auf der Sergej einige Kleidungsstücke en t deckte. Während er sich anzog, spürte er den Blick seines Freundes auf sich lasten. „Wo ist Maddie?“
„Ich habe sie heute Morgen z u ihrer Schwester gebracht , nachdem ich dich ins Bett ve r frachtet hatte.“
Sergej überhörte den letzten Teil geflissentlich. „Das ist nicht weit genug en t fernt. Maddies Schwester wohnt auf dem Land in der N ä he der City.“
„Sie fliegen zusammen in die Schweiz und besuchen Freunde. Das alles geht nicht von
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