Unheiliger Engel (German Edition)
auf sie gestoßen ? “
Tom schenkte ihnen mit zitternden Händen Kaffee nach. Ein gutes Ze i chen. Noch hatte er Sergej nicht als untragbar abgeurteilt. „ Das war um das Jahr 1456 in der Walachei. Ich hatte mich dem Woiwoden Vlad Tepes als Söldner im Kampf gegen die Türken angedient. Er war im Übrigen der Mann, aus dem Bram Stoker in seinem späteren Roman den Grafen Dracula kr e ierte.“
Tom sprang auf. „ Okay, jetzt bindest du mir einen Bären auf!“
„Nein, es ist kein Märchen . Vlad war nicht durch und durch schlecht, auch wenn es uns die grausamen Erzählungen denken lassen .“
„ Hat er seine Feinde nicht gepfählt?“
„Seine Familie bewachte j ahrhundertelang die Karpatengrenze gegen feindl i che Einfälle, die Walachei war lang e ein Spielball zwischen Türken und Ungarn. Im Kindesalter gab sein Vater ihn und seinen Bruder als Geiseln an den Hof des türkischen Sultans, wo er gefangen gehalten und gefoltert wurde. Was so was aus einem Knaben machen kann, kannst du dir vielleicht vorstellen. S päter sah er sich stets mit dem ständigen Überleben s kampf, Blut und Tod konfrontiert, er musste sich in den Karpaten verstecken , beseelt von dem Wunsch, den Thron zurückz u erobern. Was ihm schließlich mit Unterstützung der Ungarn und der Siebenbü r ger Sachsen auch gelang. Ich rettete ihm in diesem Kampf das Leben, ein vergi f teter Pfeil, der ihn treffen sollte, traf meine Brust. Dass ich d a ran nicht starb und ihn geschützt hatte , beei n druckte ihn . E r machte mich zu seinem Vertrauten.“
Tom starrte Sergej an und spielte mit einem eleganten Füllfederhalter.
„Dann trat Anna in sein Leben und er verlor das letzte Stück an Menschlic h keit.“
„In welcher Form?“ Tom blickte ihn fragend an.
„Willst du das wirklich wissen?“ Sergej zögerte.
„ Ja. “
„Er ließ zum Beispiel Gesandten die Hüte am Kopf festnageln und pfählte Menschen. Er trank auf Annas Initiative das Blut d er Opfer , tötete seine Frau und gemeinsam mit A n na eine Mätresse . Er beseitigte die Armut, indem er die Armen verbrannte und zwang die Z i geuner zum Kriegsdienst, indem er sie vor die Wahl stellte, gegen die Türken zu kämpfen oder ihre eigenen Kinder zu ve r speisen. Nur ein paar Varianten seines grausamen Wah n sinns. “
„Mein Gott . “ Toms Gesicht war aschfahl.
„ Anna kann aus Menschen Bestien machen .“
„Konntest du nicht einschreiten?“
„Ich bin nicht allmächtig . N atürlich versucht e ich , einzuwirken, doch Vlad hö r te nicht auf mich. Im Gegenteil, sein Hass richtete sich auch gegen mich. Anna war immer im Duns t kreis einiger Begleiter unterwegs. N atürlich wartete ich auf meine Chance. 1462 verbündeten sich einige Mitstreiter und ich mit den Her r schern der Sachsenstädte und Vlad konnte endlich gestürzt und aufgehalten we r den. Erst als es mir gelang, ihm einen massivgoldenen Rubinring vom Fi n ger zu streifen, wurde sein Verstand klarer. Er berichtete mir, dass Anna ihm diesen Ring geschenkt und angesteckt habe , dass er ihr sei t dem hörig gewesen sei. Mit Tränen in den Augen bat er mich , ihm zu verze i hen und den magischen Ring zu vernichten . Dann wurde er gefangen genommen und abg e führt. Zehn Jahre war er in Budapest und der am Dona u knie gelegene n Burg Visegrad eingekerkert und soll in der Gefa n genschaft Mäuse und Vögel gepfählt haben.“
Tom kratzte sich nervös am Kinn. „ W as wurde aus Anna und ihren dämon i schen Ku m panen?“
Sergej goss sich einen Whisky ein, trank das Glas in kleinen Schlucken aus und setzte sich wieder. Die Erinnerungen ließen seinen Körper verkrampfen, sein Blut schneller pulsieren und er musste zusätzlich fürchten, Toms Freundschaft zu verlieren. Er hoffte, dass der Whisky seine Emotionen betäuben kon n te. „Ich wollte sie töten, versteckte diesen unseligen Ring und ging mit meinem Schwert in ihre Gemächer, gleich nachdem man Vlad mi t genommen hatte. Zuerst traf ich auf ihren Getreuen Igor . Wi r kämpften und schließlich g e lang es mir , ihn zu enthaupten. Sein Herz schnitt ich mit einem Messer heraus.“
Tom zuckte wieder zusammen und verschüttete Kaffee. Die Tasse stellte er mit zitter n den Fingern zurück auf den Schreibtisch.
„Ich war schwer verletzt, er hatte mich mehrfach mit dem Schwert erwischt und m eine Kraft reichte weder aus, Anna einem gerechten Ende zuzuführen noch mich in Siche r heit zu bringen. Sie überwältigten und verschleppten mich. Viele Monate sah ich nur
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