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Unheilvolle Minuten (German Edition)

Unheilvolle Minuten (German Edition)

Titel: Unheilvolle Minuten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Cormier
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Innenstadt, in der Bücherei, im Einkaufszentrum. Obwohl das bedeutete, dass sie mit dem Bus nach Wickburg fahren musste, machte ihr das nichts aus. Auch er musste mit dem Bus in die Innenstadt fahren, von der anderen Seite von Wickburg aus. Um die Strecke zurückzulegen, musste er außerdem noch umsteigen. Sie war leicht beunruhigt, aber ihr schneller schlagendes Herz, die süße Atemnot, die sich in kleinen Japsern äußerte, wenn er in Sicht kam – all das löschte ihre Zweifel aus.
    Sie überlegte hin und her, ob sie ihm von der Verwüstung erzählen sollte. Einige Male schnitt sie das Thema an. Unauffällig, wie sie glaubte. Sagte: »Heutzutage passieren schreckliche Dinge, Buddy.« Sie sprach so gern seinen Namen aus. »Zum Beispiel Vergewaltigung und Verwüstung.«
    Mit erschrockenem Gesicht wandte er sich von ihr ab. Griff ihre Andeutungen nicht auf. Wechselte stattdessen das Thema. Zeigte ihr etwas im Park.
    Ein andermal sagte sie: »Es gibt Menschen, die keine Achtung vor den anderen haben.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, zum Beispiel vor dem Besitz anderer Leute. Machen alles kaputt. Richten Verwüstung an.« Wieder dieses Wort – Verwüstung. Warum konnte sie ihm nicht geradeheraus erzählen, was geschehen war? Von Karen im Krankenhaus. Hatte sie Angst, dass sie sich dadurch irgendwie entfremden würden, so wie die Verwüstung zwischen sie und Patti und Leslie getreten war? Aber was sie und Buddy miteinander verband, war anders als jene Freundschaft, soweit man überhaupt von Freundschaft sprechen konnte.
    Warum also riskierte sie es nicht? Hielt dieser versteckte Teil von ihm sie davon ab? Oder hatte es mit Harry Flowers zu tun?
    Seit sie Buddy begegnet war, hatte sie Harry Flowers an den äußersten Rand ihres Bewusstseins verbannt und sich geweigert, an ihn zu denken. Konnte es sich nicht erlauben, an ihn zu denken. Sie wusste, dass Harry Flowers in die Wickburg Regional Highschool ging, wo auch Buddy Schüler war. Harry Flowers war in der Abschlussklasse und Buddy im vorletzten Schuljahr. Kannte Buddy Harry Flowers? Nickten sie in der Cafeteria einander zu? Buddy hatte früher Basketball gespielt – waren sie Mannschaftskameraden gewesen? Hör auf, hör auf, hielt sie sich vor. Hör mit diesen Fragen auf. Die Wickburg Regional war eine riesige Highschool mit Tausenden von Schülern. Der Einzugsbereich erfasste nicht nur die Stadt, sondern auch die umliegenden Ortschaften. Es war möglich, dass sie einander gar nicht kannten, noch nicht mal voneinander gehört hatten.
    Während sie im Glanz von Buddys Liebe schwelgte, gelang es ihr zumeist, ihr Unbehagen wegen Harry Flowers beiseitezuschieben. Abgesehen von den Krankenhausbesuchen bei Karen konnte sie fast glauben, dass die Verwüstung anderswo stattgefunden hatte, zu einer anderen Zeit ihres Lebens, einer Zeit, die vorbei und erledigt war. Auch Harry Flowers gehörte jener Zeit an.
    Außerdem merkte sie, dass zusammen mit Harry Flowers auch der üble Gestank aus ihrem Leben verschwunden war.
    Gott sei Dank für Buddy Walker, murmelte sie eines Nachmittags in der Krankenhauskapelle.
    Es war fast wie ein Gebet.
    Als Jane zum ersten Mal das Wort Verwüstung erwähnte, zuckte Buddy zusammen. Zu seinem eigenen Schutz wandte er sich dann ab. Seine Gedanken überschlugen sich, und er ahnte, was sie als Nächstes sagen würde. Er musste sie ablenken, das Thema wechseln. Zum Glück blieb sein Blick auf einer tragikomischen Szene haften: Die Einkaufstüte einer Frau riss und sämtliche Lebensmittel kullerten in einem kunterbunten Durcheinander in den Rinnstein. Buddy half der Frau, die Sachen wieder einzusammeln, und blieb dann bei ihr stehen, hielt geduldig die Suppendosen, bis ihr Mann mit dem Auto kam.
    Jane schnitt das Thema »Verwüstung« noch ein- oder zweimal an, und jedes Mal konnte er ausweichen oder das Thema wechseln. Er hatte das deutliche Gefühl, dass sie von der Verwüstung ihres Zuhauses sprechen wollte. Warum zögerte sie? Warum erzählte sie es nicht einfach? Ein schrecklicher Gedanke: Hatte sie einen Verdacht, dass er etwas damit zu tun hatte? Abwehrend schüttelte er den Kopf. Wie könnte sie ihn lieben, sich von ihm umarmen, küssen und liebkosen lassen, wenn sie annähme, dass er bei der Verwüstung mitgemacht hatte, an der Verletzung ihrer Schwester beteiligt war? Die Möglichkeit, dass Jane von seiner Schuld erfahren könnte, warf jedoch einen düsteren Schatten auf ihre Beziehung. Ein Schatten, der ihn weiterhin zur Flasche

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