Unheimliche Begegnungen (German Edition)
ein einziges heiliges Symbol, so wie in Kapellen üblich. Weder ein Kreuz noch ein Engel oder andere Reliquien“, antwortete Vinc, ein bisschen über sich selbst verärgert, dass er die vorhergehende Äußerung nicht nur gedacht hatte.
„Stimmt“, sagte Tom und meinte weiter, als er Vinc Blicken folgte: „Nur diese Fratze da oben.“
Plötzlich kam Bewegung in die Grimasse. Sie hob sich inzwischen einige Zentimeter von der Decke ab. Sie blickten gebannt hin, als sie mit ihnen sprach: „Willkommen auf dem Weg zur Hölle.“
Entweder hatte Tom plötzlich allen Respekt vom Übernatürlichen verloren oder er sprach es spontan aus einer Angst heraus: „Hahaha, dass ich nicht lache. Die Hölle gibt’s ja gar nicht. Die gibt’s nur in Märchen.“ Toms Äußerung löste natürlich bei Vanessa und Vinc Erschrecken aus, aber es entsprach dem logischen Denken der Erde.
Doch Vanessas Angst ließ sie die Aufforderung an ihn richten: „Halt die Klappe, Tom!“
Jedoch bei Tom stieß dies auf taube Ohren: „Nun komm schon. Ein sprechendes Bild. Ich glaube, Hunger, Durst und die angespannten Nerven lassen in uns Hirngespinste aufkommen.“ Eigentlich hatte Tom recht, was die Nahrung anbetraf. Sie hatten in letzter Zeit überhaupt keine zu sich genommen, verspürten aber dennoch weder Hunger noch Durst. Es war so, als seien ihre Leiber schon zu Geistern geworden.
„Du leugnest die Existenz des Dieners des Herrn der dunklen Seite und zweifelst an der Hölle? Wer bist du denn, der sich so etwas anmaßt?“, kam es erzürnt von dem Unhold. „Du bist ein so kleines Wesen gegen uns Mächtige, dass wir nicht einmal uns anstrengen müssen, dich zwischen den Fingern zu zerdrücken. Du bist ein Nichts. Ich kann euch an diesem Ort nicht töten, und selbst wenn ich es könnte, ich würde es nicht tun. Und weißt du warum?“ Er wartete auf keine Antwort von Tom, sondern sagte weiter: „Weil ich euch leiden sehen will. Meinem Herrn und Meister eure Leiber auf einem goldenen mit Diamanten bespickten Tablett servieren. Ihr Pack von der Erde.“
Die Worte des Unholds flößten ihnen Angst ein. Sie waren keiner Silben mehr fähig.
Nur Vinc versuchte die Wogen zu glätten: „Verzeiht meinem Freund. Er tat seine Äußerung unbedacht“, sagte er, indem er all seine Kraft zusammennahm und die Furcht für einen Augenblick verdrängte.
Doch das Wesen an der Decke gab sich mit Vinc Schlichtungsversuche nicht zufrieden: „Ich werde euch eine Macht demonstrieren, die euer logisches Denken der Erde in Zweifel stellen wird.“
Vinc hatte sich inzwischen so an das Seltsame gewöhnt, dass er die Scheu, mit solchen Wesen zu sprechen, überwunden hatte, aber auch sich sagte, nur durch Fragen konnte er Dinge erfahren, die sonst im Verborgenen bleiben würden: „Woher wisst Ihr, dass wir von der Erde sind?“
Der Unhold lachte: „Hahaha, wir wissen alles.“ Sein Ton wurde wieder barsch, als er sagte: „Dein Freund hat es so gesagt. Gesagt ist gesagt. Nun werde ich euch eine Lehre geben, sich nicht mit uns anzulegen. Ihr seht die fünf Schreine: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Eis. Nun werdet ihr etwas erleben, dass euch lehrt, wie paradox alles sein kann.“
Vinc unterbrach ihn mit einer weiteren Frage, was ihn aber nicht ungehalten machte: „Wenn ihr alles wisst, dann könnt ihr uns bestimmt sagen, wo der Eingang zur dunklen Seite ist.“
„Du gefällst mir. Schade, dass du nicht einer von uns bist. Aber was nicht ist, kann noch werden.“ Er lachte wieder und sprach dann weiter: „Vielleicht hast du den Eingang schon überschritten, vielleicht auch noch nicht. Aber ich kann dir einen Tipp geben: Da, wo die Bestie auf dich lauert, ist die dunkle Seite. Sie wird sich freuen, so junges und frisches Fleisch wie euch zu bekommen. Der Wächter zum Eingang der dunklen Seite hat Hunger.“
Er lachte noch lauter, so laut, dass sie sich die Ohren zuhalten mussten. Wieder leiser geworden, fast flüsternd, sagte er: „Ich werde euch ein Geheimnis anvertrauen, denn ihr werdet nicht mehr dazu kommen, es preiszugeben: Was denkst du, warum die Wächter der Toten diese Schwelle nicht überschritten haben? Das Mädchen hat euch in meinem Namen die Tür geöffnet. Ihr befindet euch bereits auf der dunklen Seite. Nur ist das hier der Vorhof. Der eigentliche Eingang wird von der Bestie bewacht.“
Er räusperte sich, bevor er weiter sprach: „Dass ihr den vollen Mond sehen müsst und den Schrei des Nachtvogels vernehmen sollt, weil sich da der
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