Unheimliche Begegnungen (German Edition)
hielten sich gegenseitig fest, aus Angst, einer von ihnen könnte runterfallen und genau vor der Bestie landen.
Jedoch schien dieses Untier ein bisschen Intelligenz zu besitzen, sofern man es überhaupt von einem blutrünstigen Tier erwarten konnte, jedenfalls, als Vinc im Kamin verschwunden war, stürzte es brüllend nach draußen und stellte sich unten vor das Haus. Es sah drohend zu ihnen hinauf.
Nun konnte Vinc es erkennen. Die Bestie hatte in der Tat vier Augen. Zwei seitlich und zwei vorn eng beisammen. Mit den vorderen musterte es die Flüchtlinge auf dem Dach und mit den beiden seitlichen suchte es die Umgebung ab.
Trotz der gefährlichen Lage hätte Vinc nur allzu gerne gewusst, wie das Bild dieser vier Augen in der Gesamtheit wirkte, die das Gehirn des Untiers aufnahm.
Dass ihm in dieser Situation solche Gedanken durch den Kopf gingen, verwunderte ihn selbst, aber wieder dachte er an Vincent in ihm. Vielleicht aber spielte dies eine Rolle gegen den Kampf mit diesem Ungeheuer. Deshalb, so Vinc Überzeugung, war das noch so kleinste Detail wichtig. Nur wie er den ungleichen Kampf angehen sollte, wusste er nicht. Ihm fiel die biblische Geschichte ein, in der David gegen Goliath mit einer Steinschleuder kämpfte. So kam er sich auch vor. Wie der kleine David.
Er bemerkte, wie es sich über ihnen verdunkelte. Er erschrak, als er die Ursache sah. Eine schwarze Wolke war aufgezogen. Er meinte sogar, eine Grimasse zu sehen. Aber das konnte genauso gut an der Verformung der Wolke liegen. Sie stellten manchmal skurrile Bilder dar.
Noch ein Schreck durchfuhr ihn, als er daran dachte, dass mit der schwarzen Wolke wohl die magischen Winde nicht lange auf sich warten lassen würden.
Er wollte Tom und Vanessa auf sie aufmerksam machen, doch durch das Pfeifen und Heulen des Befürchteten hatten sie es bereits wahrgenommen.
Sie schmiegten sich noch enger aneinander, doch sie wussten, dass dies gegen den auftretenden Sturm nichts nutzte, denn sie würden gemeinsam vom Dach geweht.
Sie befanden sich in einer Falle. Unten das lüsterne Vieh, oben der verheerende Sturm.
„Wir müssen zurück in den Schornstein!“ Trotz der Nähe zueinander musste er wegen des Tosens schreien.
Sie mussten sich gegen den Orkan beugen, um in den Kamin zu gelangen. In ihm spürten sie das Beben des Hauses durch die ständigen Attacken des Sturmangriffs. Sie hielten sich krampfhaft an den Eisen fest. Vinc dachte mit Schrecken daran, wie damals das Haus weggetragen wurde. Wenn es wieder Parallelen gab, konnte er sich mit Entsetzen ausmalen, was mit ihnen passieren würde.
Vanessa schrie auf und zeigte nach unten. „Jemand hat Feuer im Kamin gemacht!“
Nur sie beruhigen, keine Panik, dachte Vinc und sagte laut: „Das ist kein echtes Feuer. Das ist eine Illusion. Denke mal an das Feuer in der Kapelle und was der Unhold sagte.“
„Das glaubst du doch selbst nicht. Mir jedenfalls wird es heiß“, stellte Tom fest und brachte mit seiner Bemerkung Vinc etwas in Rage.
„Kannst du nicht mal im Augenblick die Klappe halten?“
Tom wusste, was Vinc meinte. Er hatte aber erst jetzt mitbekommen, dass sein Freund Vanessa nur beruhigen wollte.
Daher sagte er versöhnlich: „Was man sich doch alles einbilden kann.“
„Hört auf. Ich hab es schon geschnallt, dass ihr mich beruhigen wollt.“ Sie ließ ein kurzes , wenn auch nur gezwungenes Lachen vernehmen . Sie wollte damit demonstrieren, dass sie sich keine weiteren Gedanken über sie machen sollten.
Das Feuer machte ihnen weniger zu schaffen, als der aufkommende Rauch, der durch die schwarze Wolke verursacht wurde. Sie ließ ihren Regen in den Kamin niederprasseln, wobei ein erheblicher Teil des Wassers auf das Feuer traf. Ihnen tat eine kleine Dusche gut, da sie längere Zeit nicht mit
Wasser in Berührung gekommen waren. Sie nutzten es, um mit einer Hand die Nässe in ihrem Gesicht zu verteilen, um wenigstens ein wenig das Gefühl der Sauberkeit zu bekommen, obwohl sie es nur unbewusst taten, denn ihre Konzentration lag auf ihrer Rettung.
Vinc bemerkte, dass sich der Sturm beruhigte. Von oben kam durch den Kamin wieder etwas Helligkeit, woraus er folgerte, dass die Wolke wegzog.
Er forderte die Freunde auf, zu bleiben, wo sie waren.
Das Wasser hatte inzwischen das Feuer gelöscht und auch der beißende Rauch war abgezogen.
Vinc überlegte, während er nach oben stieg, ob nicht voraussichtlich die Wolke wegen des Feuers im Kamin geschickt worden war, um es zu löschen und sie
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