Unheimliche Begegnungen (German Edition)
leises Stöhnen, wohl von entkräfteten Wesen stammend.
„Du bist der Junge, der sich Vinc nennt?“, fragte eine Stimme neben ihm, deren Person in einem hohen Alter sein musste, sie klang nicht nur wegen einer Erschöpfung schwach, sondern es war eine betagte Stimme.
„Ja“, war Vinc knappe Antwort.
„Dann ist alles verloren. Sie werden dich umbringen, wie uns alle hier“, sagte die Stimme verzweifelt.
„Ich bin nicht verurteilt worden“, antwortete Vinc und versuchte den Mann neben sich anzuschauen.
„Dass du hier bist, reicht. Alle, die hier hereingeworfen werden, sind bereits des Todes. Eine Verurteilung gibt es nicht.“
Vinc wollte noch etwas entgegnen, wegen Ungerechtigkeit und so, als ihm die nachfolgenden Worte des Greises es nicht ermöglichten, denn er war zu verblüfft: „Ich bin der Seher. Erzähle mir, was du bisher erlebt hast.“
Was war das? Wieso war plötzlich der Seher am Leben? Serius hatte ihn doch sterben sehen. Er, Vinc, hatte mit seinem Geist geredet. Vinc witterte eine Falle. Sollte er so nur ausgehorcht werden? Hatte man diesen alten Mann in den Kerker geschleust, um ihn unauffällig auszuforschen? Aber er verwarf diesen Gedanken, denn dann hätte man ja gewusst, dass sich er sich in der Stadt aufhielt und dass man ihn gefangen nehmen würde, denn der Alte musste vorher hier hereingebracht worden sein.
Ihm fiel Ashak ein. Hatte er ihn doch noch verraten?
Vinc entschloss sich dennoch, seine jüngsten Erlebnisse zu schildern. Dabei bemerkte er mit Freuden, dass sein Gedächtnis wieder zurückgekehrt war, denn er konnte sich an jede Einzelheit erinnern. Der Alte hatte seiner Geschichte aufmerksam zugehört, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen. Am Ende murmelte er nur mehrmals: „Dachte ich mir es doch.“
Dieser Satz und das längere Schweigen machten Vinc nervös, auch schon deswegen, ob er nicht doch einen Fehler begangen hatte und sich offenbarte.
„Dass ich im Kerker liege, das siehst du ja, aber weder mit dem Jungen, den du Serius nennst, noch mit anderen Kindern. Und dass ich noch am Leben bin, das siehst du ja auch. Du bist auf einen Trick der bösen Mächte hereingefallen. Sie sind Meister der Blendung und können Illusionen hervorrufen, die die Wirklichkeit vorgaukeln. Eines ist sicher, wenn es vielleicht auch nicht so gewollt war, du hast mich durch den Dolch gefunden. Was mir allerdings Sorge bereitet, ist das Spiel mit der Illusion. Sie beherrschen sie so gut, dass für dich dadurch eine große Gefahr besteht und du den Kampf gegen das Böse vielleicht nicht gewinnen kannst, weil du die Wirklichkeit und die Täuschung nicht mehr unterscheiden können wirst.“
Er hielt erschöpft inne. Vinc unterbrach nicht sein Schweigen, denn er wollte ihm eine Ruhepause gönnen, obwohl er dringende Fragen hätte, denn die Zeit lief nun gegen ihn. Mühsam brachte der Greis seine Worte über die Lippen: „Du darfst den Kampf nicht aufgeben.“
Vinc zwang sich, seine Erregtheit zu unterdrücken, als er antwortete: „Ich glaube, den habe ich bereits verloren, indem ich hier drinnen bin.“
„Nein. Nur, wer den Glauben aufgibt, hat verloren. Glaube an dich und an das Gute. Meine seherischen Kräfte haben hier drinnen nachgelassen, aber einige Dinge kann ich noch voraussehen. Es wird sich in der nächsten kurzen Zeitspanne etwas ereignen, dass die hilft zu fliehen. Gehe in die Bibliothek, der Gang wird sich öffnen und bald wieder schließen. Beeile dich.“
Die Worte des Sehers verblüfften Vinc, was ihn zu der Frage veranlasste: „Serius, der Dolch, die Ereignisse in der Festung der magischen Zwölf …“ „Alles nur Illusion“, unterbrach ihn der Seher. Er fuhr fort: „Serius handelte bereits im Auftrag der dunklen Seite. Es wird, wie ich bereits sagte, für dich schwer werden, Wirklichkeit und Illusion zu unterscheiden. Eines aber ist sicher, der Herr der Dunkelheit wird versuchen dich daran zu hindern das Herz zu holen. Er hätte dich zwar schon längst vernichten können, aber das hätten nur seine Hilfskräfte tun können. Ich nehme an, er braucht die Genugtuung, dich persönlich zu besiegen. Dich vor deiner Freundin zu demütigen, um sie sich seinem Willen zu unterwerfen und sie damit zum bedingungslosen Gehorsam zwingen.“
Diese Worte behagten Vinc überhaupt nicht, zumal sie negativ über sein Schicksal waren.
„Sollte ich es, wie du vorausgesagt hast, wirklich von hier entkommen können, was ich für höchst unwahrscheinlich halte, könnte ich gar
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