Unheimliche Begegnungen (German Edition)
Straßenbeleuchtung gab es auf Arganon noch nicht.
Etwas abseits, wo kein Treiben herrschte, gebot Ashak Vinc, stehenzubleiben. Er nahm ihm die Fesseln ab mit den Worten: „Wir nun gehen getrennt. Ich werden suchen Schlafplatz. Du gehen erfüllen deine Mission. Vielleicht wir sehen uns einmal wieder.“
„Wenn sie feststellen, dass du mich nicht zum Verlies gebracht hast, wirst du Ärger bekommen.“
„Ich sagen, ich haben dich abgegeben bei eine Wache. Sollen sie doch suchen, wer Wache war. Ich ihn nicht kennen.“
Vinc musste feststellen, das Ashak gar nicht so dumm war. Man erzählte von den Arlts, sie seien primitive Krieger und nicht gerade klug, aber Ashak bewies das Gegenteil und er bewies auch, dass man nur mit diesem Volk sprechen musste, um sie vielleicht als Freunde zu gewinnen.
Zum ersten Mal spürte Vinc den festen Druck einer Arlt shand. Seine passte dreimal in diese riesige Pranke. Er war froh, dass Ashak nicht seine gesamte Kraft verwendete und zudrückte. Er konnte sich denken, wie seine Hand anschließend ausgesehen hätte. Zwar nicht zerquetscht, aber zumindest ein paar Finger gebrochen.
Vinc schaute Ashak noch eine Weile nach, bis er in der Dunkelheit der Nacht verschwunden war. Trotz der außergewöhnlichen Hilfe des Arlts beschlich ihn ihm gegenüber immer noch ein Gefühl des Misstrauens. Wie konnte er nur sicher sein, dass Ashak sich wirklich von ihm entfernt hatte und nicht nur außer Sichtweite gegangen ist, um ihn etwas weiter weg zu beobachten? Schließlich kannte Vinc nicht die Schärfe seines Sehvermögens in der Dunkelheit. Wo er ihn nicht mehr sah, konnte es gut möglich sein, dass ihn der Arlt noch erkennen konnte. Mit diesem Unbehagen suchte sich Vinc eine sichere Stelle, um die Mitternacht abzuwarten.
Während er in seinem Versteck wartete, stellte er einige Überlegungen an und ließ vergangene Abenteuer an seinem geistigen Auge vorüberziehen. Er versuchte Zusammenhänge zu konstruieren, um wenigstens ein paar Anhaltspunkte zu entdecken, die ihn weiter bringen könnten. Doch Einiges ergab noch keinen richtigen Sinn. Und plötzlich bemerkte er wieder, als er weiter nachdachte, dass er keine weiteren Erinnerungen mehr besaß. Etwas löschte sie langsam aber sicher aus seinem Gedächtnis.
Eine noch nie da gewesene Panik überfiel ihn. Wenn das so weiter ginge mit seiner Amnesie, würde er sich eines Tages an nichts mehr erinnern können. Nicht an Vanessa, noch an seinen Auftrag, noch wer er selbst war. Es fiel ihm auf, dass erst dieser Gedächtnisverlust auftrat, als er den Weg zur Bibliothek kannte. Er holte den Dolch, der ihm den Zugang öffnen sollte, vom Gürtel, und betrachtete ihn genauer. Je länger er es tat, desto mehr bemerkte er, dass irgendetwas versuchte, seine Seele zu vereinnahmen.
Und plötzlich erkannte Vinc, dass dieses Ding in seinen Händen immer gefährlicher wurde. Wer waren diese Leute auf der Festung der magischen Zwölf? War der Weissager wirklich der tote Seher gewesen oder nur ein Werkzeug der dunklen Mächte? War der Geist des kleinen Serius bereits ein Helfer dieser Mächte? Diese Fragen standen nun drohend im Raum. Die Ungewissheit darüber machte seine Mission noch gefährlicher, denn nun tauchte ein weiterer Feind auf, der schlimmer war als alle anderen, nämlich die Unsicherheit. Vinc erkannte, zumindest ahnte er, dass er sich mitten im Intrigenspiel der bösen Mächte befand. Schlimm war, dass dazu auch sein Gedächtnisverlust zählte. Seltsam nur, obwohl ihm Erinnerungen der jüngsten Zeit entfielen, er sich jedoch an ferner gelegene deutlich erinnern konnte. Er überlegte, seit wann er diesen Ausfall bekam. Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Der Dolch wurde ihm in die Hände gespielt, um diesen Zustand zu bewirken. Wenn es der wirkliche Seher war, hätte er ihn vor diesem mysteriösen Gegenstand warnen können, sogar müssen. Hatte er es vergessen oder war es Absicht? Aber wem nützte der Verlust des Gedächtnisses?
Er gab sich wieder einen Ruck und verdrängte die Ängste und die ungelösten Fragen. Nur durch Taten konnte er sie beantworten.
Er wollte den Dolch verstecken, um sich aus seinem Bann zu entziehen, als ihm deswegen Bedenken kamen. Wenn er in den Dom ginge und er ihn doch brauchte, wäre der Weg dorthin umsonst gewesen und er hätte sich unnötig einer Gefahr ausgesetzt.
Er meinte, ein Lüftchen neben sich zu spüren. Er befeuchtete seinen Finger und hielt ihn in die Höhe, aber wie erwartet, es herrschte Luftstille.
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