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Unheimliche Begegnungen (German Edition)

Unheimliche Begegnungen (German Edition)

Titel: Unheimliche Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Vehler
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gefangen. Das Tor wird sich schließen und nie mehr öffnen. Dein Stein konnte es nur einmal tun. Während er alle anderen Eigenschaften behält, wird er die eine verlieren. Nun spute dich, ab jetzt bringt dich jeder Atemzug deinem Ende näher.“
    Wie lange Zeit waren tausend Atemzüge? Langsamer atmen, dachte sich Vinc. Er fing an zu zählen.
    Welchen Gang sollte er benutzen? Es mussten so viele Bücher sein, dass sogar das Maß der menschlichen Zahlen unzureichend war.
    Wieder dachte er an den Wunderstein. Er nahm ihn und legte ihn auf die ausgestreckte Handfläche.
    Aber wie sollte er ihm helfen?
    Doch da sah er, wie eine der zwölf Zacken aufleuchtete. Er ging in die Richtung und er beschritt den Gang. Von diesem kleinen Wunder abgelenkt, vergaß er, seine Atemzüge zu zählen. Waren es schon über hundert? Um sein Versäumnis nachzuholen, fing er bei der Zahl weiter zu zählen, die er noch wusste. Er hielt einige Male solange den Atem an, bis es ihm schwindlig wurde. Er wollte damit einige Züge, die er nicht mitgezählt hatte, einholen. Doch er durfte sich nicht zu oft von seinem eigentlichen Ziel ablenken lassen, nämlich das Buch zu finden. Wenn nun aber der Stein seine wundersame Kraft verlieren würde und er sich hier verirrte, wäre er in diesem unübersehbaren Labyrinth ohnehin verloren.
    An einer Stelle der riesigen Regale blinkte eine Ecke des Steins erneut auf. Er blieb stehen und er sah tatsächlich den Titel des Buches, das er suchte: Das Geheimnis der dunklen Mächte.
    Er wollte es aus dem Regal nehmen, aber es fiel von selbst heraus und landete mit einer aufgeschlagenen Seite vor seinen Füßen. Er sah keine geschriebenen Worte, sondern nur eine Zeichnung. Ein Lageplan. Er betrachtete ihn genauer. Er konnte es nicht fassen, was er da sah. Er prägte sich den Plan genau ein.
    Wieder hatte er vergessen, seine Atemzüge zu zählen. Sein einziges Ziel war, so schnell wie möglich aus dieser Bibliothek hinaus zu gelangen, bevor sie sich für immer schloss.
    Er sah auf der Erde etwas liegen, das wohl aus dem Buch gefallen war. Eine Seite. Er steckte sie in seine Tasche, denn die Zeit eilte von dannen.
    Er fing an zu laufen, doch stoppte er seine hastigen Schritte, denn der Atem wurde durch die Hektik kürzer und schneller. Das Labyrinth schien kein Ende zu nehmen. Während seiner panikartigen Flucht fiel ihm noch etwas Schreckliches ein. Warum die Eile? Die Überführung war ja zum Teil eingestürzt. Selbst wenn er das Tor passieren könnte, wäre ein Rückweg dadurch nicht mehr möglich. Das musste doch die unbekannte Stimme auch wissen. Kaum an sie gedacht, hörte er sie auch schon: „Deine Zeit ist abgelaufen. Aber ich gebe dir noch eine Möglichkeit. Übergebe mir den Stein und ich helfe dir. Die eingestürzte Überführung habe ich bereits rückgängig gemacht. Lege den Stein auf den Boden und ich lasse das Tor solange geöffnet, bis du es passiert hast. Tust du es nicht, schließe ich es für alle Ewigkeit. Ich gebe dir noch hundert Atemzüge, um darüber nachzudenken.“
    Vinc überlegte und er war fest entschlossen, sich nicht von dem Stein zu trennen. Er wusste nicht, warum er es tat, aber eine innere Stimme riet ihm davon ab.
    „Noch siebzig Atemzüge. Siebzig für deine Freiheit oder siebzig für deinen Tod“, sagte die Stimme unbarmherzig.
„Wer sagt mir, dass es der Wahrheit entspricht, was du mir anbietest. Hast du den Stein, dann werde ich vielleicht sowieso getötet.“
    „Wage nie wieder, meine Worte anzuzweifeln, sonst töte ich dich gleich. Aber der Stein nützt mir nur, wenn du ihn mir freiwillig gibst.“
    Vinc bemerkte an der zornigen Stimme, dass er ihn wohl beleidigt hatte. Er sah eine Chance, ihn am Zählen zu hindern, wenn er mit ihm sprach, dem Unbekannten.
    Wie sehr er sich täuschte, erkannte er am folgenden Satz: „Noch dreißig Atemzüge.“
    Vinc hielt wieder die Luft an, um Zeit zu gewinnen.
    „Das wird dir nichts nützen, denn ewig kannst du nicht die Luft anhalten. Doch nachher, wenn du tot bist, dann brauchst du sie nicht mehr.“
    Vinc prustete die angestaute Luft heraus und atmete tief die neue wieder ein.
    „Noch drei Atemzüge“, hörte er sagen.
    „Noch zwei!“ Er wusste, als er diese Zahl hörte, dass sein Leben zu Ende war.
    „Ein einziger trennt dich zwischen Leben und Tod.“
    Vinc wollte den Stein niederlegen, doch seine Kraft hatte ihn verlassen.
    Doch wieso atmete er weiter?
    „Du hast die Prüfung bestanden. Du bist der Richtige, um dieses

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