Unheimliche Begegnungen (German Edition)
Aber wieso entfallen ihm Dinge die erst kürzlich geschehen waren? Was geschah mit seinem Gedächtnis? Es schien, als würden Begebenheiten allmählich aus seinem Hirn gelöscht.
„Solltest du nicht bei deinen Kampfgenossen sein?“, fragte Vinc etwas irritiert.
„Ich sein mit Kumpel geschmissen worden aus Armee. Du können dich nicht erinnern.“
Vinc wurde hellhörig, als der Arlt sagte: „Ich gehen nach Madison. Ich hören, sie suchen starke Arbeiter für Bau von Häusern und Festungen. Wenn ich Arbeit, ich gründen Familie.“
„Ich will auch nach Madison. Aber ich kann nicht in die Stadt. Ich werde gesucht.“ Vinc hatte dies extra gesagt, denn er wollte die Reaktion Ashaks sehen, um das Misstrauen gegen ihn zu beseitigen.
„Wir können gehen Weg gemeinsam. Aber warum du gesucht werden?“, fragte er.
Vinc entschloss sich, es ihm zu erzählen. Dass er wohl zurzeit der ärgste Feind des Tyrannen war und auch der dunklen Seite. Schließlich war es egal. Wenn es wirklich eine Falle war, dann wäre er so oder so verloren.
„Du müssen in die Stadt? Ich dir helfen“, sagte der Arlt und trat näher.
Vinc kannte das Reden von dem starken Körpergeruch der Arlts, aber dass er so enorm war, bemerkte er erst durch einen kleinen Brechreiz, der ihn überkam. Das musste an der lederartigen Haut dieser Krieger liegen. Die Arlts waren nun einmal ein Naturvolk, die kaum ein richtiges Bad kannten und wenn sie nicht gerade an einem Fluss oder einer Quelle wohnten, gehörte das knappe Wasser zu ihren kostbaren lebensnotwendigen Grundlagen.
Obwohl das Würgen im Hals noch da war, bemühte sich Vinc um eine normale Stimme, als er fragte: „Wie willst du mir helfen? Ich sagte die bereits, dass ich gesucht werde.“
„Du überlassen das Ashak“, antwortete er und verzog sein Gesicht zu einem Lächeln. Obwohl bei allen Arlts fast nur eine ausdruckslose Miene zu sehen war, gelang es ihm einen geheimnisvollen Eindruck zu vermitteln.
Vinc versuchte Ashak zu bewegen, doch noch seinen Plan preiszugeben, aber er war dazu nicht bereit. Irgendwie machte es ihm Spaß, Vinc im Ungewissen zu lassen.
Sie gingen schweigend weiter.
Es war fast Abend, als sie die Einfassung der Stadt vor sich sahen. Sie wussten, wenn die Sonne hinter den Mauern versunken war, würden die Tore geschlossen. Vinc aber wollte so schnell wie möglich seine Mission beenden.
Bevor sie zu dem Stadttor gingen, befahl Ashak Vinc, stehenzubleiben. Vinc erschrak ein wenig, als er den barschen Ton des Befehls hörte: „Du Hände hinter Rücken nehmen!“
Vinc gehorchte verwundert.
Ashak trat hinter ihn und Vinc merkte, wie seine Hände gefesselt wurden. Er hatte gar nicht gesehen, dass der Arlt einen Strick bei sich hatte, aber er konnte ihn auch an seinem Lendengurt gehabt haben.
Die Fesselung brachte in Vinc eine große Unruhe und auch etwas Furcht auf. Warum traute er nur einem Arlt? Erst schlich sich Ashak in sein Vertrauen ein und nun würde er ihn den Wachen ausliefern. Was war für ihn einfacher, als seinen Gefangenen ungehindert und ohne Widerstand auf diese Art und Weise hierher zu bringen?
Vinc spürte, wie Ashak ihm das Beil ins Kreuz hielt und befahl: „Vorwärts!“
Vinc wusste, dass ein Widerstand zwecklos war. Sie waren schon nahe an den Stadtwachen und Ashak würde nicht zögern, ihn bei einer Flucht zu töten.
Am Tor angekommen fragte einer der Wachen: „Arlt, wo willst du hin?“
„Ich geben Gefangenen bei Gefängnis ab“, antwortete Ashak.
Er wollte mit Vinc weiter gehen, aber die Wache stellte sich ihm in den Weg. „Wir geben ihn ab!“, sagte er barsch.
„Nein. Ich wollen Belohnung. Ich geben ab.“ Die Worte kamen drohend aus Ashaks Mund.
„Gut, wenn auf ihn eine Belohnung ausgesetzt ist, dann melde dich bei dem Kommandanten der Wachen. Er hat sein Haus neben dem Verlies. Ich werde dich begleiten. Nicht dass der Gefangene flüchtet und die Einwohner bedroht.“
Ashak hob die Waffe und hielt sie über das Haupt von Vinc. „Wenn flüchtet, ich spalten Kopf. Sehen ich aus, als haben keine Stärke und können nicht bewachen Gefangenen?“ Der Wächter lachte und stellte sich neben, den zwei Kopf größeren, Ashak. „Ist schon gut. Du kannst passieren. Dieser Jüngling wird dir wohl nicht gefährlich.“
Die Dunkelheit hüllte allmählich die Stadt ein. Die Gassen wurden zu einer gespenstischen Kulisse, bedingt durch das spärliche Licht einiger Fackeln, die an den Eingängen der Häuser steckten.
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