Unheimliche Erscheinungsformen auf Omega XI
Spiel. Dabei hätten wir so viele Möglichkeiten. Ich werde auch für uns Spiele machen. Die alten Lumen sollen ein paar von der Erde mitgebracht haben, an die müßte man herankommen, Brettspiele und so etwas. Aber zuerst werde ich für uns einen Badepalast entwerfen mit Fischmäulern und Muscheln und Fontänen und elektrischen Fa r ben. Es muß dir merkwürdig vorkommen, daß die Prudenten so was noch nicht haben. Aber uns fehlte einfach die Zeit dazu. Wir haben ja nicht einmal Schlafzimmer mit richtigen Betten. Aber für die Lumen mußten dauernd neue geliefert werden, jetzt schon alle zwölf Stunden.
Weil sie mich so selbsttätig freiwillig küßte, hielt ich mich auch nicht zurück. Es war eben die Freude, daß der Modderwind aufhören würde. War eigentlich ein Grund vorhanden, Elektra gegenüber so etwas wie ein schlechtes Gewissen zu kriegen? Ich hatte doch allerhand durchg e macht, während sie mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit im bunten Hotelwasser plantschte. Ich war an allen Ecken und Enden meines Körpers beschädigt worden. Ich hatte Spritzen, einen Kält e schlaf und eine Reparatur über mich ergehen lassen. Ich war aufgetaut worden und hatte mit den Prudenten beraten, was auch Nerven erfo r derte. Ich hatte diese Kolosse, die Roburen, zum Spielen bewegt, kurz, ich hatte den Modderwind erledigt. Dafür hatte ich mir wenigstens ein Bonbon verdient. Was konnte ich dafür, daß Ludana mir gleich eine ganze Bonbonniere hinhielt? Da griff ich natürlich zu.
Nach einer Weile aber wurde Ludana traurig und hockte sich auf ihre Rollschuhe. Ach, ich glaube, wir freuen uns zu früh. Petronius hat recht, die Lumen werden gar nicht davon erbaut sein, daß der Modde r wind aufhört. Sie können uns dann nichts mehr vorwerfen, und wenn sie uns nichts mehr vorwerfen können, haben sie auch keinen Grund mehr, uns das Vitamin P vorzuenthalten.
Wieso vorenthalten?
Sie teilen es uns doch zu, sagte Ludana. Teilt euch auf der Erde nicht auch jemand euer entsprechendes Vitamin zu?
Nein, sagte ich, so was kennen wir nicht. Wir verdienen unser Geld, dafür kaufen wir uns, was wir brauchen.
Habt ihr es gut! Dann gibt es wohl nichts, ohne das ihr nicht leben könnt.
Doch sagte ich, zum Beispiel ohne Liebe kann ich nicht leben.
Ich meine etwas zum Essen, eben ein Vitamin oder ein Salz, das man euch entzieht, wenn ihr nicht so wollt, wie ihr sollt.
Man kann einem ja auch Liebe entziehen, sagte ich.
Verstehst du nicht? fragte Ludana.
Nicht ganz und eigentlich überhaupt nicht, sagte ich. Wenn ihr Vi t amin P braucht, müßt ihr es eben herstellen. Ihr stellt doch sonst alles her.
Nur Vitamin P nicht. Das kommt aus der P-Alge, und die haben die alten Lumen gezüchtet. Uns aber haben sie so angelegt, daß wir ohne Vitamin P nicht leben können. Die Alge wächst unterirdisch, bei den Lumen, und wird streng bewacht. Ich glaube, die Lumen können schon deshalb nicht produzieren, weil sie zuviel damit zu tun haben, die Vi t amin-P-Alge zu bewachen. Wenn wir davon bloß einen kleinen Ableger hätten, könnten wir uns hier eine Kultur aufbauen und wären von i h nen unabhängig. Aber die Lumen sterben lieber, als daß sie uns die Alge geben. Das ist doch das einzige, womit sie uns in der Hand haben, das lassen sie uns öfter fühlen. Eigentlich hatten sie nie einen richtigen Grund, wenn sie sie uns vorenthielten. Es waren immer gesuchte Gründe. Mal hatten wir etwas nicht schnell genug konstruiert, mal ha t ten wir uns ungebührlich geäußert. Die Zeichnungen, die Hironimus und Petronius von dir und Elektra gemacht haben, kosteten sie zum Beispiel ihre Ration von drei Tagen. Ganz ohne Vitamin P können wir aber nicht existieren. Wir brauchen es nötiger als Wasser oder Brot. Wir streckten also die Rationen, und darum sind wir jetzt immer noch knapp. Du hast es ja an Hironimus und Petronius gemerkt, ganz in Form sind sie nicht. Drei Tage oder auch nur einen Tag ohne Vitamin P, das würden wir nicht aushallen. Schon bei verminderter P-Zufuhr haben wir Kopfschmerzen, daß wir ohnmächtig werden. Jedesmal, wenn die neue Vitamin-P-Ration aussteht, sind unsere Nerven schrec k lich gespannt. Wir denken immer, während wir arbeiten: Wird die Rat i on rechtzeitig kommen, wird sie wieder ausbleiben, wird sie voll ausg e liefert oder herabgesetzt, oder wie lange wird sie sich verzögern, einen Tag oder zwei oder nur eine Stunde? Als sich Fuks im vorigen Jahr auf unserer Gleitstrecke drei Rippen brach, hat er uns bloß
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