Unit Kill
unserer Verfassung nicht als Grund hernehmen, sie zu brechen. Unrecht bleibt Unrecht.“
Der Bundeskanzler nickte ganz leicht und blickte abwesend aus dem Fenster. Dann blickte er dem Verteidigungsminister in die Augen. „Darf ich Sie um einen Gefallen bitten? Einen persönlichen Gefallen?“
„Selbstverständlich.“
„Dann beantworten Sie mir bitte eine Frage.“
Der Verteidigungsminister nickte.
„Was hätten Sie an meiner Stelle getan, wenn wir mal annehmen, es hätte sich tatsächlich um den Frachter voll Sprengstoff und Terroristen gehandelt?“
„Die Spezialeinheit wurde doch schon viel früher gegründet, genauso wie die Geldbeschaffung schon vorher statt fand. Das ist doch das Thema!“
„Das ist nicht die Antwort auf meine Frage“, erwiderte der Bundeskanzler ruhig.
„Hätte es die Einheit und das Schwarzgeld nicht gegeben, dann würde sich die Frage doch so gar nicht gestellt haben!“
Der Bundeskanzler lächelte leicht und der Verteidigungsminister schloss in plötzlichem Erkennen die Augen. Er hatte sich in die Ecke drängen lassen. Der Bundeskanzler hatte ihn eine Falle aufstellen und dann selbst hinein tappen lassen.
Der Kanzler machte jetzt den Sack zu. „Also gut, wenn Sie es unbedingt so wollen, dann nehmen wir doch mal an, es hätte keine kriminelle Geldbeschaffung und keine verfassungswidrig operierende Spezialeinheit gegeben. Ja? Und dann erfahren wir, dass ein Frachter mit zig Tonnen Sprengstoff und einer Horde von Leuten, die ohne zu zögern bereit sind, sich selbst und vielleicht tausende unserer Mitbürger in die Luft zu sprengen, Kurs auf Deutschland nimmt. Herr Verteidigungsminister, Ihre Vorschläge bitte!“ Die Stimme des Bundeskanzlers war bei den letzten Worten hart geworden.
Der Minister sah vor sich auf die Tischplatte und schwieg verbissen.
„Wir hätten gar nichts tun können, wenn sich der Frachter in einem Hafen oder in einem Hoheitsgewässer der souveränen Republik Iran befindet. Ansonsten wäre es völkerrechtswidrig gewesen, oder sehe ich das falsch? Und auf hoher See? Das Schiff gewaltsam stoppen und durchsuchen? Mit welcher Rechtsgrundlage denn? Und vor allem, was wäre denn passiert, wenn wir es getan hätten? Die hätten sich doch mit allem, was in der Nähe gewesen wäre, selbst in die Luft gejagt und unsere Fregatten oder Zerstörer pulverisiert! Oder hätten wir warten sollen, bis das Schiff in Hamburg festmacht und das Hafenviertel einäschert? Oder vielleicht Hamburg evakuieren? Und natürlich alle anderen Städte an der Nordsee auch! Wissen Sie was rechtlich einwandfrei gewesen wäre? Zu warten, bis sich die Leute ihren Sprengstoffgürtel umgeschnallt haben und das Schiff verlassen. Dann hätte man sie verhaften können. Ich hätte allerdings keiner der Polizeibeamten sein wollen, der versucht diese Leute festzunehmen. Und ich möchte auch nicht als unbeteiligter Passant in der Nähe sein.“
Der Verteidigungsminister gab sich geschlagen. Der Bundeskanzler wollte ihn aber nicht schlagen, sondern auf seine Seite ziehen.
„Sie haben mit ihren ausgesprochenen und unausgesprochenen Einwänden vollkommen recht, Herr Verteidigungsminister“, fuhr der Bundeskanzler mit eindinglicher Stimme fort. „Der Kampfeinsatz einer Bundeswehreinheit ohne Zustimmung des Parlaments ist nicht verfassungskonform. Aber eine Spezialeinheit, die geheime Operationen durchführen soll, kann unter den obliegenden verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht arbeiten. Da sind wir beide uns einig, oder? Also habe ich Recht gebrochen. Ich rede mich da nicht heraus und es ist mir in vollem Umfang bewusst. Aber ich es werde es in diesem speziellen Fall auch weiter tun. Die Finanzierung der Einheit, ihrer Ausrüstung und Einrichtungen ist juristisch gesehen kriminell, moralisch sehe ich es aber nicht ganz so. Aber es ist und bleibt kriminell. Und auch hier erachte ich es für notwendig, das Ganze weiter geheim zu halten und den Rest des Geldes für die Einheit einzusetzen.“
Der Ton des Kanzlers wurde hart. „Und das muss es gewesen sein. Kein weiterer Rechtsbruch mehr. Keine kriminellen Aktivitäten mehr. Aber wir brauchen diese Einheit, da führt kein Weg dran vorbei. Sie haben ja den aktuellen, gemeinsamen und geheimen Terrorismus-Bericht des Verfassungsschutzes und des Bundesnachrichtendienstes auch gelesen. Und das dürfte nur die Spitze des Eisberges sein.“
Der Verteidigungsminister nickte düster, alle seine Albträume hatten in diesem Bericht Gestalt
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