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Universalheilmittel

Universalheilmittel

Titel: Universalheilmittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Dalichow
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sie den Stoff, genau wie die Griechen und Römer, die sich zudem gern in Leinen kleideten.
    Hippokrates schwor auf Leinöl, und zwar unter anderem bei der Behandlung von Darmerkrankungen, Geschwüren, Sonnenbrand und Husten. Gegen Verstopfung empfahl er den Verzehr von Leinsamen, ein Tipp, der heute genauso aktuell und effektiv ist wie damals.
    Plinius der Ältere berichtet von Flachsanbau unter anderem in Spanien und Gallien. Der Anbau verbreitete sich nach Germanien weiter. Im Mittelalter aß man bei uns Brei aus Hanf und Lein. Während des Winters, wenn die Feldarbeit ruhte, wurde Flachs gesponnen und gewebt. Meist gab es nur in dem Raum, wo man dieser Tätigkeit nachging, einen eigenen Ofen. »Legendär war die Atmosphäre in bäuerlichen Spinnstuben, von einer gewissen Heiterkeit und Leichtigkeit geprägt und einer Nähe zwischen den Geschlechtern, die zuweilen das Eingreifen von Klerus und Obrigkeit herausforderte«, schreibt Hans-Ulrich Grimm. »Und weil es nicht nur Annäherungen gab und Ausschweifungen, sondern auch Konspiration vermutet wurde, wurden mancherorts gemeinschaftliche Spinnabende bei Strafe verboten oder nur nach vorheriger Genehmigung und Angabe der teilnehmenden Personen gestattet.« Chatrooms der althergebrachten Art …
    Ein weiteres wichtiges Erzeugnis war und ist der sogenannte Firnis, eine aus Leinöl hergestellte Flüssigkeit, die nach dem Trocknen zu einer widerstandsfähigen, schützenden Oberfläche wird. Leinölfirnis war lange Zeit der wichtigste Rohstoff für Beschichtungen – »Linoleum« bedeutet »Leinöl« –, außerdem für Farben, generell und in der Kunst. Als Entdecker der hervorragenden Firniseigenschaften des Leinöls gilt der flämische Maler Jan van Eyck (1390–1441). Ohne Leinwand, ohne Leinöl als wesentlichen Bestandteil der Farben und ohne Firnis wären die großartigen Gemälde zum Beispiel von Rembrandt nicht möglich gewesen. Und vor allen Dingen wären sie nicht bis heute so gut erhalten geblieben. Der Lein hat unsere gesamte Kultur geprägt und ermöglicht.
    Dass er im 19. Jahrhundert verdrängt wurde, genau wie das auch mit Wolle und Hanf geschah, hat damit zu tun, dass eine neue technische Lösung bei der eigentlich sehr schwierigen Verarbeitung von Baumwollfasern gefunden wurde. Ab dem Moment »übernahm« die Baumwolle, und: »Von der Industrialisierungswelle getragen, überrollte eine frühe Globalisierung ganz Europa.« So Hans-Ulrich Grimm.
    Die Anbauflächen von Lein in Deutschland reduzierten sich innerhalb weniger Jahrzehnte von 220 000 Hektar im Jahr 1875 auf unter 40 000 im Jahr 1900. Stattdessen säte man weniger arbeitsintensive Kulturpflanzen wie Getreide.
    Auf der Strecke blieben auch Tausende von kleinen Ölmühlen, in denen die Landbevölkerung Leinsamen zu Öl verarbeitete. Je frischer das Öl ist, umso besser schmeckt es, und es hält sich ohnehin nur kurz … Leinöl, Quark und Pellkartoffeln, das war ein Klassiker der Landküche, eine einfache, schmackhafte, von wertvollen Nährstoffen strotzende Mahlzeit.
    Zudem wurde die lange Tradition des Leins als Heilmittel unterbrochen, zum Beispiel äußerlich gegen Gürtelrose und Schuppenflechte, innerlich gegen Magen-Darm- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Entzündungen und vieles mehr.
    Erst heute kann man sich erklären, worauf die durchgreifenden medizinischen Wirkungen des Leins beruhen und wie genau man ihn einsetzen kann. Zum Beispiel belegen eine ganze Reihe von aktuellen wissenschaftlichen Untersuchungen Folgendes: Eine regelmäßige, tägliche Einnahme oder ein ebensolcher Verzehr von Leinöl, zusätzlich zu den Medikamenten, die sich bereits als hilfreich erwiesen hatten, brachte Patienten in psychiatrischen Kliniken schnelle und nachhaltige Verbesserungen. Die Patienten litten an psychischen Störungen wie Depressionen, Schizophrenie und Ängsten.
    Werdende Mütter und Frauen, die gerade ein Kind zur Welt gebracht hatten, bewahrten ihre Lebenskraft und erholten sich besonders schnell, wenn sie regelmäßig Leinöl zu sich nahmen. Nachgeburtlichen Depressionen wurde so vorgebeugt.
    Zurückzuführen ist all dies vermutlich auf die im Lein enthaltenen hohen Mengen an Omega-3-Fettsäuren. Schon die tägliche Dosis von einem einzigen Teelöffel bringt viel. Das liegt laut Grimm »… an den Wirkstoffen: Sie haben gewissermaßen eine Hebelwirkung, weil sie an den zentralen Schaltstellen des Körpers ansetzen – und damit eine Fülle von [positiven, erwünschten] Folgereaktionen

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