Universalheilmittel
dieser Baum wie gesagt in Sri Lanka und dem Südwesten Indiens zu Hause.
Zur Gattung der Zimtgewächse werden etwa 150 verschiedene tropische Baumarten gerechnet, die ursprünglich alle aus Süd- und Südostasien stammen und dort schon immer als Heilmittel und zum Würzen verwendet wurden. Nur drei davon sind heute wirtschaftlich wichtig, im Hinblick auf den europäischen Markt sind es nur zwei.
Die Zimtsorte mit der längsten geschichtlichen Bedeutung ist Kassia (Cinnamomum cassia), auch »Kassie«, »Chinesischer Zimt« oder »Kassiazimt« genannt. Kassia stammt aus dem Südosten Chinas. Dort wurde sie bereits vor fast 5000 Jahren als Gewürz und zu medizinischen Zwecken verwendet. Schon wenig später gelangte sie über die Seiden- und Gewürzstraßen nach Mesopotamien. Heute wird sie nicht nur in China, sondern auch in Japan, Vietnam und Indonesien angebaut. Sie schmeckt nicht so raffiniert wie ceylonesischer Zimt und hat auch nicht so vielseitige Heilwirkungen wie er. Zudem sehen die zusammengerollten Kassiastreifen viel gröber aus als die wunderbaren – ¡ de canela! – Röllchen vom ceylonesischen Zimt.
Die zweite, aus Indonesien stammende Sorte heißt Padangzimt (Cinnamomum burmanii) und ähnelt im Geschmack dem ceylonesischen Zimt. Er hat für den deutschen Markt kaum Bedeutung.
Die dritte Sorte, der Ceylonzimt, steht bei uns an erster Stelle.
Diese Zimtsorten gehörten zu den ersten Gewürzen, die ihren Weg über die alten Fernhandelsstraßen in fremde Länder fanden. Als frühestes Zeugnis für einen solchen Fernhandel gelten die Wandreliefs des Totentempels von Deir el-Bahri, errichtet von der Pharaonentochter Hatschepsut. Die Reliefs sind fast 3500 Jahre alt und zeigen Expeditionen mit Lasttieren, die vom Nildelta aus zum Roten Meer führten. Von dort wurden Schiffe benutzt, die in Richtung Süden zum legendären Land Punt segelten. Der Zweck dieser gefährlichen und beschwerlichen Reisen bestand vor allem im Handel mit Weihrauch und Myrrhe. Genau wie diese getrockneten Baumharze wurde auch Zimt zum Räuchern und zum Einbalsamieren von Verstorbenen hergenommen, als Speisegewürz und zu Heilzwecken jedoch offenbar nicht, jedenfalls nicht dort.
Da Zimt in früheren Zeiten nur auf Ceylon und im Südwesten von Indien wuchs, muss es bereits im Altertum einen Seeweg über das Arabische Meer nach Indien gegeben haben.
Archäologen berichten, dass eine Mumie aus der 20. Dynastie (1200–1085 v. Chr.) selbst nach 3000 Jahren noch Gewürzduft verströmte, wie Chris und Carolyn Caldicott in den Gewürzstraßen der Welt schreiben: »Die Mumie ist überall von einer dicken Gewürzschicht bedeckt … Diese Schicht, die nirgends weniger als 2,5 Zentimeter dick ist und sich überall zwischen Haut und Bandagen befindet … strömt immer noch einen schwachen Zimtduft aus.«
Etwa tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung drangen die Phönizier vom heutigen Südlibanon gen Westen und Norden nach Südspanien und Südengland vor. So gelangten Zimt, Nelken, Pfeffer und andere Spezereien in diese Regionen.
Die Römer begannen im 1. Jahrhundert n. Chr. nach Indien zu segeln. Sie liebten die Gewürze, die sie von dort mitbrachten, und verwendeten sie in der Küche, als Medizin und als Parfum. Vom römischen Kaiser Nero ist bekannt, dass er verschwenderisch mit Zimt umging. Zu Ehren seiner verstorbenen Frau Poppaea soll er in Rom Feuer abgebrannt haben, die nicht von Kohle oder Holz, sondern von Zimt genährt wurden.
Zu uns nach Mitteleuropa gelangten die kostbaren und exotischen Güter erst im frühen Mittelalter. Die Preise wurden mit der Zeit immer horrender. Im 15. Jahrhundert war Venedig durch den Handel mit Gewürzen derart reich geworden, dass es Neid erweckte. Die Pracht der Bauten dort, die wir noch heute bewundern, ist direkt darauf zurückzuführen. Also machten sich andere Seefahrernationen auf die Suche nach neuen Seerouten in den Osten, dahin, »wo der Pfeffer wächst«. 1487 fand der Portugiese Bartolomeu Diaz einen Weg um das Kap der Guten Hoffnung im Süden Afrikas zum Indischen Ozean. Andere sollten folgen. Nun konnten die Preise der Venezianer unterboten werden, und Lissabon begründete seinen eigenen Reichtum.
Im Jahr 1492 überquerte Christoph Columbus im Auftrag des spanischen Königshauses den Atlantischen Ozean in Richtung Westen, um einen noch kürzeren Seeweg nach Indien herauszufinden. Jawohl, Columbus’ berühmte Reise fand der Gewürze wegen statt! Dabei entdeckte er Amerika, die
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