Universum der Doppelgänger
Porreestangen, Zwiebeln und Knoblauchketten hingen, bis er eine schiefe, aus den Fugen gegangene Theke erreichte. Dahinter stand eine schlanke Frau in einem derben grauen Wollkleid mit schmutzigem Kopftuch. Sie kehrte ihm den Rücken zu, rieb einen rußgeschwärzten Topf mit einem Lumpen und summte dabei vor sich hin.
»Ah … könnte ich vielleicht etwas zu essen haben?« sagte er. »Nichts Besonderes, nur ein paar Rebhühner, Artischockenherzen und vielleicht einen hübschen, leichten Wein – sagen wir, einen neunundfünfziger Chablis, oder einen Pouilly-Fuissé …«
»Na«, sagte die Frau, ohne sich umzuwenden, »endlich mal einer, der Sinn für Humor hat.«
»Nun, in diesem Fall will ich auch mit einem Omelett zufrieden sein«, schränkte Lafayette hastig ein. »Danach Käse und Thunfisch mit frischem Toast und Butter, und ein gutes Bier.«
»Ha-ha«, sagte die Frau. »Brauchst mich bloß noch ein bißchen zu kitzeln, und ich lach mich wirklich krank.«
»Könnten Sie mir wenigstens eine Schinkensemmel machen?«, sagte Lafayette, eine Andeutung von Verzweiflung in der Stimme. »Niederbayerischer Räucherschinken gehört zu meinen Lieblings …«
»Blutwurst und Dünnbier«, antwortete die Bedienung kalt. »Was anderes haben wir nicht.«
»Das nehme ich«, sagte Lafayette schnell. »Die Blutwurst ohne Haut und gut in der Pfanne gebraten.«
Die Frau drehte sich um, schob eine helle Haarsträhne unter ihr Kopftuch. Lafayette starrte in ihre großen graublauen Augen, auf ihre kleine, fein modellierte Nase, die ungekämmten, aber zweifellos aschblonden Locken über ihrer Stirn.
»Prinzessin Adoranne!« schrie er auf. »Wie sind Sie hierher gekommen?«
2
Die Bedienung warf Lafayette einen müden Blick zu. »Ich heiße Swinhild, mein Freund«, sagte sie. »Und wie ich hierher gekommen bin, das ist eine lange Geschichte.«
»Adoranne – erkennen Sie mich nicht? Ich bin Lafayette!« Seine Stimme erhob sich wieder zum Falsett. »Wir haben erst heute morgen miteinander gesprochen, beim Frühstück!«
Hinter ihr knallte ein Schiebefenster auf. Ein zorniges Gesicht mit derben aber regelmäßigen Zügen spähte durch die Öffnung, verschwitzt, unrasiert und rußgeschwärzt.
»Frühstück, was?« knurrte das Gesicht. »Dir werd ich helfen, Halunke!«
»Alain!« rief Lafayette. »Sie auch?«
»Was soll das heißen, ich auch?«
»Ich meine … Ich dachte, ich sei der einzige – das heißt, Adoranne und ich … Erst jetzt sehe ich, daß sie – ich meine, daß Sie …«
»Hast wieder einen Kerl gehabt, ist es das?« Ein langer, muskulöser Arm schoß aus der Öffnung, griff nach dem Mädchen und verfehlte sie, als sie zur Seite sprang und sich mit einer Pfanne bewaffnete.
»Laß mich in Frieden, du Affe, oder ich hau dir die Schnauze breit!« kreischte sie.
»Nun, immer langsam, Adoranne«, sagte Lafayette beschwichtigend. »Dies ist nicht der Ort und die Zeit für einen Streit zwischen Liebenden …«
»Liebenden! Ha! Wenn du wüßtest, was ich mit diesem Teufel schon durchgemacht habe …« Sie brach ab, als der Gegenstand des Gesprächs aus dem mit Sackleinwand verhängten Küchendurchgang hervorbrach. Sie wich seinem Ansturm aus, holte mit der Eisenpfanne aus und landete einen glücklichen Treffer an der Seite seines ungekämmten Kopfes. Es gab einen hellen, harten Klang, der Mann ging in die Knie und sackte, vom Schwung seines Angriffs weitergerissen, mit dem Oberkörper über die Theke, wo er hängenblieb, sein Gesicht kaum zwanzig Zentimeter vor Lafayette.
»Was soll’s denn sein?« murmelte er, dann rutschte er ab und verschwand mit Gepolter hinter der Theke. Die Frau warf ihre Waffe auf das schmierige Brett vor der Durchreiche und bedachte Lafayette mit einem zornigen Blick.
»Warum mußtest du ihn reizen, he?« fragte sie. Dann musterte sie ihn mit scharfen Blicken. »Ich kenne dich überhaupt nicht. Wer bist du? Ich wette, ich habe ihn nie mit dir betrogen!«
»Sicherlich werden Sie sich erinnern«, sagte Lafayette bestürzt. »Ich meine – was ist passiert? Wie sind Sie und Alain in diesen Schweinestall geraten? Wo ist der Palast? Und Daphne – haben Sie Daphne gesehen?«
»Daffy? Es gibt einen Landstreicher, bei dem ein paar Schrauben locker sind, der geht unter dem Namen; kommt manchmal hier rein und schnorrt einen Schnaps. Aber in den letzten Wochen habe ich ihn nicht gesehen …«
»Nicht Daffy, Daphne. Sie ist meine Frau, um es genau zu sagen. Sie ist klein, aber nicht zu
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