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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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Flaschen funkelten wie immer. Wie Diamanten.
    Aber … nein, das stimmte nicht.
    Irgendetwas war anders als sonst. Er sah die Sonnenstrahlen auf etwas schimmern und glänzen, aber es war nicht sein Minenfeld, das er immer mit leeren Flaschen bestückte. Die Strahlen, die da zurückgeworfen wurden, kamen von weiter hinten, weiter seitlich, wo überhaupt keine Scherben mehr zu sehen waren. Und trotzdem funkelte da etwas in der heißen Sonne, wie winzige Diamanten, die ihn unter einem Kreosotbusch hervor anblinzelten.
    Was war das wohl?
    Bob runzelte die Stirn. Eigentlich wusste er nicht, warum, aber plötzlich schlurfte er fast automatisch über den Wüstenboden, weil er wissen wollte, was er da sah. Je näher er kam, desto schneller ging er, bis er schließlich fast rannte. Er war vollkommen untrainiert und geriet schnell außer Atem, trotzdem rannte er die letzten zwanzig Meter bis zu der Stelle, wo die Diamanten verborgen lagen. Dann blieb er wie angewurzelt stehen und starrte zu Boden.
    Die glitzernden Diamanten stammten von einer Glitzercreme, die auf Haut verteilt worden war. Sie funkelten am Körper einer Frau mitten im Dreck.
    Sie lag mit dem Gesicht nach oben, halb unter den Zweigen des Busches verborgen. Ihr Körper war nackt wie seiner, aber völlig leblos und ohne erkennbares Alter, eine runzlige Leiche, deren versengte Haut geschrumpelt war, deren Augen zwar weit offen standen, aber nur noch wie winzige Murmeln in den Höhlen lagen, deren blondes Haar grau war von Staub und deren Mund wie in einem tonlosen Schrei weit offen stand, während ein paar Wüstenkäfer hineinmarschierten, um sich von innen an ihrem Fleisch gütlich zu tun. Man konnte kaum noch erkennen, dass dieses Ding einmal ein schönes, menschliches Wesen gewesen war.
    Bob sank auf die Knie.
    Sie starrte ihn an. Ihre Lippen, die kaum noch Farbe hatten, waren zu einem Lächeln verzerrt. Er streckte die Hand aus, um sie zu berühren, vorsichtig, als fürchtete er, sie könne plötzlich aufwachen und nach ihm greifen. Aber sie rührte sich nicht. Ihre Haut fühlte sich an wie Sandpapier unter seinen Fingern.
    Dann sah er etwas in ihrem Gesicht zucken. Es war wie ein Albtraum. Sie konnte doch unmöglich noch am Leben sein!
    Starr vor Entsetzen, den Mund zu dem stummen Schrei aufgerissen, der tief aus seiner Seele empordrang, sah Bob zu, wie eine fette Kakerlake sich aus der Nase der Leiche nach draußen zwängte und mit den Fühlern in seine Richtung tastete. Er stolperte zurück, dann rannte er. Aber er kehrte nicht zum Wohnwagen zurück, er drehte sich einfach um und rannte ungelenk auf die Straße hinaus. Er verlor die Sandalen dabei, und der steinige Wüstenboden zerkratzte und zerschnitt ihm die Füße, sodass er mit jedem Schritt eine blutige Spur hinterließ. Trotzdem rannte er weiter, blieb nicht stehen und schaute sich nicht mehr um, als wäre ihm der Geist der Toten auf den Fersen.

2
    Serena Dial von der Sheriffstation Clark County schob ihre Sonnenbrille bis zur Nasenspitze hinunter und betrachtete die Leiche.
    »Hübsch.«
    Sie sagte das einfach nur vor sich hin. Und der Anblick hatte auch absolut nichts Hübsches an sich. Serena konnte Wüstenleichen nicht ausstehen. Sie sahen immer aus, als wären sie einhundert Jahre alt, und manchmal, wenn man erst nach den Vögeln und dem anderen Getier hinkam, waren sie angefressen, ihnen fehlten Augen, das Fleisch war vom Körper genagt – genau das richtige Material für Albträume. Die Toten, mit denen sie sonst zu tun hatte, hatten meist Messer im Rücken oder Schusswunden. Damit konnte man ganz gut umgehen, wenn man sich das viele Blut wegdachte. Sie sahen immerhin noch aus wie Menschen. Und nicht so wie das hier.
    Aber es handelte sich eindeutig um eine Frau. Das war leicht festzustellen. Die Sonne stellte schreckliche Dinge mit den Leuten an, die das Pech hatten, tot in der Wüste zu liegen, aber einen Penis hatte sie bis jetzt noch nie verschwinden lassen. Brüste dagegen wurden normalerweise flach und verschwanden. Die Brüste dieser Leiche, fiel ihr auf, waren noch ziemlich gut erhalten. Das war interessant. Außerdem funkelte der Körper in der Sonne. Auch das war interessant.
    Serena hockte sich hin, beugte sich über die Leiche und betrachtete sie aus nächster Nähe, ohne sie zu berühren. Sie fing bei den Füßen der Frau an, wanderte dann an den Beinen entlang nach oben und widmete dem Unterleib mehr Zeit, als ihr eigentlich lieb war. Dann betrachtete sie den Bauch, die Brüste

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