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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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in den Wohnwagen.
    Auch in die Kasinos konnte er inzwischen nicht mehr. Man ließ ihn gar nicht erst hinein. Stattdessen ging er alle paar Tage in eine Bar, die einen guten Kilometer von seinem Wohnwagen entfernt an der Landstraße lag. Dort spielte er Videopoker, bis der Barmann den Gestank nicht mehr aushielt. Dann kaufte Bob sich noch eine Flasche Gin, ging nach Hause und trank bis zur Bewusstlosigkeit. Am Morgen, oder wenn ein Trucker laut an die Tür klopfte, um ihn aufzuwecken, warf er die Flasche aus dem Fenster.
    Letzte Nacht waren es zwei Flaschen gewesen. Vielleicht war es aber auch vorletzte Nacht gewesen oder vorvorletzte, das wusste er nicht mehr.
    Er erinnerte sich an nichts. Im Fernsehen hieß es, es sei Mittwoch, aber er wusste nicht mehr, wann er angefangen hatte zu trinken. Sein letzter Kunde war an einem Nachmittag da gewesen, und am Abend – welcher Abend das auch immer gewesen war – hatte er begonnen, ein Glas Gin nach dem anderen zu trinken. Und jetzt war Mittwoch.
    Bob seufzte. Er musste pinkeln.
    Er richtete sich auf und lehnte sich an die Wand, um das Gleichgewicht zu halten. Der Wohnwagen drehte sich ein paar Sekunden vor seinen Augen, bis er schließlich wieder stillstand. Bob erhob sich von seiner Matratze und sah den Kakerlaken nach, die sich schnell vor ihm in Sicherheit brachten. Ein Stück von ihm entfernt lagen die beiden leeren Ginflaschen. Er hockte sich hin, hob sie auf und schaute hinein. In der einen hatte sich noch ein bisschen Gin in einer Ecke gesammelt, gerade genug, um sich die Zunge zu befeuchten, als er die Flasche an den Mund hielt. Er hatte schon so viel von dem Zeug im Körper, dass ihm der Geschmack fast den Magen umdrehte, und er musste heftig schlucken, um ein Würgen zu unterdrücken.
    Bob hielt die beiden Flaschen an den Hälsen fest. Er sah sich nach seinen Sandalen um, entdeckte sie schließlich unter einem Stuhl und schob die Füße hinein. Die Sandalen schlappten, als er zur mittleren Tür des Wohnwagens schlurfte. Der Riegel war schon lange kaputt. Er stieß die Tür mit dem Knie auf, und Tageslicht strömte herein. Bob schlurfte nackt die rostigen Stufen hinunter in die Wüste, die sich hinter seinem Wohnwagen erstreckte.
    Die Sonne brannte erbarmungslos, wie ein gelbes Feuer, das über den Hügeln wütete. Er kniff die Augen zusammen, bekam sie kaum auf, und seine Haut spannte und fing an zu brennen. Jedes Mal, wenn er mühsam Atem holte, drang ihm glühheiße Luft in die Lungen.
    Sein Penis zuckte erwartungsvoll. Er ließ einen praktisch durchsichtigen Strahl Urin auf den Boden strömen. Die Flüssigkeit wirbelte eine Staubwolke auf, dann sammelte sie sich zu einer kleinen Lache in einer Vertiefung im Boden. Bob pinkelte mitten hinein, sodass ein paar Tröpfchen auf seinen Zehen landeten. Angestrengt beobachtete er den Strom, als wäre es sein Lebensblut, das sich da aus ihm ergoss. Der Urin schäumte und stank nach Gin. Schon nach ein paar Sekunden war der kleine See wieder verschwunden, von der Sonne weggebrannt.
    Aus dem Strom wurde ein Tröpfeln.
    Bob holte aus, warf eine Ginflasche in die Luft und sah zu, wie sie in der Sonne einen glitzernden, flachen Bogen beschrieb, ehe sie auf dem Boden zerschellte. Er hörte, wie das Glas zersprang, und sah die Scherben in alle Richtungen fliegen. Sorgsam wiederholte er das Ritual mit der zweiten Flasche. Es gefiel ihm, wie sie zischend durch die Luft flog und dann auf dem Boden zerbrach.
    Vor ihm lagen Dutzende zerbrochener Flaschen. Sein ganz privates kleines Minenfeld. Die meisten Scherben waren schon von Staub bedeckt, aber die neueren glitzerten noch und reflektierten das Sonnenlicht wie Laserstrahlen.
    Er blinzelte und starrte hinaus in die Wüste. Er war erst ein paar Minuten draußen, aber es war schon wieder an der Zeit, hineinzugehen. Dort entkam er zwar nicht der Hitze, doch zumindest würde keine direkte Sonneneinstrahlung seinen Körper austrocknen. Seine runzlige Haut war schon so oft verbrannt, dass er viele kleine Wunden hatte, die austrugen und nicht mehr verheilten. Jetzt spürte er sie, sie brannten in der Sonne.
    Trotzdem blieb Bob stehen.
    Er wusste nicht genau, was es war, aber irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Er betrachtete die kleinen, zähen Kreosotbüsche, an denen der Wind riss, und die Yuccas, die wie winzige Palmen aussahen. Sie befanden sich alle am richtigen Platz und sahen genauso aus wie immer. Auch die Hügel am Horizont sahen aus wie immer. Und die zerbrochenen

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